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Coruum Vol. 2

Coruum Vol. 2

Titel: Coruum Vol. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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sanken erschöpft auf einem warmen Flecken nieder, ohne die Andersartigkeit der Umgebung zur Kenntnis zu nehmen. Ich wickelte die harzigen und mit Holzsplittern übersäten Verbände ab.
    Meine Hände waren angeschwollen wie kleine Wärmflaschen und die Entzündung war weit fortgeschritten. Die Haut war blässlich weiß und hatte tiefviolette Wundränder. Sturgis ergriff mein Handgelenk und besah sie sich kritisch.
    »Wir müssen weiter. Die Blutvergiftung kann dich umbringen, Scotsman – und das wär’ schade, nachdem wir so weit gekommen sind und du mir einen neuen Truck versprochen hast!« Der Hüne hatte sein Lachen zurück. Der Aufstieg war alles andere als eine positive Erfahrung für ihn gewesen und hatte seinen Körper äußerlich mehr malträtiert als der Absturz in den Cenote.
    Ich sah ein Stück Stoff an einem der Äste der aus der Öffnung ragenden Baumspitze flattern und erhob mich schwerfällig. Als ich um den Stamm herumtrat, erkannte ich die Leiche des Marine, den ich zusammen mit dem anderen Soldaten – Hanks hieß er, glaube ich – aus dem Truck getragen hatte, kurz bevor wir einbrachen. Ich sah mich intuitiv um – aber Hanks war nirgendwo zu sehen.
    Ich hörte ein Pfeifen. »Sieh mal, Donavon!« Sturgis kniete an einem anderen Stamm, ein paar Meter entfernt. Ich ging zu ihm und hockte mich vor den Gegenstand, den er entdeckt hatte. Es war ein ungefähr einen Meter langes, stumpf-graues Metallobjekt ohne erkennbare Öffnungen. Feine Linien an der Oberfläche markierten möglicherweise geschlossene Klappen. Nur der ergonomisch geformte Handgriff mit etwas, das wie ein integrierter Abzug aussah, verriet, worum es sich bei dem Gegenstand handeln mochte. »Ein Gewehr!«, sagte er und streckte die Hand aus.
    »Stop!«, rief ich und rempelte ihn an, so dass er sich abstützen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Missmutig sah er mich an.
    »Sieht es so aus, als könnten wir etwas damit anfangen?«, fragte ich ihn.
    »Mmmh, vielleicht«, antwortete er.
    »Sieht es so aus, als wäre es gefährlich?«, bohrte ich weiter.
    Sturgis nickte.
    »Also lassen wir es liegen. Es ist doch offensichtlich, dass das keine Waffe der Marines ist. Das heißt, wer kommt dann noch als Besitzer in Frage?« Er öffnete den Mund, antwortete aber nichts. »Genau. Ich bin sicher, das Ding ist für uns unbrauchbar, wenn nicht sogar sehr gefährlich. Lassen wir es hier. Wir müssen dringend weiter!«
    Wir erhoben uns.
    Das erste Mal nahm ich bewusst die Dramatik der veränderten Landschaft wahr. Wir standen am Rande einer großen, fast kreisrunden Senke von mehreren hundert Metern Durchmesser, in der alle Bäume entweder umgefallen waren oder zumindest sehr schräg standen. In ihrer Mitte hatte sich eine Seenlandschaft gebildet, die über mehrere Zu- und Abflüsse verbunden war. Einer der größeren Abflüsse bildete den Wasserfall in unseren Cenote.
    »Was ist hier passiert?« Sturgis hatte die Hände in die Seiten gestützt und blickte genauso ratlos wie ich in die Runde. »Das sieht aus wie gerodet – in Sekundenschnelle. Vielleicht ‘ne Bombe?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Möglich, hoffentlich steht das Lager noch!«
    »In welcher Richtung liegt die Straße?«, fragte er mich.
    Ich sah mich um. »Wir sind die Straße Richtung Tikal gefahren, richtig?« Er nickte. »Und dann sind wir links oder rechts von ihr abgebogen?«
    Sturgis überlegte, dann antwortete er: »Links, die Soldaten sind durch den Schwung rechts aus der Tür gefallen.«
    Das war auch meine Meinung. Ich drehte mich zur Sonne. »Tikal und Coruum liegen auf einer Ost-West Achse. Wir sind nach Westen gefahren und Richtung Süden abgebogen.« Ich sah ihn an. »Wir gehen nach Norden.«
    Er nickte und wir marschierten los, die Sonne über der rechten Schulter lassend. Das Gehen war beschwerlich. Die ersten einhundert Meter kamen wir ganz gut voran, da hier eine Lichtung gewesen war und keine Bäume umstürzen konnten. Danach wurde es deutlich schwieriger. Die abgeknickten Bäume verstärkten das undurchdringliche Unterholz noch mehr und zwangen uns zu gewaltigen Umwegen. Dennoch bildete ich mir ein, ganz gut die Richtung beizubehalten. Nach einer ganzen Weile erreichten wir die Straße, ich am Ende meiner Kräfte, gestützt von Sturgis, der immer frohgemuter wurde. Meine Arme fühlten sich mittlerweile taub bis zu den Ellenbogen an und ich hatte starke Kopfschmerzen.
    Auf der Straße musste ich mich hinsetzen und ausruhen. Die Temperatur

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