Corina 02 - Dämonisch Ergeben
weiß Gott was beschlossen wird, während man von mir erwartet, dass ich einfach nur rumsitze und, was weiß ich, stricke.«
»Du strickst nicht.«
»Die Langeweile war so groß, dass ich daran gedacht habe, stricken zu lernen.«
»Klingt, als ob du Urlaub brauchst.«
Claire aß Nudeln und schwieg.
Ich streifte meine Stiefel ab, stellte sie neben die Tür und genoss das Gefühl der glatten alten Dielen unter den Füßen. Tagsüber hatten sie viel Wärme aufgenommen, und jetzt gaben sie sie ab, was einen angenehmen Kontrast zur kühleren Luft bot. Einige Motten umflatterten die alte, in der leichten Brise schaukelnde Schiffslaterne an der Verandadecke.
» Willst du mir sagen, was los ist?«, fragte ich schließlich, als Claire den größten Teil ihres Whiskeys getrunken hatte und noch immer schwieg.
Sie hatte in die Nacht hinaus geschaut, doch jetzt richtete sich der Blick ihrer smaragdgrünen Augen auf mich. »Woher willst du wissen, ob irgendwas >los< ist? Vielleicht habe ich einfach nur beschlossen, mir eine kleine Auszeit zu nehmen.«
»Mitten in der Nacht?«
»Du bleibst manchmal lange auf .... «
»Ohne Schuhe, ohne Gepäck und ohne Eskorte?«
Claire runzelte die Stirn und gab auf. »Ich wollte dich nicht in diese Sache verwickeln und bin nur hierhergekommen, weil ich keine andere Wahl hatte. Seit dem Beginn des Krieges werden alle offiziell en Portale bewacht.«
»Du meinst die Portale , von denen wir wissen«, warf ich ein.
»Ich meine die auf der Elfenseite«, sagte Claire, als hielte sie es für offensichtlich, dass ihre eigenen Leute versuchen würden, sie aufzuhalten.
»Na schön. Du bist also durch das Portal im Keller gekommen .... «
»Weil niemand davon weiß. Onkel Pip benutzte es für den Schmuggel, und deshalb ließ er nichts darüber verlauten.«
»Und du hast dich still und heimlich davongemacht, weil .... ?«
»Wie ich schon sagte, ich möchte dich nicht in diese Sache .... «
»Ich bin bereits in sie verwickelt«, betonte ich. »Du bist hier. Und offenbar steckst du in Schwierigkeiten. Ich werde dir helfen, ob du willst oder nicht, also kannst du mir ruhig alles sagen.«
»Ich wi l l deine Hilfe nicht!«
»Und wenn schon.«
Claire funkelte mich an. Sie hatte eins von diesen Gesichtern, die ihre wahre Pracht erst im Ärger entfalten. Elfenbeinfarbene Haut, dazu eine von Sommersprossen bedeckte Adlernase und ein vorspringendes Kinn. Schon im Ruhezustand hatte es seinen Reiz. Aber mit blitzenden grünen Augen, geröteten Wangen und der Wolke aus zerzaustem Haar war Claire wunderschön.
Sie gehörte auch zu den wenigen mir bekannten Personen, die mindestens ebenso schnell aus der Haut fuhren wie ich.
Man konnte immer die Wahrheit aus ihr herausholen, wenn man sie zornig genug machte. »Ich bin hier, um das Leben meines Sohns zu retten, klar?«, schnappte sie.
4
Ich sah zu dem kleinen Jungen. Er war das übliche rotwangige, pummelige Baby, soweit ich das feststellen konnte. Derzeit war er damit beschäftigt, zwei Schachfiguren anzustoßen, um sie dazu zu bringen, gegeneinander zu kämpfen.
Er hatte sie aus dem Spiel genommen und sie in den Kreis aus Korbgeflecht unten am Tisch gesetzt. Erwartungsvoll beobachtete er sie durch die offene Seite der improvisierten Arena und wartete darauf, dass die beiden Spielfiguren übereinander herfielen, aber sie gehorchten ihm nicht. Eine war in die Hocke gegangen und putzte ihr Schwert blank, während die andere rauchte. Winzige Ringe bildeten sich über ihrem Kopf und verharrten dort für ein oder zwei Sekunden, bevor der Wind sie fortblies.
»Es sind Freunde«, teilte ich dem Knaben mit. Er hatte zwei T rolle gewählt und nicht jeweils eine Figur von beiden Seiten. Verwirrte blaue Augen sahen mich an.
»Es sind Verbündete«, sagte Claire rau, und das schien der Junge zu verstehen.
Eine pummelige Hand streckte sich dem Spielbrett entgegen und nahm einen Oger, dessen Hauer hinter dem metallenen Visier hervorragten. Der Junge stellte ihn in den Kreis, und sofort fielen die beiden T rolle darüber her. Der Knabe runzelte die Stirn, entfernte einen Tro l l und sorgte so für einen fairen Kampf.
»Er kennt das Wort >Freund< nicht?«, fragte ich ein wenig erschrocken.
»Im Feenland hat man entweder Verbündete oder Feinde«, sagte Claire und stand auf, um sich Nachschub zu holen. »Freunde sind viel seltener.«
Stinky hatte sich dem kleinen Prinzen hinzu gesellt , und sie steckten die Köpfe zusammen, der eine blond und glänzend, der
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