Corum 05 - Der gefangene König
Gemahlin nie wiedersehen.
Corum schwang seine Axt gegen den heranstürmenden Kiefernbruder. Der Hieb fuhr dem Grünen in die Hüfte und ließ ihn zu Boden gehen. Und Corum hackte mit dem Beil auf ihn ein wie auf einen Baumstupf. Als der grüne Krieger starb, verfärbte er sich braun. Corum rannte zu König Daffyn und schrie wild: »Weint nicht um Eueren Sohn rächt ihn! Ihr müßt weiterkämpfen, sonst ist Euer Volk verloren!«
»Weiterkämpfen? Wozu? Alles, wofür ich gelebt habe, ist tot. Und auch wir werden bald sterben, Prinz Corum. Warum nicht so bald wie möglich? Mich schreckt der Tod nicht mehr.«
»Für die Liebe«, rief Corum, »und für die Schönheit sollt Ihr kämpfen! Für Stolz und Gerechtigkeit!« Aber solche Worte klangen hohl über der Leiche des Jünglings, der vor Corum in seinem Blut lag. Und Corum wandte sich ab, weil er die Tränen in den Augen des Vaters nicht länger ertragen konnte.
Von unten ertönte ein donnerndes Krachen, als die Rammböcke gegen die Stadttore geschmettert wurden. Auf den Mauern kämpften jetzt schon mehr Grüne als Verteidiger.
Goffanons riesiger Körper ragte zwischen den grünen Kriegern auf, und seine Axt sauste mit der Regelmäßigkeit eines Pendels nieder, während er einen Bruder der Kiefern nach dem anderen fällte. Es schien, als sänge Goffanon beim Kampf ein Lied, eine Totenklage fast, und Corum fing einige Strophen auf.
Ich bin dort gewesen, wo Gwendoleu erschlagen ward,
Der Sohn von Ceidaw, die Säule des Liedes,
Wo die Raben schrien über'm Blut.
Ich bin dort gewesen, wo Bran fiel,
Der Sohn von Iweridd, der Hochberühmte,
Wo die Raben des Schlachtfeldes schrien.
Ich bin gewesen, wo Llacheu erschlagen ward,
Der Sohn von Urtu, in Liedern besungen,
Wo die Raben schrien über'm Blut.
Ich bin gewesen, wo Meurig fiel,
Der Sohn von Carreian, der Hochgeehrte,
Wo die Raben schrien über'm Fleisch.
Ich bin gewesen, wo Gwallawg fiel,
Der Sohn von Goholeth, der Vielgewandte,
Der widerstand dem Lloegyr, dem Sohn von Lleynawg.
Ich bin gewesen, wo die Kämpfer der Mabden erschlagen
wurden,
Vom Osten gen Norden: Ich hielt ihre Totenwache.
Ich bin gewesen, wo die Kämpfer der Mabden erschlagen wurden,
Vom Osten gen Süden: Ich lebe, sie sind tot.
Und Corum erkannte, daß dies Goffanons Totenlied war, daß der Sidhi-Schmied sich auf sein eigenes unausweichliches Ende vorbereitete.
Ich bin gewesen, wo die Sidhi begraben sind,
vom Osten gen Westen:
Nun schreien die Raben nach mir!
IX
Der Kampf um des Königs Halle
Corum erkannte, daß die Mauern nicht mehr zu halten waren. Er schlug eine Bresche durch die Brüder der Kiefern, um an Goffanons Seite zu gelangen, und schrie:
»Zur Halle, Goffanon! Zurück zur Halle!«
Goffanon beendete sein Lied und sah Corum mit ruhigem Blick entgegen.
»Sehr gut«, antwortete er.
Gemeinsam kämpften sie sich zur Treppe durch, auf allen Seiten von den Brüdern der Kiefern umgeben, die mit starrem Grinsen und starren Blicken ihre Schwerter schwangen. Und von ihren Lippen erschallte das ewige, grauenvolle Rascheln ihres Gelächters.
Die Ritter und Krieger der Tuha-na-Gwyddneu Garanhir folgten, soweit sie dazu noch in der Lage waren, Corums Beispiel. Sie hatten kaum die Straßen erreicht, da barsten die Kupferbeschläge der Tore, und die Köpfe der ersten Rammböcke brachen splitternd durch das Holz. Zwei Ritter führten König Daffyn zur Halle, der noch immer weinte. Hinter ihm wurden die großen Messingtore geschlossen und verbarrikadiert.
Überall in der Halle waren noch die Überreste der Hochzeitsfeier zu sehen. Unter den Bänken lagen noch einige, die zu betrunken waren, um aufzustehen, und wahrscheinlich in ihrem Rausch sterben würden, ohne überhaupt zu begreifen, was vorging. Corum lief zu einem Fenster. Draußen sah er Prinz Gaynor an der Spitze seiner Ghoolegh-Armee in die Stadt einziehen. Das achtpfeilige Chaoszeichen auf seiner Rüstung strahlte glühend wie immer. Vorübergehend würden die Bewohner der Stadt noch sicher sein, hoffte Co-rum, weil Gaynor seinen Angriff ganz auf die Halle konzentrierte. Die Ghoolegh hinter Gaynor trugen noch immer ihre messingbeschlagenen Rammböcke. Und noch immer hatten die Fhoi Myore nicht in den Kampf eingegriffen. Corum fragte sich, ob sie überhaupt noch vorrücken würden, oder die Vernichtung von Caer Ga-ranhir Gaynor, seinen Ghoolegh und den Brüdern der Kiefern über- ließen.
Blasse grüne Gesichter tauchten jetzt vor den Fenstern auf, und
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