Corina 01 - Dämonisch verführt
auf dem stand, wann ich zurückkehren würde. Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass sie ohne irgendeine Art von Erklärung auf und davon ist.«
Louis-Cesare sah mich wortlos an. Er brauchte auch gar nichts zu sagen. Ein Monat war ziemlich viel Zeit.
Mein Sturz in den Trübsinn wurde vom Anblick von drei Gestalten unterbrochen, die den Elektrischen Igel betraten. Eine der wenigen Konstanten bei Dhampiren, selbst den menschlichsten unter ihnen, besteht in der Fähigkeit, überall einen Vampir zu erkennen. Ich weiß nicht, wie wir es anstellen. Ich bin in Situationen gewesen, in denen ich nichts Ungewöhnliches gerochen, gesehen oder gehört habe, und doch wusste ich, dass sich ein Vampir in der Nähe befand. Bisher hatte ich mich noch nie geirrt, und alle meine Sinne teilten mir mit, dass die drei dick verhüllten Gestalten Vampire waren. Und aus irgendeinem Grund nahm ich an, dass es ihnen nicht darum ging, im Cybercafe ihre E-Mails zu überprüfen.
»Fertig«, sagte ich und schob den letzten Teller zurück. »Was hältst du davon, wenn wir den Hintereingang nehmen?«
Ich hatte mir zuvor die Rückseite des Igels angesehen, angeblich auf der Suche nach der Toilette, denn die erste Regel lautete immer: Man halte sich den Rücken frei. Es war gut, einen Fluchtweg zu haben, auch wenn man, wie ich in diesem Fall, glaubte, ihn nicht zu brauchen. Paranoia konnte für das Überleben durchaus nützlich sein.
»Was ist los?«, fragte Louis-Cesare leise, als ich hinter dem Elektrischen Igel neben einem großen Müllbehälter verharrte.
»Drei Vampire sind eben hineingegangen. Lass mindestens einen am Leben - ich habe einige Fragen.« Bevor er widersprechen konnte, trat ich die Hintertür auf, in der einen Hand einen Pflock. Eine Sekunde später fühlte ich, wie sich Louis-Cesares Hand um meinen Unterarm schloss, aber ich nahm es kaum zur Kenntnis. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, mich mit wachsender Wut umzusehen.
»Verdammte Scheiße!«. Ich schüttelte die Hand ab und lief nach vorn, aber dort war nichts von den drei Arschlöchern zu sehen, die das hier angerichtet hatten. Die Straße vor dem Igel war in beiden Richtungen leer, was nicht viel hieß. Die Burschen konnten in eine Seitenstraße oder einen Laden verschwunden sein, oder sie waren mit einem Wagen abgehauen. Ich hätte Louis-Cesare hinter das Cybercafe schicken und den vorderen Eingang im Auge behalten sollen. Wie dumm von mir!
»Was bedeutet >vaca dracului?«, fragte eine sanfte Stimme hinter mir. Ich kehrte ins Innere zurück und stellte fest, dass sich Louis-Cesare eine Nachricht ansah, die rot über die goldene Schönschrift der Gedichtzeilen geschmiert war. Die Tinte stammte von Alan und seinem Partner, an dessen Namen ich mich nicht einmal erinnerte. Was von ihnen übrig war, lag in der Ecke, zusammen mit der Leiche eines älteren Mannes, der gefegt hatte. Drei Morde in höchstens zwei Minuten, und ihnen war noch genug Zeit geblieben, eine Nachricht für mich zu hinterlassen. Allem Anschein nach hatte Drac schnell gute Hilfe bekommen.
»Teufels Kuh.< Das ist sein Kosename für mich.« Es war sogar einer der hübscheren, wenn ich mich recht entsann.
»Glaubst du, Lord Dracula steckt hinter dieser Sache?«
»Nicht persönlich.« Ich hätte es sofort gewusst, wenn eine der vermummten Gestalten mein Onkel gewesen wäre.
Seine Präsenz war unverkennbar, insbesondere für mich. Ich hätte seinen Geruch wahrgenommen: modrig und scharf wie Ozon - der Geruch des Wahnsinns. Ich schob abscheuliche Erinnerungen beiseite und konzentrierte mich darauf, das rote Gekrakel zu übersetzen. Es floss über die Wände und war auf dem Schwarz nur schwer zu entziffern, insbesondere an den Stellen mit den Versen, aber ich bekam eine allgemeine Vorstellung. »Kristie und Jose sind tot«, sagte ich leise. Die Nachricht schwieg sich über die Umstände ihres Todes aus, wofür ich dankbar war.
»Dracula wusste, dass wir uns hier treffen wollten.«
Es war keine Frage, und deshalb antwortete ich nicht. Ich langte in meinen Rucksack und holte eine Flasche Tequila hervor, die aus der Bar des Senatsflugzeugs stammte. In meinem Job zahlte es sich immer aus, etwas Brennbares dabeizuhaben, und außerdem mochte ich Tequila. »Du solltest besser draußen warten«, sagte ich.
Vampire neigten dazu, leicht Feuer zu fangen.
»Wie konnte Lord Dracula davon erfahren?«, murmelte Louis-Cesare. Es klang nach einem Selbstgespräch, und deshalb verzichtete ich auch diesmal
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