Coruum Vol. 2
war niemand zu sehen. Fergus sah nach oben.
Der Mond war rot.
Guatemala, Ausgrabungslager Coruum
9. Oktober 2014
30397/1/11 SGC
Donavon
Ich saß in Flugrichtung. Durch das im Rumpfboden des Comanche zu meinen Füßen eingelassene Panzerglasfenster konnte ich die Stele im unruhigen Fels-Meer des durch das Erdbeben umgegrabenen Ausgrabungsgeländes stehen sehen. Unnatürlich aufrecht – verglichen mit den umgestürzten Bäumen in der Umgebung – wirkte sie wie die Spitze einer schlanken Pyramide, die vor kurzem von hohen Erdreichwogen überflutet worden war.
Sturgis saß mir gegenüber und blickte nachdenklich aus einem Seitenfenster. Seine Hände hielt er abwesend wie zum Gebet gefaltet. Seine langen Haare hingen weißen Spinnweben gleich von seinem Kopf, das Gesicht weiß-grau, nur um die Augen, Nase und Mund einigermaßen vom Kalk befreit. Die Bewegungen des RAH-78 waren weich und geschmeidig – nicht zu vergleichen mit den abgehackten Flugmanövern der Fluggeräte, mit denen ich während meiner Navy-Zeit unterwegs gewesen war. Meine Anspannung hatte in den vergangenen Minuten seit dem Start erheblich zugenommen. Hoffentlich ging es Karen und Sinistra gut. Ich wagte nicht daran zu denken, wie sich mein Gemütszustand verändern würde, hätte der unterirdische See die Plattform, auf der sie ausharren mussten, mittlerweile weggewaschen.
Ich zuckte zusammen, als sich der Sanitäts-Soldat neben mir ruckartig erhob und seinen Helm dicht an das linke Fenster presste, als gäbe es etwas unglaublich Ungewöhnliches zu sehen. Gleichzeitig machte der Hubschrauber eine massive Scherbewegung nach rechts unten, die den Liter Wasser in meinem Magen gefährlich weit nach oben zentrifugierte. Sofort danach fühlte ich die seitlichen Beschleunigungskräfte, die mir deutlich verrieten, dass der Pilot dabei war, im Profilflug hastig in Deckung zu gehen.
» Was ist los? « Sturgis hatte den Sanitäter neben sich auf die Bank gezogen und stand kurz davor, ihm den Helm abzureißen, sollte er nicht sofort antworten.
» Die anderen Hubschrauber wurden angegriffen! Der Pilot geht auf Sicherheitsabstand. «
Der Hüne warf mir einen wissenden Blick zu. Ich nahm ihn nur nebenbei zur Kenntnis. Wir mussten Karen und Sinistra da raus holen! , bohrte es in meinem Kopf.
» Wir müssen zurück und mein Team da raus holen! «, schrie ich den Sanitätssoldaten an.
Er schüttelte entschieden den Kopf. Nein!
Erneut machte mein Magen einen Sprung, als der Comanche über den Rand der Ausgrabungsgrube nach unten hüpfte und hinter der Stele weich aufsetzte. Das Turbinengeräusch wurde leiser und die Ladetür öffnete sich.
» Alle Zivilisten aussteigen! « Der Co-Pilot gab sich sichtlich Mühe, das Zittern seiner Stimme nicht zu deutlich werden zu lassen. Die Nachrichten von seinen Kameraden waren wohl nicht allzu gut gewesen.
Ich rührte mich nicht. »Wir müssen dahin zurück und mein Team retten«, wiederholte ich stur.
Plötzlich blickte ich in die Mündung einer Pistole. » Aussteigen, Sir. Das ist ein Befehl!« Die Hand des Marine war ruhig. Seine Augen konnte ich hinter dem Sonnenvisier nicht sehen, wäre aber nicht überrascht gewesen, in diesem Moment geweitete Pupillen bei ihm zu erkennen. Er war nahe der Panik. Ich beschloss zu gehorchen und stemmte mich mit Sturgis Hilfe aus der Bank, nachdem der Sanitäter meine Gurte gelöst hatte.
»Sir, tun Sie das nicht!«, appellierte ich an seine Vernunft, wissend, dass ich mich da wahrscheinlich auf ein sinnloses Unterfangen einließ. Er ignorierte mich und schloss die Ladetür hinter mir, die Pistole weiterhin in der Hand haltend, allerdings mit der Mündung in Richtung des gekapselten Heckrotors weisend. Ich fasste einen Entschluss – und sprang ihn von hinten an, als er sich auf den Weg zurück zur Kanzel machte.
Mit meinen wattierten Händen bekam ich ihn natürlich nicht zu fassen. Trotzdem reichte mein Schwung, um uns beide gegen den Hubschrauberrumpf zu werfen und weiter in den Kalkstaub fallen zu lassen – nur war er deutlich schneller wieder auf den Beinen und richtete die Pistole erneut auf mich, diesmal einem eingedrillten Bewegungsmuster folgend, das immer mit dem Schuss auf den Feind endete.
So auch diesmal. Das Projektil schlug links neben mir im Staub ein, nur Millisekunden vor dem überrumpelten Marine, der von Sturgis Faust gefällt auf meiner rechten Seite zu Boden ging.
»Ich weiß nicht, was du da vorhattest, Scotsman, aber es sah für mich
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