Corum 05 - Der gefangene König
herauf gerannt und stellte sich neben König Daffyn. »Vater«, rief der Jüngling, »ich bin bei dir.«
Nun sah Corum in der Ferne etwas Buntes funkeln, und er wußte, daß jetzt Gaynor mit seiner Ghoolegh-Infantrie anrückte. Vor seinen Truppen hob Gaynor der Verdammte seinen gesichtslosen Helm, als suche er Corum unter den Verteidigern auf den Mauern. Der gelbe Federbusch des Verdammten tanzte und sein Schwert schimmerte in Silber, in Scharlach, in Rot und in Blau. Das achtpfeilige Zeichen des Chaos glühte auf seiner Brust, und seine Rüstung wechselte so oft die Farbe wie sein Schwert. Und hinter Gaynor sah Corum tierische, rote Augen in tausenden von weißen Gesichtern. Aber außer Gaynors Rüstung schien noch etwas anderes in der Ferne zu flakkern, ein Feuer am Rande des Fhoi Myore-Nebels. Wartete dort ein neuer Feind, den Corum noch nicht kennengelernt hatte?
Die Brüder der Kiefern waren dicht heran, und aus ihren Mündern brach ein raschelndes Gelächter wie das Rauschen der Blätter im Wind. Corum kannte dieses Gelächter, und er fürchtete es.
Er sah die Reaktion auf dieses Lachen in den Gesichtern der Ritter und Krieger auf den Mauern. Sie alle fühlten Grauen in sich aufsteigen, denn jetzt erkannten sie, daß sie wirklich einem übernatürlichen Feind gegenüber standen. Und jeder versuchte, so gut er konnte, mit seiner Furcht fertig zu werden und den Brüdern der Kiefern standzuhalten.
Salve auf Salve jagten die Verteidiger ihre Pfeile gegen die grünen Reiter, denen inzwischen fast allen Pfeile aus der Brust ragten. Doch kein Pfeil konnte auch nur einen Grünen töten.
Und das raschelnde Gelächter schwoll an.
Die Reiter rückten jetzt langsamer vor, einige regelrecht von Pfeilen gespickt. Aber auf ihren leeren Gesichtern stand ein leeres Grinsen, und ihre kalten Augen starrten höhnisch auf die Verteidiger. Am Fuß der Mauern angelangt, stiegen die Grünen ab.
Immer mehr Pfeile prasselten auf sie herab, und einige sahen aus wie seltsame Igel-Arten, so viele Pfeile steckten in ihren grünen Lei- Und dann begannen sie die Mauern zu erklettern.
Sie kletterten, als brauchten sie keinerlei Halt für Hände oder Füße. Sie kletterten wie Efeu, der eine Mauer hinauf wächst. Grüne Arme rankten sich zu den Verteidigern nach oben.
Einige der Ritter wandten sich stöhnend ab, weil sie nicht ertragen konnten, was sie ansehen mußten. Selbst Corum wurde blaß, und Goffanon knurrte angewidert.
Und die ersten der grünen Krieger erreichten die Mauerkronen und schwangen sich darüber, die Augen noch immer leer und das gräßliche Grinsen noch auf den Lippen.
Corum's Streitaxt blitzte in der Sonne und schlug dem ersten Grünen, der sich vor ihm über die Mauerkronen zog, den Kopf vom Rumpf. Die Hände hielten noch einen Augenblick ihren Griff an den Steinen, dann rutschten sie ab.
Der Körper stürzte in die Tiefe. Aber sogleich erschien der nächste Angreifer. Corum hieb auch ihm den Kopf ab. Grüner Saft spritzte über den Wehrgang. Der Vadhagh wehrte sich nach Kräften. Bald schwärmten grüne Krieger von allen Seiten über die Wehrgänge. In schier unerschöpflicher Zahl erstiegen sie die Mauern. Von rechts und links drangen sie auf Corum ein.
In einer kurzen Kampfpause war er in der Lage, zwischen den Kiefernbrüdern über die Mauer zu spähen. Gaynor befahl seinen Ghoolegh jetzt den Angriff. Die Untoten trugen schwere, messingbeschlagene Baumstämme zwischen sich, die an ledernen Riemen schwangen. Damit würden sie die Tore auframmen. Corum wußte, daß die Mabden dieses Zeitalters nicht gewohnt waren, einer Belagerung standzuhalten. Jahrhundertelang hatten die Mabden nur noch von Mann zu Mann gekämpft. Jeder hatte sich seinen persönlichen Gegner aus den Reihen der Feinde gesucht. Viele Stämme lehnten es sogar ab, die besiegten Gegner zu töten, weil sie es für unehrenhaft hielten, einen am Boden liegenden zu erschlagen. Und obwohl hierin eine der großen Stärken der Mabden lag, war es in jedem Kampf mit den Fhoi Myore eine fatale Schwäche.
Corum rief König Daffyn zu, seine Männer auf das Auftauchen der Ghoolegh in den Straßen der Stadt vorzubereiten. Aber König Daffyn kniete mit Tränen in den Augen am Boden, und im nächsten Augenblick rannte ein grüner Krieger auf Corum zu.
Corum sah, daß der König neben einem Jüngling kniete, den der Grüne gerade erschlagen hatte. Der Tote war in weißen Samt gekleidet, über den er ein Kettenhemd trug. Prinz Guwinn würde seine junge
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