Coruum Vol. 1
Schutzkäfig des Überbaus nach oben. Raymond winkte uns zu, als der Ponton auf dem Hügel ein gutes Stück vom Rand des Loches entfernt abgesetzt wurde.
Er wirkte etwas erschöpft, als er sich neben uns ins Gras sinken ließ. Die anderen Taucher machten sich daran, die Lungenautomatenflaschen auszutauschen. Einer legte einen Vollautomaten neben mich.
»Wie kommt ihr voran, Raymond?« Er wischte sich das aus den Haaren ins Gesicht laufende Wasser weg und stützte sich dann mit beiden Händen im staubigen Gras ab.
»Langsam. Die Stele liegt sehr schräg im Schlamm. Wir müssen die Bergung in zwei Schritten vornehmen«, erklärte er. »Zuerst wollen wir sie aufrichten, damit wir sie anschließend leichter anheben können. Der Grund der Höhle ist mit feinsten Sedimenten ungefähr einen bis zwei Meter dick bedeckt. Das wirkt wie Klebstoff. Wir haben mit einem Wurm, das ist ein Bohrer in einem biegsamen Rohr, mehrere Tunnel unter der Stele durchgegraben, durch die wir heute Morgen die ersten Seile zum Aufrichten gezogen haben.«
Ein lautes Knacken von einem der Schaufelbagger ließ uns aufhorchen. Gefolgt von einem noch lauterem Klatschen, fiel ein großes Stück Höhlendecke ins Wasser.
Alle sprangen auf und liefen an den Rand der Öffnung. Die Wellen des Aufschlages wurden an den Höhlenwänden reflektiert und kreuzten sich in der Mitte des Loches. Das hinuntergefallene Stück ragte noch ungefähr einen Meter über die vom aufgewühlten Schlamm getrübte Wasseroberfläche hinaus. Wie in Zeitlupe legte es sich gemächlich auf die Seite und versank.
»Meine Gefahrenzulage für diesen Job ist definitiv zu niedrig.« Raymond bekreuzigte sich und zwinkerte mir zu.
»Haben Sie immer noch Lust aufs Tauchen, Doktor?«
»Klar, wobei wir doch eigentlich bald in der Höhle laufen können müssten, oder?«
Raymond lachte. »Das stimmt, das macht es aber nicht einfacher.« Er winkte mir, ihm zu folgen, und wir gingen zurück zum Ausrüstungspunkt der Taucher, hinter dem Kran.
»Wir müssen noch zwei Seile befestigen und anschließend mit dem zentralen Zugseil verbinden. Kommen Sie mit runter und sehen Sie sich um.«
»Jacques, sag den Baggerführern, es reicht für heute. Sie sollen sich bereitmachen, das Zugseil herunterzulassen, wenn ich es sage.«
Der angesprochene Mann mit dem Headset sprach etwas in sein Mikrofon, und die Schaufelbagger auf der gegenüberliegenden Seite beendeten ihre Arbeit und rollten einige Meter vom Loch zurück.
Zwei der Taucher legten mir den Lungenautomaten an und reichten mir kurze Watflossen, eine Taucherbrille mit Schnorchel und ein paar Neoprenhandschuhe. Die Automatenflaschen kamen in vorbereitete Halterungen des Pontons. Jacques reichte mir eine netzartige Haube, in die Kopfhörer und eine starke LED Lampe eingebaut waren und die ich sogleich aufsetzte, wie die anderen auch.
»Das Mikrofon befindet sich im Mundstück, Doktor. Alles, was Sie sagen, höre ich, wenn Sie nicht zu sehr nuscheln. Falls Sie Probleme bekommen sollten, sagen Sie es einfach. Die anderen in ihrer Umgebung hören es dann auch. Der Schalter für die Lampe ist in dem kleinen Gummistück in der Haube auf ihrer Stirn.«
Ich kletterte mit den anderen in den Käfig, und der Kran ließ uns in die Höhle hinab. Es war ein gänzlich anderer Eindruck, in das Loch selbst hinabgelassen zu werden, als anderen nur dabei zuzusehen. Die ausgefransten Ränder der Höhlendecke wirkten bedrohlich und so, als könnten jeden Moment weitere große Teile aus ihr herausfallen.
Die Wasseroberfläche lag knapp fünf Meter unter der Höhlendecke. Mit einem leichten Klatschen setzte der Ponton hin und her schwankend auf. Raymond und ein weiterer Taucher ergriffen eines von mehreren quer durch die Höhle gespannten Seilen und zogen den Ponton unter die trügerisch sichere Höhlendecke. Die Temperatur war hier in der Höhle schon merklich niedriger. Das Licht war diffuser. Einige Lampen waren an der Wand befestigt. In ihrem hellblauen Licht erschien die Szenerie unwirklich.
Raymond zog den Ponton an einem quer gespannten Seil zu einem der Befestigungsringe.
»Das ist definitiv eine gemauerte Wand, Raymond«, sagte ich, als wir näher herankamen. Die Fugen waren ungefähr handbreit und wie mit dem Lineal gezogen. Die Quader waren versetzt gemauert und hatten eine gleichmäßig strukturierte Oberfläche, an der vereinzelt Wasserpflanzen hingen. Mehrere Flächen von jeweils einigen Quadratmetern waren sehr gut erhalten geblieben. In
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