Coruum Vol. 2
anzusehen. Er hatte seine Befehle befolgt, als er sie damals zurückgelassen hatte, und würde darunter schon genügend leiden.
»Das hier war ein geheimes Lager, Rory«, ging ich über seine Bemerkung hinweg, »es sollte nicht durch Zufall gefunden werden. Der einzige Zugang ist das Tor unter diesem See. Der Archivraum hat meines Wissens keine Verbindung zum Lager. Ich schlage vor, bei Tageslicht den Zugang freizulegen. Er war nicht weiter als ein paar Meter unter der Erde und hatte einen Wasserablauf ins Grundwasser. Wenn der Ablauf nicht durch das Beben verändert worden ist, sollten wir wenigstens bis zur Tür kommen.«
Fergus nickte. »Zu schade, dass du den Schlüssel verbaselt hast, Don!«
Sturgis zog die Augenbrauen zusammen. »Du hattest einen Schlüssel, Scotsman?«, stieg er auf Fergus’ Vorlage ein.
»Ja, hatte ich. Du erinnerst dich, dass ich darum gebeten hatte, ihn zu suchen – solange es noch trocken war – oder?«
Sein Blick schweifte über die unruhige Oberfläche des Sees in der Grube. »Dunkel«, antwortete er.
Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Hieroglyphenraum. Das erste Tageslicht hatte Mühe, durch die dichten Wolken zu kommen, und färbte den überall präsenten Kalkschlamm in schmutziges Schweinchen-Rosa. Wir Zivilisten hatten unsere Sprunganzüge und Kevlarwesten gegen komfortable Tropenkleidung getauscht. Die SAS-Soldaten sicherten das Lager, erkundeten in kleinen Teams die Umgebung und kontrollierten den Verkehr auf der Straße von Tikal nach Flores an drei eingerichteten Posten.
Die Trümmer der Königspyramide waren durch die Erdstöße noch weiter verteilt worden. Zusätzlich hatte sich eine Seite der Pyramidenbasis um mehrere Meter gehoben und verschoben, so dass ihre Grundform jetzt einem Parallelogramm im Raum glich, in dem zwei Kanten zerrissen waren. Wir entschieden uns daher, nicht über die Trümmer, sondern außen um die Kalkquader herum zu gehen auf unserem Weg zum eingestürzten Gang. Er endete unter einem grasüberwachsenen Erdhügel, der einen eigenartigen Ruhepol in der sonst so sehr durch das Beben geschundenen Landschaft bildete. Die ehemals gerade Linie des unterirdischen Ganges glich bei genauerem Hinsehen dem gegrabenen Gang eines Maulwurfs. Die Erdstöße hatten ihn an zwei Stellen gehoben und fast einen Meter zur Seite versetzt, so dass er vollkommen unpassierbar war. Einzelne der behauenen Kalksteine des Kraggewölbes ragten aus dem Boden, dann waren wieder tückische Löcher zu sehen, wo die Deckensteine in den Gang gestürzt waren.
Rory besah sich einen der Deckensteine aus der Nähe. »Die wiegen mehr als ein caber [14] , Don. Wo sollten wir den Gang aufgraben?«
Ich ging vorsichtig an den schlüpfrigen Steinen entlang, bis ich den Grashügel erreichte, der gut zwei Meter vor mir aufstieg. »Ich glaube, dass hier drunter der Vorraum zum eigentlichen Archiv liegt. Der scheint unversehrt. Wenn wir also hier eine Strecke öffnen, würden wir direkt vor dem Eingang stehen.«
Er kam zu mir und kniete sich neben einem zerplatzten Quader auf den Boden. Dann beugte er sich so weit es ging in eine kleine Öffnung darunter und leuchtete hinein. »Da unten ist Wasser, nicht viel, vielleicht kniehoch«, hörte ich dumpf seine Stimme. Er richtete sich wieder auf. »Können wir das wegsprengen?«
»Die Tür da unten ist von einem Kraftfeld geschützt. Ich weiß nicht, was passiert, wenn es von einer Druckwelle getroffen wird«, meinte ich nachdenklich.
»Wahrscheinlich nicht mehr, als wenn die ganze Gegend von einem Erdbeben heimgesucht wird«, antwortete Sturgis lakonisch.
Rory tauschte einen Blick mit Fergus. »Wir nehmen eine kleine Sprengkapsel zum Anfang. Die Druckwelle ist gerichtet und wir können sicherstellen, dass nichts in Richtung dieses Hügels geht, o.k.?«
»Lass es uns ausprobieren.«
Er sprach ein paar Sätze in sein Mikro und wenige Minuten später kamen zwei seiner Männer im Laufschritt um die Trümmer der Königspyramide auf uns zu. Rory erklärte ihnen unser Vorhaben und sie machten sich zügig ans Werk. Nach wenigen Minuten hatten sie eine fingergroße, farbkodierte Kapsel unter dem Kalkquader befestigt und forderten uns auf, zwanzig Meter Abstand zu halten.
Mit einem leisen > Fump < explodierte die Kapsel ferngezündet und verteilte den Kalkquader und umgebendes Geröll und Erdreich in einer weiß-braunen Wolke über dem Hügel. Ich war beeindruckt. Ein schönes Loch von knapp einem Meter Durchmesser erlaubte in der
Weitere Kostenlose Bücher