Coruum Vol. 1
einen Blick in das mit Flüssigkeit gefüllte Innere.
Ruf trat einen Schritt zurück und machte Vater Rastolon eine einladende Geste, hineinzusehen.
Der Abt beugte sich vorsichtig vor. Nur an seinen sich plötzlich – beim Anblick von Seers O’Lamdiirs Kopf – weitenden Augen konnte Ruf eine Reaktion ablesen.
»Lebt er?«, hauchte Vater Rastolon mit mühsam unterdrückter Erregung in der Stimme.
»Selbstverständlich, Vater. Er liegt in einer makrobotgesättigten Regenerationslösung innerhalb dieses Autodocs. Bei guter Pflege leistet er Euch sicher noch fünfzig Jahre gute Gesellschaft.«
Ein satanisches Lächeln erschien auf Vater Rastolons Gesicht. »Ich kann mit ihm reden und er kann antworten?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Er kann Euch hören, Vater, und sehen, aber er kann nicht antworten.«
Das Gesicht des alten Mannes verfinsterte sich und er wollte zu einer ärgerlichen Frage ansetzen, als Rufs Grinsen ihn verwirrt innehalten ließ.
»Aber sein Gehirn funktioniert einwandfrei, Vater, und sein Gedankenmuster dürfte Euch ja bekannt sein.« Ruf betrachtete das Gesicht des Abts aufmerksam bei der Anspielung auf die gemeinsame Vergangenheit des Abtes mit dem Gildenhändler. Vater Rastolon sah ihn einen Moment lang ausdruckslos an, dann zog der Kopf von O’Lamdiir ihn wieder in seinen Bann.
Ruf fuhr fort: »Mit der Gedankenscanner-Technologie der Kirche werdet Ihr ohne Zweifel nach sehr kurzer Zeit in der Lage sein, mit ihm zu kommunizieren, ohne den Umweg über Lügengetränkte Verhöre gehen zu müssen.«
Vater Rastolons Augen begannen vergnügt zu funkeln. Er setzte sich wieder aufrecht hin und betätigte den Schließmechanismus des Behälters.
»Ihr habt Wort gehalten, Toreki«, Ruf verneigte sich förmlich, »und diesen Teil der Abmachung erfüllt. Was ist mit dem Septid?«
Der Blick des Raubtieres erschien Ruf ein wenig zu gierig.
»Es befindet sich an Bord meines Schiffes, Vater, neben einer Anti-Materie-Bombe.« Er gab sich Mühe, diesen Satz so beiläufig wie möglich herauszubringen und ihn keinesfalls als Drohung wirken zu lassen. »Wenn ich zurück an Bord bin, werdet Ihr es zusammen mit der Fähre erhalten.«
»Ihr lügt, Toreki.« Vater Rastolon gestattete sich ein überlegenes Lächeln. »Es ist nicht möglich, eine solche Waffe in die Nähe des Planeten der Urmutter und des Urvaters zu bringen! Die Systemkontrolle am Sprungpunkt hätte sie bemerkt und Euer Schiff vernichtet.«
Ruf zeigte schmunzelnd auf den Behälter. »So wie die Systemkontrolle in diesem Behälter eine Antigrav-Einheit und gekühlten Bonahee-Wein bemerkt hat, Vater?«
Das Gesicht des alten Mannes drückte mit einem Mal Betroffenheit und neuen Respekt für seinen Besucher aus.
»Folgt mir!« Er erhob sich, ging um die Bank herum und auf einen schmalen Kiesweg zur rückwärtigen Fassade eines sehr alten, zweistöckigen Sandstein-Gebäudes.
Ruf blieb einen Moment lang stehen und gönnte sich die Entspannung eines kurzen Triumphgefühls. So weit hatte alles perfekt funktioniert. Mit einem stoischen Grinsen winkte er Kooi, ihm zu folgen.
Der Kirchenritter, der sie hergeleitet hatte, folgte ihnen bis zur Bank, nahm den Behälter und trug ihn kommentarlos in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren.
Vater Rastolon durchschritt eine kleine hölzerne Pforte. Als Ruf und Kooi ihm folgten, betraten sie dahinter einen in Erdfarben gehaltenen und indirekt beleuchteten Gang. Mehrere Minuten gingen sie stetig abwärts, bis sie eine kleine, schmucklose Halle erreichten, in der sie von zwei weiteren Kirchenrittern erwartet wurden.
Auf ein Zeichen des Abtes hin öffnete sich im rückwärtigen Teil der Halle eine zuvor nicht erkennbare Tür.
»Mein Teil der Abmachung, Toreki.« Vater Rastolon deutete auf den Raum dahinter.
Ruf ging auf die Tür zu und sah in den dahinterliegenden Raum hinein. Ein großzügiger, technisch auf dem neuesten Stand eingerichteter Recherchesaal mit mehreren Konturenliegen, Holo-Displays, Tischen und Kommunikationseinrichtungen lag vor ihm.
»Ihr habt 20 Stunden, Toreki. Wenn Ihr sie zum Arbeiten verwendet und nicht zum Vergnügen mit Eurer Dienerin, findet Ihr vielleicht, was Ihr sucht. Danach erwarte ich die volle Erfüllung Eures Teils der Abmachung.« Sein Blick hing bewundernd an Kooi.
Ruf nickte ihm zu. »So soll es geschehen.«
Vater Rastolon riss sich los und wandte sich zum Gehen.
Die Tür schloss sich hinter ihnen. Kooi machte eine langsame Runde an allen Wänden entlang,
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