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Corum 04 - Das kalte Reich

Corum 04 - Das kalte Reich

Titel: Corum 04 - Das kalte Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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hatte.
    Aber als ich erfuhr, wie es ist, einen geliebten Menschen für immer zu verlieren, begriff ich, daß ich ein solches Gefühl nie wieder würde ertragen können.«
    Eine einzelne Möwe erschien aus dem Nichts und ließ sich auf einem nahegelegenen Felsvorsprung nieder. Früher hatte es hier von Seevögeln gewimmelt.
    »Ihr werdet nie wieder das gleiche Gefühl erleben müssen, Corum. Man kann nicht zweimal genau die gleiche Empfindung haben.«
    »Wahr gesprochen. Und doch.«
    »Ihr liebt Leichen?«
    Er fühlte sich verletzt. »Das ist eine grausame Frage.«
    »Was von einem Toten zurückbleibt, ist nichts als der Leichnam. Und wenn ihr nicht den kalten Leichnam einer Toten liebt, dann müßt Ihr jemanden für Euere Liebe finden, der lebt.«
    Corum schüttelte den Kopf. »Ist das so einfach für Euch, schöne Medheb?« »Ich denke nicht, daß ich etwas einfach gesagt habe, Lord Corum aus dem Hügel!«
    Er antwortete mit einer unwirschen Geste seiner silbernen Hand. »Ich bin nicht aus dem Hügel. Ich schätze die Folgerungen, die sich an diesen Titel knüpfen, nicht. Ihr sprecht von Leichen das gibt mir das Gefühl, ein wieder auferstandener Leichnam zu sein. Ich kann den Moder an meinen Kleidern riechen und die Erde auf meinen Lippen schmecken, wenn Ihr vom ›Lord aus dem Hügel‹ sprecht.«
    »Die ältesten Legenden erzählen, daß Ihr Blut trinkt. Während den dunklen Zeitaltern gab es Opferungen auf dem Hügel.«
    »Ich habe nie Geschmack an Blut gefunden.« Seine düstere Stimmung begann sich wieder zu heben. Die Erfahrung des Kampfes, wie er sie während des Angriffs der Hunde erlebt hatte, half ihm, sich von einigen seiner dunklen Vorahnungen frei zu machen und sie durch rein pragmatische Überlegungen zu ersetzen.
    Und nun berührte er Medhebs Gesicht und strich mit seiner natürlichen Hand über ihre Lippen, ihren Nacken, ihre Schultern.
    Und sie umarmten sich, und er weinte vor Glück.
    Sie küßten sich, und sie liebten sich bei den Ruinen von Burg Erorn, während unter ihnen die See gegen die Felsen donnerte. Und dann lagen sie im letzten Sonnenlicht zusammen und blickten hinauf auf das Meer.
    »Hör doch.« Medheb hob den Kopf, ihr Haar wehte über ihr schönes Gesicht.
    Er hörte es. Er hatte es schon eine Weile gehört, bevor sie ihn darauf aufmerksam machte, aber er wollte es nicht hören.
    »Eine Harfe«, sagte sie. »Wie süß diese Musik ist. Wie melancholisch diese Melodie klingt. Hörst du sie?«
    »Ja.«
    »Es klingt vertraut.«
    »Vielleicht hast du sie schon heute morgen gehört, kurz bevor die Hunde angriffen?« Er sagte es abweisend und gedankenverloren.
    »Vielleicht. Und im Hain von deinem Hügel habe ich sie gehört.«
    »Ich weiß in jener Nacht, als dein Volk mich zum erstenmal angerufen hat.«
    »Wer spielt die Harfe? Was ist das für eine Musik?«
    Corum blickte über den Abgrund zu dem verfallenen Turm, der alles war, was von Burg Erorn noch stand. Selbst in seinen Augen sah er jetzt nicht mehr wie von Menschenhand erbaut aus. Vielleicht hatten letzten Endes doch der Wind und die See den Turm aus dem Fels geschliffen, und seine Erinnerungen betrogen ihn.
    Er empfand Furcht.
    Auch Medheb starrte jetzt zu dem Turm hinüber.
    »Von dort drüben kommt die Musik«, sagte Corum. »Die Harfe spielt das Lied der Zeit.«
IV
    Die Welt in Weiß
    In Pelze gehüllt, machte Corum sich auf den Weg.
    Über seinen eigenen Kleidern trug er einen weißen Pelzmantel mit einer Kapuze, die seinen Helm bedeckte; alles war aus dem weißen, weichen Winterpelz des Marders gearbeitet. Sogar das Pferd, das man ihm gegeben hatte, war in einen Mantel aus Felldecken gehüllt. Kostbare Stickereien mit Szenen einer glücklicheren Vergangenheit zierten diese Decken. Sie hatten Corum auch pelzgefütterte Stiefel und Fellhandschuhe gegeben, alles reich bestickt, und einen hohen Sattel mit Satteltaschen und besondere Hüllen für seinen Bogen, seine Lanze und seine Streitaxt, gefertigt aus weichem Leder. Einen der Handschuhe trug er über seiner silbernen Hand, so daß ihn ein zufälliger Beobachter nicht gleich erkennen würde. Und dann hatte er Medheb geküßt und das Volk von Caer Mahlod gegrüßt, das seinen Aufbruch mit hoffnungsvollen Blicken von den Mauerkronen beobachtete. Und König Mannach hatte ihn auf die Stirn geküßt.
    »Bring uns unseren Speer Bryionak zurück«, sagte König Mannach, »damit wir den Bullen zähmen können, den Schwarzen Bullen von Crinanass, und so unsere Feinde besiegen, und

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