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Coruum Vol. 2

Coruum Vol. 2

Titel: Coruum Vol. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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ziemlich dämlich aus!«, schimpfte er, die Pistole des Marine sichernd und einsteckend. Der Sanitäter stand unschlüssig ein paar Meter entfernt. Seine Hand zuckte in Richtung seines Holsters. Er überlegte es sich nach einem Blick in Sturgis Augen noch einmal und ließ schließlich die Schultern resigniert hängen.
    Die Turbine des Hubschraubers erhöhte wieder die Drehzahl. Der Pilot hatte alles über den Helmfunk mit angehört und entschloss sich jetzt, allein zu handeln. » Sturgis, geben Sie mir das Sprechzeug aus dem Helm! «, schrie ich gegen den Rotorenlärm an. Er nestelte wertvolle Sekunden damit herum, das Kehlkopfmikrofon aus dem Helm des betäubten Marine zu bekommen – vergebens.
    Der Comanche hob ab und beschleunigte mit maximalem Schub aus der Grube heraus. Dann war er meinem Blick in einer wirbelnden Staubwolke entzogen. Keiner sagte etwas. Wir warteten auf die unabdingbare Explosion, wenn er abgeschossen werden würde. Sekunden vergingen – wurden zu Minuten. Ich musste mich setzten, in den Staub, der um uns war. Meine Hände schmerzten wahnsinnig, die Verzweifelung griff nach mir.
    Der Explosionsdonner kam nicht.
    Stattdessen erfasste den gesamten Boden unter uns ein unbestimmtes Zittern, das für mehrere Sekunden anhielt und weitere Felsen von den schrägen Grubenrändern abrutschen lies. Es verschwand genauso schlagartig wie es begonnen hatte, uns in einer dichten Kalksteinwolke und mich mit brutaler Gewissheit zurücklassend.
    Ich sackte zusammen. Tränen rannen über mein schmutziges Gesicht. Vor meinem inneren Auge löste sich der Felsen aus der porösen Uferwand des unterirdischen Sees und stürzte zusammen mit den Wassermassen auf eine entsetzt aufschreiende Karen.
    Ich hatte es nicht geschafft, sie zu retten. Ich gab meinen inneren Widerstand auf, vergrub mein Gesicht in meinen Armen und ließ der Verzweiflung freien Lauf.
     
    *
     
    Mein Denken war stumpf und leer.
    Den Verlust von Karen konnte ich noch nicht verarbeiten. Sobald ich meine Augen auch nur eine Sekunde lang schloss, sah ich sie vor mir – mit nassem Haar, die Kapuze leicht nach hinten verrutscht, Kalkschlamm in Haaren und Gesicht, zuversichtlich lächelnd – mir und Sturgis Mut machend, Rettung zu holen. Der Amerikaner wollte mir unentwegt einreden, sie und Sinistra könnten das Beben vielleicht irgendwie überlebt haben und ich solle nicht alle Hoffnung aufgeben. Irgendwann hatte ich ihn angeschrien, er sollte verdammt noch mal die Schnauze halten und damit aufhören, mir das einzureden, ich wüsste, dass sie tot seien.
    Danach hatte er mich endlich in Ruhe gelassen und ich war im Dunkeln ziellos durch die Grube des Ausgrabungslagers gestreift, fluchend, ohne einen Schluck MacAllons, um meine Trauer zu ersäufen. Mehrfach stolperte ich und knickte um, fiel auf meine bandagierten Hände, die wieder angefangen hatten, zu schmerzen, diesmal bis in die Ellenbogen. Der ehemals fast plane Boden der mehr als fußballfeldgroßen Grube glich einem vorzeitlichen Geröllfeld mit teilweise meterhohen Kalkbrocken, durch das ich irrte. Nur mit Glück vermied ich den Absturz auf die Oberseite der Rampe zum unterirdischen Lager. Wie ein drei Meter tiefer Graben durchschnitt sie die Geröllwüste. Trübes Wasser schimmerte von unten herauf. An den Rändern war Kalkschutt abgerutscht und hatte eine tückische Böschung gebildet. Vom eigentlichen Eingang des Lagers war im Tageslicht nichts mehr zu sehen gewesen, das gigantische, überhängende Dach hatte sich wieder in den Boden zurückgezogen. Die noch vor zwei Tagen senkrechten, fünfzehn Meter aufragenden Grubenwände waren verschwunden, hatten ihren Böschungswinkel auf nahezu 45 Grad verändert und dabei den Großteil Geröll hier in die Grube hinuntergeschickt.
    Ich ging an dem wassergefüllten Graben entlang und gelangte zum Monolithen der Stele. Ihre Oberfläche schien noch etwas schwärzer als der Wolkenverhangene Nachthimmel über ihr zu sein. Ich erinnerte mich an den Schlüssel und ging in einigen Metern Abstand ein paar Mal um sie herum, ohne jedoch das Leuchten des roten Schlüsselschutzfeldes in der Stele zu sehen. Der Schlüssel musste hier irgendwo im Schutt liegen, nur konnte ich mit meinen verbundenen Händen nicht danach graben. Wie es wohl Warren im Innern des Lagers bis jetzt ergangen war? Hatte er keine Möglichkeit, den Eingang wieder zu öffnen?
    Ich legte vorsichtig meine Wange an die Oberfläche der Stele. – Warm, glatt, unverändert. Ich konnte die

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