Coruum Vol. 3
die Sole-Sourcer ein gänzlich anderes Ziel.« Ruckartig hatte Marwiin die ungeteilte Aufmerksamkeit der beiden Frauen zurück. »Ich hatte Euch vorhin gefragt, Händlerin, warum wir die Troyians überhaupt benötigten? Warum sprachen die Sole-Sourcer mit uns Zurückgebliebenen? Weil sie uns helfen wollten – einfach so?« Er lächelte bitter.
»Harkcrow war der erste Troyian, dem massive Zweifel an der selbstlosen Güte der Sole-Sourcer kamen. Ich sprach einmal mit ihm darüber. Dann erschien Oldo Merceer und die Zweifel bei Hark verschwanden. Nachdem ich das zweite Mal mit ihm darüber geredet hatte und Oldo Merceer davon erfuhr, musste ich Enchrome, die im Aufbau befindliche Ausbildungsstätte für die zu extrahierende Coruumer Kultur, verlassen.« Marwiin bekam die bestürzten Blicke der Händlerinnen und Sinistras nicht mit. Er ging, versunken in die Gedanken einer vergangenen Zeit, langsam zu Sinistra, die Holodisplays im Schlepp.
»Sie suchten einen Weg zurück. Nicht um uns zu helfen, sondern um aus ihrer Falle zu entkommen. Sie waren durch die Potentialkatastrophe in einem sehr kleinen Universum gelandet, nicht an Ausdehnung, die war nahezu unendlich, aber es war klein an positiver Materie, verwertbaren Systemen, Planeten, Bodenschätzen. Die ersten Huds der Organisation haben das in den letzten Amtsjahren Harkcrows näherungsweise berechnet, indem sie aufgezeichnete Vermessungsdaten der Thieraports während der Kontaktaufnahmen verwendeten. Ihre Ergebnisse bildeten die Basis für das wachsende Misstrauen des Königs und von mir. Die Sole-Sourcer installierten die Troyians, wie Ihr richtig sagtet, um uns zu kontrollieren, Händlerin. Sie versuchten uns zu manipulieren, was ihnen auch gelang. Sie machten nur einen Fehler«, er lächelte in sich hinein, »sie unterschätzten die Intelligenz und Verschlagenheit von uns Zurückgebliebenen .«
Marwiin rieb sich die Augen, drehte sich zu Karbedi mas Boroudy um und stutzte einen Moment über ihren Gesichtsausdruck. Der alte Mann sah sie wortlos an. Gab ihr Gelegenheit, die Frage zu stellen, die ihr im Moment wie eine Bleikugel um den Hals hing. Der Moment verstrich, die Erste Händlerin fragte nicht.
»Harkcrow war sehr intelligent«, fuhr er schließlich fort. »Unsere Zweifel an der Uneigennützigkeit der Sole-Sourcer wuchsen. Deshalb mussten sie jemanden schicken, ihn persönlich zu beaufsichtigen und anzuleiten. Das war Oldo Merceer – ein sicherer Beweis dafür, wie dramatisch sie ihre eigene Situation einschätzten.«
Er zeigte auf das feiste Konterfei des Händlers daneben. »Abedi O’Sesan war listig. Er hatte, schon kurz nach Impfung von Ruthpark mit der Coruumer Kultur, eine zweite, geheime direkt in der Nachbarschaft angelegt, die er ausschließlich für das Zentrum ernten wollte. Niemand bekam das mit. Erst Eure Agentin entdeckte im Auftrag von Ten O’Shadiif, dass es eine zweite überhaupt jemals gegeben hatte.«
»Das war ganz sicher nicht meine Agentin«, entfuhr es der Ersten Händlerin. »Wo ist diese Kultur heute?«
Marwiin sah sie lange an. »Das weiß ich nicht sicher, Händlerin.« Er deutete auf die junge Frau im Holodisplay.
»Residore 3. war verschlagen. Sie war die Benedictine zur Zeit Aonias 2. und Rud El’Ottars. Mit ihr, mit dem maßlosen Ehrgeiz der Urmütter der Kirche, hatten die Sole-Sourcer nicht gerechnet. Residore wollte die Coruumer Kultur ausschließlich für die Kirche, für ihren Weg an die Macht im Roten Nebel.
Als Harkcrow und El’Ottar ermordet wurden und Aonia 2. kurz darauf unter mysteriösen Umständen starb, hatte sie endlich die gewünschte Exklusivität des Kontaktes zu den Sole-Sourcern. Ich denke, sie forderte Macht für sich im Roten Nebel im Gegenzug für die Ablieferung der Coruumer. Doch die Sole-Sourcer verneinten. Irritiert über diese Entwicklung und ihres Verbindungsmannes Oldo Merceer beraubt, brachen sie den Kontakt zur Urmutter ab. Die zwischenzeitlich in Mesaphode reinkarnierte Residore griff daraufhin Enchrome an. Das war das Ende vom ursprünglichen Plan der Sole-Sourcer.«
»Die Coruumer entkamen aber doch, Marwiin«, sagte Sinistra überrascht in die Stille des Saals.
Der Kulturbeauftragte entgegnete lange Zeit nichts. Dann drehte er sich zu ihr um. »Nein, liebe Freundin, ich glaube nicht.« Mit einer schnell erhobenen Hand wehrte er ihren entschlossenen Einspruch ab. »Ja, sie haben den Roten Nebel verlassen, in nach Vorgaben der Sole-Sourcer gebauten Dimensionsschiffen – aber
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