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Coruum Vol. 2

Coruum Vol. 2

Titel: Coruum Vol. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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schwarzen Boden streifend.
    Auf ihrer linken Seite – zwei weitere Schritte hinter ihr – knieten die sechs Lieblingsnovizinnen der Urmutter, perfekte Klone im Alter von neunzehn Jahren, aufrecht in weißen Gewändern, ihre von roten Kapuzen verhüllten Häupter mit dem Kinn auf die Brust gesenkt, die Augen in tiefer Andacht geschlossen. Jede von ihnen erwartete von der Urmutter zum zehnten Reinkarnationszyklus, in wenigen Monaten, ausgewählt zu werden, ihr ihren Körper und die darin enthaltene jugendliche Frische zu überlassen und damit die höchste Weihe der Kirche erfahren zu können. In zwei vollständigen Kreisen, in dessen gemeinsamen Mittelpunkt sich die Urmutter, ihre Novizinnen und Raoula befanden, schirmten sie einhundertzwanzig Kirchenritter der Inneren Sphäre, vom Rang her Lehensmänner der wichtigsten acht Sektoren, in vollem Ornat symbolisch vor jedem äußeren Unbill ab. Sechsundfünfzig von ihnen im inneren Kreis knieten ihnen zugewandt, den linken Fuß aufgestützt, die Arme gehoben mit den behandschuhten Fäusten um den Griff des Vibro-Schwertes verschränkt, dessen Spitze senkrecht auf dem schwarzen Boden ruhte. Ihre behelmten Häupter hatten sie wie Raoula leicht geneigt, die elektronischen Visiere geöffnet, ihre höchste Repräsentantin fest im Blick. Die vierundsechzig Ritter des äußeren Kreises standen aufrecht, Schwerter an ihrer Seite, den Schaft der drei Meter langen Plasmalanzen am rechten Fuß; die Mündung über ihren Helmen nach außen weisend, dienten diese Waffen nur als Halterung für die im Moment aufgewickelten und schlaff herunterhängenden Banner der acht Hauptsektoren der Nebelwelten mit ihren jeweils acht wichtigsten Systemen.
    Raoula konnte die Anwesenheit der Ritter und die von Minute zu Minute steigende Ungeduld spüren, einige der Ritter waren nicht mehr so konzentriert, wie sie angesichts des bevorstehenden Ereignisses sein sollten. Dennoch bewegte sich niemand, erzeugte niemand ein Geräusch. Ein warmer Luftzug drang an ihre Wange. Sie schloss für ein paar Sekunden die Augen, und die in ihre Lider implantierten roten Sphären der Kirche wurden über langen, dunklen Wimpern sichtbar. Raoula überprüfte im Geiste die Positionen der übrigen einhundertsechsundzwanzig Menschen auf der Repräsentationsplattform mit Ausnahme der Urmutter. Nur wenige Kirchenritter waren mental in der Lage, sie dabei zu beobachten.
    Ruhig, Liebes, es geht gleich los , spürte sie die Worte der Urmutter in ihren Gedanken.
    Als wäre dies ein Zeichen gewesen, öffnete sich vor ihnen lautlos ein breites, zweigeteiltes Tor, dessen runde Flügel langsam zu den Seiten und nach oben schwangen, und grelles Sonnenlicht durchflutete den Vorbereitungsraum. Der schwarze Boden unter ihnen bewegte sich nach vorn. Raoula öffnete langsam die Augen, um sie an die Helligkeit zu gewöhnen, und registrierte das Abheben der kreisförmigen Antigrav-Plattform unter ihren Füßen und ihr Einschweben in das Stadion nur mit einem Bruchteil ihrer Aufmerksamkeit, die gleichzeitig vom donnernden Jubel unzähliger von unten hoch brandender Stimmen abgelenkt wurde.
    Die Plattform mit Ramone, ihren Novizinnen und der Benedictine im Zentrum, umringt vom doppelten Kreis der Lehensritter, glitt im Schritttempo aus dem Palast der Urmutter hinab in das runde Stadion, das sich mehr als dreihundert Meter unter dem sandsteinfarbenen Palast der Urmutter in hellem Sonnenlicht erstreckte. Einhundertfünfzigtausend in Weiß gekleidete Knappen verfielen in tiefes Schweigen, nachdem sie ihrer Freude über den Anblick der Urmutter Ausdruck verliehen hatten, und fieberten nun ihrer Promotion und der damit verbundenen Standeserhöhung entgegen. Warmer Wind zupfte an den blonden Locken Raoulas und an den Kapuzen der Novizinnen, während sie mit der Plattform minutenlang über ein Meer von Weiß auf den Mittelpunkt des Stadions zuflogen, in dem ein von Wasser umgebenes zentrales Bauwerk auf einer runden Insel ruhte.
    Das Stadion hatte einen Durchmesser von knapp einem Kilometer und war in zur Mitte hin abfallenden, konzentrischen Ringen angelegt. Das zentrale Bauwerk bestand aus einem schwarzen Gestein, welches aufwendig durchbrochen einer filigranen Säule glich, in deren Rumpf die beiden Sphären der Kirche plastisch nachgebildet waren und rot im Sonnenlicht erglühten. An seinem oberen Ende lief die kunstvolle Säule zu einem eleganten, waagerechten Ring aus, auf den die Plattform der Urmutter zusteuerte. Acht Wasserkatarakte, die

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