Coruum Vol. 2
Tiefe des Ganges den Blick auf eine schmutzig-graue wie mit dem Lineal gezogene Treppenstufe, an deren Fuß Regenwasser glitzerte.
Fergus lachte mich an. »Du zuerst!«
Einer von Rorys Männern faltete grinsend eine Aluminiumleiter auseinander und ließ sie in das Loch rutschen. Sie verschwand völlig. Ich erwiderte das Grinsen und ließ mich rückwärts hinabgleiten, bis ich mit den Füßen die oberste Sprosse ertastete. Die Leiter war ein gutes Stück im Wasser versunken. Mit einem großen Schritt erreichte ich trockenen Fußes die Treppenstufe. Das gesamte Profil des Ganges musste sich teilweise dramatisch in der Höhe verändert haben. Als ich das erste Mal hinter Karen durch diesen Gang gekommen war, hatten sich die Treppenstufen unter Wasser befunden. Ich zog meine LED-Lampe aus der Tasche und leuchtete in den Raum hinter den Treppenstufen. Automatisch griff meine freie Hand nach der Wand. Der würfelförmige Vorraum zum Archiv war unversehrt – mit einem Unterschied. Er neigte sich bedenklich nach unten. Die Treppenstufe, auf der ich stand, bildete den höchsten Punkt einer Treppe, die mittig in diesen Raum hineinführte. Ihre restlichen Stufen im Gang hinter mir waren nicht zu sehen, sie lagen unter Wasser. Der Boden des Raumes war auf meiner, der höheren Seite, trocken, der hintere – oder in dieser Lage der tiefere – Teil des Raumes, an dem die Wand mit der Tür zum Archiv aufsetzte, war bis zur halben Raumhöhe im Wasser versunken. Enttäuscht leuchtete ich die Wand ab, in der sich die Tür befinden sollte. Nichts war auf den massiven Kalkquadern zu erkennen – keine Tür und kein Schloss.
»Was ist, Don, kann ich runter kommen?« Fergus blickte mich von oben aus der Öffnung heraus an. Ich konnte seine nur mühsam zurückgehaltene Neugierde fühlen.
»Ja, ein bisschen eng hier!«
Er schaffte den Schritt von der Leiter zur obersten Treppenstufe nicht ganz und holte sich nasse Schuhe, als er auf der unter Wasser liegenden Stufe zu stehen kam. Ich ergriff ihn am Arm und half ihm zu mir herauf.
»Auch nicht viel besser als der Eingang zum Lager«, sagte ich, während er schweigend den Raum betrachtete.
»Wo ist die Tür?«
»Da!«, ich leuchtete mit der Lampe die Umrisse der Tür auf der blanken Raumrückseite ab. »Wir brauchen einen Schlüssel, um sie sichtbar werden zu lassen.«
»Ich muss da hin, Don!«
Er trat an die rechte Wand und bewegte sich langsam Schritt für Schritt den geneigten Fußboden entlang ins Wasser, während er mit den Händen an der rauen Wand entlang strich. Er war noch etwa drei Meter von der Rückwand entfernt, als ihm das Wasser bereits bis zur Hüfte reichte. Langsam ging er weiter und war mit einem Mal ohne einen Ton von sich gegeben zu haben verschwunden. Nur sein brauner Strohhut markierte auf den kleinen Wellen schaukelnd den Punkt, wo er eben noch gestanden hatte.
Sekunden später tauchte er prustend wieder auf, sich mit Schwimmbewegungen in der Mitte des Raumes haltend, bis er wieder Boden unter den Füßen spürte.
»Plötzlich war der Boden weg«, jappte er.
Jetzt erinnerte ich mich. Karen hatte bei unserem ersten Besuch das gleiche Erlebnis gehabt und davon gesprochen, dass der Boden rechts und links der Tür sehr viel tiefer lag als davor. »Halt dich in der Mitte der Wand«, riet ich ihm mehr aus Verlegenheit.
»Danke für den Tipp«, knurrte er, Wasser spuckend, warf dem Hut einen kurzen Blick zu und schwamm direkt zur Rückwand, die ich für ihn mit meiner Lampe beleuchtete. Direkt vor der Wand konnte er sich erneut mit den Füßen auf dem unter Wasser liegenden Teil der Wand abstützen und strich mit den Händen über das raue Kalkmaterial. »Du hast Recht, Don«, sagte er wieder mit Begeisterung in der Stimme. »Es gibt diesen Wechsel von rau zu glatt, von kalt zu warm ohne sichtbaren Unterschied im Kalk. Ist das dieses Stelenmaterial, was du beschrie-«
Ohne Vorwarnung war die ovale Türöffnung in der Rückwand erschienen und hatte Fergus mitten im Satz verschluckt. Sanfte Wellen schwappten an den über dem Wasserspiegel liegenden Teil des rötlich schimmernden Kraftfeldes, welches den noch tiefer liegenden Hieroglyphen-Raum davor bewahrte, voll zu laufen. Wie von Geisterhand war auf der rechten Seite der Öffnung, gerade oberhalb der Wasseroberfläche, die goldfarbene, runde Fläche des Schlüsselfeldes erschienen. Das Schlüsselfeld leuchtete nicht und es war kein Schlüssel eingelegt.
Aye!
Ich erstarrte, unterdrückte den starken Impuls,
Weitere Kostenlose Bücher