Coruum Vol. 1
Kalkschlamm und Ruß. Ich fragte mich, ob der Mann am Steuer überhaupt etwas sehen konnte. Branson hatte sein Seitenfenster geöffnet und den Lauf seiner Maschinenpistole auf die Türkante gelegt. Hinter ihm hatte Hanks es ihm gleich getan. Die betonähnliche Wand der Rampe huschte in Armreichweite an uns vorbei. In der Wohnkabine hatten die übrigen Marines an den anderen Fenstern Stellung bezogen. Sinistra und Karen kauerten auf dem Boden.
Dann waren wir wieder im Regen. Die Scheiben waren nicht mehr schmierig, sondern mit einem Mal wasserüberflutet.
»Diese Hurensöhne!« Branson knurrte, als er die brennenden Wracks der Army-Trucks erkannte. Einer stand lichterloh in Flammen direkt vor der Stele. Der andere hatte es immerhin bis auf die halbe Höhe der Rampe geschafft.
Mir wurde schlecht.
Warum waren wir nicht im Lager geblieben? Hier würden wir in wenigen Sekunden sterben!
Ich strengte meine schmerzenden Augen an, einen Hinweis auf die Angreifer durch die Scheibe zu erkennen. Sturgis beschleunigte wieder, sobald er die Ebene der Stele erreicht hatte und holte in einem großen Bogen rechts herum um den Monolithen aus, um weitere Geschwindigkeit für die zweite Rampe, hinaus aus der Grube zu bekommen.
Dann sah ich die Stele durch das geöffnete Fenster der Fahrertür.
»Aye!«
Branson sah für einen Moment irritiert von seinem Fenster zu mir hinüber.
»Die Stele! Das Schlüsselschutzfeld ist verschwunden!« Ich schrie es fast.
»Na und? Wollen Sie aussteigen und ihn holen, Doktor?« Er sah mich mit gerunzelten Augenbrauen an.
Karen kam hinter unserer Sitzbank hoch und hielt sich mit beiden Händen an der Lehne fest. »Sieh nur, Don, sie hat sich verändert!«
Sturgis hatte den Kreis um die Stele herum fast vollendet und schlug jetzt in die entgegengesetzte Richtung, hin zur Rampe ein. Ich drängte mich an Branson vorbei, um aus seinem Fenster zu sehen. – Es stimmte.
Die gesamte Stele stand in einem kreisrunden See und war von einem fast unsichtbaren blauen Glühen umgeben. Sofort erinnerte ich mich an das Interferenzähnliche Flimmern, dass ich bei der ersten Begegnung unter Wasser über ihrer Oberfläche bemerkt hatte.
Ein Stoß riss mich in den Sitz zurück. Der Peterbilt war auf die zweite Rampe gefahren und Sturgis hatte einen Gang zurückgeschaltet, um nicht an Geschwindigkeit zu verlieren. Während ich mich an der Tür und an Branson festhielt, sah ich, wie sich das Schutzdach der Rampe zum unterirdischen Komplex langsam zurückbewegte. Fasziniert beobachtete ich, wie es sich im Zeitraffertempo zusammenfaltete, während sich gleichzeitig die Rampe zu heben begann.
»Ach – Arrrgh!«
Ein schwerer Stoß riss den Peterbilt zur Seite. Holpernd und aufjaulend rumpelte das schwere Fahrzeug über einen größeren Gegenstand hinweg. Sturgis entblößte schmerzverzerrt ein perfektes Gebiss, als er wild an der Servolenkung herumdrehte, um den Anhänger an dem Hindernis vorbeizusteuern.
Grellrote Linien erschienen vor uns und fraßen sich durch die Frontscheibe. Reflexartig rutschte ich in den Fußraum. Ein Mann schrie panisch auf. Etwas Feuchtes tröpfelte in meinen Nacken. Andere Schreie.
Ein unvergessliches metallisches Surren erfüllte mich mit Angst. Aufplatzendes Metall, Glas und Kunststofftrümmer spritzten durch den Innenraum. Dann war es vorbei. Die Schreie wurden zu einem Gewimmer. Wie durch ein Wunder war ich unverletzt. Der Hüne neben mir hing geduckt hinter dem Lenkrad, auch er schien neben ein paar Glassplittern nichts abbekommen zu haben. Die Frontscheibe war geborsten. Vom Sturm gepeitschter Regen durchnässte uns. Erschreckt sprang ich auf und suchte Karen. Sie lag hinter meiner Sitzbank mit Sinistra lang auf dem Boden, geschützt durch den Getriebebuckel des Trucks.
»Helfen Sie mir, Doktor!« Branson kniete auf einem seiner Männer und drückte mir ein Stück Stoff in die Hand. »Binden Sie sein Bein ab!«
Ich sah hinunter. Das Bein unterhalb des Oberschenkels war zerfetzt. Der Mann war ohnmächtig, seine Hände zitterten und er blutete aus unzähligen, Stecknadelkopf großen Wunden. Mit wenigen Bewegungen band ich die Schlagader ab und knebelte den Knoten mit einem Messer, das Branson mir mit blutverschmierter Hand reichte. Ohne seinen Blick zu erwidern, wusste ich, dass der Mann in wenigen Minuten sterben würde.
»Können Sie damit umgehen?« Er reichte mir eine kurzläufige M21 und zwei Reservemagazine. Ich drückte ohne hinzusehen die Ladetaste und warf einen Blick
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