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Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Titel: Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil , Florian Tietgen
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 »Nein«, sagte ich laut, zuckte über das Echo von den Wänden erneut kurz zusammen und schüttelte energisch den Kopf. Es schien, als flackerten die Flammen der Kerzen und der Petroleumlampe für einen Moment lang heftiger, würden die Schatten an der Wand lebendiger. War mein Kopf vom Rauch oder von den Gedanken so heiß, als hätte ich Fieber? »So denke ich nicht über mich. So will ich nicht über mich denken.«
          Der Pfarrer lächelte. Schwieg, aber lächelte. Er nahm die Hand vom Tisch, schenkte sich Tee nach, trank einen Schluck und lächelte. »Schön«, sagte er, »ich wusste, du bist stark. Die Heuschrecken haben keine Chance.« Während er sprach, hielt er mir die Kanne hin, schenkte auf mein Nicken hin auch mir nach, stand auf, füllte den Kessel mit neuem Wasser und stellte ihn auf den Herd. Ich sah ihn an. Er war etwa fünfzig Jahre alt, sein Haar schon leicht grau. Seine Stirn war hoch, obwohl er keine Geheimratsecken hatte. Die Haut wies nur wenige Falten um die Augen und um den Mund auf. Seine Bewegungen waren gleichmäßig, manchmal etwas kantig oder zackig, als wäre er Soldat.
          »Warum freuen Sie sich darüber?« Natürlich, sie führten einen Kampf um mich. Wenn ich den Heuschrecken nicht glaubte, nicht einsah, wie verdorben ich war, konnte er sich als Sieger fühlen, aber er war ein Pfarrer, für die Heuschrecken war ich Sünder.
          »Wie meinst du das?« Er lehnte merkwürdig lässig mit dem Hintern an der Kante der Anrichte und wartete auf das Wasser. Sein Blick war nicht mehr so streng.
          »Müssten Sie nicht mit den Heuschrecken kämpfen? Sie sagen doch nur, was Gesetze und Kirchen predigen. Warum beschützen Sie mich?«
          Der Pfarrer lächelte weiter, goss das kochende Wasser in die Kanne, nutzte das Teesieb noch einmal für einen zweiten Aufguss, kommentierte entschuldigend »es steckt noch genug Geschmack in den Blüten«, stellte die Kanne auf den Tisch, setzte sich wieder, lächelte, sprach …
          »Du bist klug«
          … lächelte, nahm seinen Becher, trank den darin abgekühlten Tee, goss frischen nach, stand wieder auf, um einen Topf Honig zu holen, von dem er sich einen Löffel voll in das Getränk rührte.
          »Wir beschützen nicht dich, wir beschützen uns.«
          Lächeln.
          Schweigen.
          Warten.
          Sogar die Flammen und Schatten verhielten sich ruhig.
          »Sie beschützen mich, um sich zu schützen?«
          Trinken. Ich wagte nicht, mir auch Honig in den Tee zu rühren, nicht einmal, danach zu fragen. Schluckend wartete ich auf die Antwort, ohne Vorstellung, was der Pfarrer gemeint haben könnte.
          »So kann man es ausdrücken. Wir geben dir etwas und haben etwas davon. Du bleibst du. Für immer.«
          »Was haben Sie davon?«
          Lächeln.
          Schweigen.
          Warten.
          Tee trinken.
          »Du solltest schlafen gehen. Morgen hast du einen schweren Tag.«
          Ein Ton, der keine Widerrede duldete, obwohl ich der Antwort noch harrte. Was hatte er davon, mich als Sünder zu belassen? War es seine Auffassung von göttlicher Vergebung? Dann unterschied sie sich von allem, was ich bisher gehört hatte, was andere Pfarrer predigten. Das Lächeln blieb, das Schweigen blieb. Ich wusste, ich würde keine Antwort bekommen.
          »Vielen Dank«, sagte ich, erhob mich, ging in die Kammer, die er mir bei unserer Ankunft gezeigt hatte, zog mich aus, vergewisserte mich im Kerzenschein, keine Schlange unter dem Bett zu sehen, blies das Licht aus und schlief ein.
          
          Darius im Gewand des Pfarrers. Schlangen zu seinen Füßen, Heuschrecken auf seiner Schulter, die Augen starr immer auf mich gerichtet. Der Pfarrer hinter ihm, gekreuzigt. Schlangen am Holz, Heuschrecken auf den Nägeln, die durch die Hände geschlagen sind. Der Blick ist tot, das Lächeln ist tot.
          »Sie haben dir den Preis nicht gesagt!«, brüllt Darius, die Schlangen versuchen, dazwischen zu zischen, die Heuschrecken schlagen wild mit den Beinen und der Pfarrer reißt den Arm nach von, zieht den Querbalken des Kreuzes mit, versucht, Darius von hinten zu umschlingen, ihm den Mund zuzuhalten. »Der Preis! Achte auf den Preis.« Darius befreit sich, läuft über die Schlangen auf mich zu, das Kreuz mit dem angeschlagenen Pfarrer fällt nach vorn, die Heuschrecken schrecken auf und springen hinter Darius her. Immer näher kommt

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