Corvidæ
Die Beiden sahen mich verständnislos an. „Erbinformationen“, fuhr ich fort. „In unseren Körpern sind Informationen gespeichert, alles, was es über uns zu wissen gibt … Aber was genau suchen sie? Es muss etwas mit deiner Rabenseite zu tun haben, Rokan. Aber warum haben sie Jacques dann nicht auch gefangen? Ich verstehe das nicht.“
„Wenn es jemanden gibt, der eure Fragen beantworten könnte “, sagte Pan , „ dann ist das Brig . Sie ist älter als die Suppe und war schon lange hier, als ich noch an den Zitzen meiner Mutter hing. Sie hat mir diesen Raum gezeigt und sie kennt jedes der Bücher, als wäre es ihr eigenes Kind . “
„Dann führe uns zu ihr“, sagte Rokan. „W ir können jede Hilfe gebrauchen .“
D er Rauch brennt. In den Lungen, auf der Haut. Und die Schreie brennen im Herzen. Der Altar schimmert durch die Qualmwolke; eine Insel inmitten einer Nebelbank.
Ihre Haut, bleich wie der blanke Stein. Ihr Haar, rot wie die Flammen. Der Vogel spreizt die Flügel, seine Augen so kalt – ihre Augen. Deine Schuld! Ja, das ist es.
Die Tür steht offen. Doch was würde das ändern? Dort wartete das gleiche Lodern, der gleiche Schmerz. Es ist Zeit für das Ende. Er ist müde.
Ihre Augen, weit geöffnet, starren und stechen. Deine Schuld! Ja.
Beißender Fleischgeruch, schwere Atemzüge, husten. Die Szenerie verschwimmt, verwässert sich mit den Tränen, versinkt im bitteren Dunst. Es tut mir so leid, ich habe versagt. Meine Schuld.
Etienne schrec kte auf und stieß sich den Kopf, brauchte einige Sekunden, um sich zu orientieren. Seine Pfeife lag auf dem Boden.
„Du träumst“, sagte Marie. „Das ist gut.“
„Gut?“ Er hob die Pfeife auf und klopfte sie an der Bank aus. „Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, rieche, schmecke ich den Rauch, höre das Brennen , das Kleider und Fleisch frisst, wie ein hungriger Falke die Maus . Das Knistern des Feuers klingt wie brechende Knochen … Und die Stimme in meinem Kopf.“ Er presste die Hände auf die Ohren, als würde das etwas ändern.
Die Alte klopfte mit ihrem Stock an den Baumstamm neben der Bank. „Eine große, starke Buche ist das. Doch auch sie muss sich beugen. Dem Sturm, dem Hagel, dem Feuer. Eines Tages wird sie brechen.“
„Tun wir das Richtige, Marie? Ist sie wirklich diejenige“, er deutete auf Irina, die in den Armen ihrer Mutter schlief , „oder verschlimmern wir nur alles?“
„Du hast damals gehandelt, wie du musstest , und mehr kann man nicht verlangen. Mehr können wir nicht tun. Unter der Kastanie liegt die Hoffnung begraben und mit jeder Frucht gibt sie den Samen weiter. Ob er keimt , liegt nicht in unserer Hand.“
Eine Wolke schob sich vor die Sonne und Elisabeth deckte ihr Schultertuch über das Kind. Sie sah ihn an und Etienne senkte den Blick.
Kapitel 25
„ E s war eine dunkle und stürmische Nacht. “ Die Stimme des Vaters war nur noch ein Säuseln, das kaum das Rauschen übertönte, das aus den Lautsprechern drang. „Ich hielt sie in meinen Armen. Aber nicht fest genug.“
Der Doktor stand inmitten der Kammer, die Hände in den Taschen des Kittels, den Kopf gesenkt. Sie wagte nicht aus dem Raum zu gehen, bevor der Vater sie entlassen hatte. Wie immer wartete sie darauf, dass er sie fortschickte oder der Bildschirm dunkel wurde. Lange konnte es nicht mehr dauern. Seine Stimme brach und die gesichtslosen Lippen verzerrten sich zu eine m Grinsen, das dem eines Totenschädels glich ; legten seine fleckigen Zähne frei. Sie zuckte zusammen, als die Stimme anschwoll. „Ich habe versagt! Ich habe sie verloren.“ Rauschen. Der Doktor zählte lautlos bis zehn. Die Unterlippe des Vaters zitterte. „Bringen Sie sie mir zurück“, sagte er. „Sie haben jetzt alles , was Sie benötigen. Nicht wahr, Doktor?“
Die Zunge des Doktors klebte am Gaumen; sie sammelte Speichel und schluckte. „Ja, Vater.“ Erleichtert nahm sie die Papiere an sich und drehte sich zur Tür.
„Versagen S ie nicht“, rauschte die Stimme hinter ihr. Sie spürte einen Schweißtropfen ihren Nacken hinab rinnen und nickte. „Nein, Vater.“
P an schloss die Tür hinter uns und sicherte sie, indem er wieder verschiedene Zeichen eintippte. Rasseln d griffen Metallh aken in das Türblatt.
In diesem Teil des Schiffs dämpfte kein Teppichboden unsere Schritte. Der Boden bestand aus rostigem Eisen . Die Platten wurden von Nieten zusammengehalten, einige hatten sich gelockert und knirschten unter meinen Schuhen. Das Material
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