Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Corvidæ

Corvidæ

Titel: Corvidæ Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil
Vom Netzwerk:
spürte seine an gespannten Muskeln und schüttelte den Kopf. „Nicht.“
    Die Zahnräder in der Lore gaben ein knirschendes Geräusch von sich , eine Niete schoss durch den Raum und Rot eilte ohne ein weiteres Wort zu der Leiter, die das Mädchen für ihn aufgestellt hatte.
    Rokan schnaufte, seine Knöchel knackten, als er die Hände zu Fäusten ballte.
    „Lass ihn“, sagte ich. „Er ist es nicht wert. Und wir haben etwas zu erledigen. Also, Pan, wo ist diese Brig?“
    Er deutete mit dem Kinn auf das Mädchen, das am Fuß der Leiter stand und den Uhrmacher bei der Arbeit beobachtete.
    „Ein Kind? Brig ist ein Kind ?“ Ich schüttelte den Kopf und Pan lachte.
    „Brig ist vieles“, sagte er und seine Blicke klebten bei den Worten am Körper des Mädchens wie Honig. Dann sah er mich an. „Lässt du dich so leich t von Äußerlichkeiten täuschen, v on Vordergründigem , oder bist du bereit tiefer zu blicken?“ Er nahm einen Sch luck aus seinem Flachmann, der b odenlos zu sein schien.
    Ich sah ihm zu, wie er die Flasche in der Gürteltasche verstaute, sich an die Spinde lehnte und wohlig seufzte, als Brig sich reckte, um Rot einen Schraubenschlüssel zu reichen . I hr kurzer Rock rutschte nach oben und gab den Blick auf ihre Unterwäsche preis .
    Ich sog die Luft ein. „Pan, das ist ein Kind …“
    „Du willst nur sehen, was du sehen willst“, fauchte er mich an. „Nicht wahr? Du kommst hier her, auf diesen Kahn voller Abscheulichkeiten, nimmst hin, was du vorfindest, läufst blind durch die Gänge und …“ Er verstummt und gab ein Grunzen von sich, verschränkte die Arme vor der Brust.
    „Was?“, hakte ich nach. „Was sollte ich denn sehen? Einen abgewrackten Ziegenbock, der sich mit Fusel vollschüttet, anstatt sein Schicksal in die Hand zu nehmen, und mir Vorhaltungen macht? Wenn es etwas gibt, das ich sehen sollte, dann zeig es mir!“ Wütend drehte ich ihm den Rücken zu. Hatte ich nicht schon genug gesehen? Ich starrte in die Flammen, die an den Kesselböden leckten , und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Aber er hatte recht. Ich wollte nicht wissen, was tatsächlich hinter all den Türen mit den gruseligen Beschriftungen vor sich ging. Und es war unfair , was ich über Pan gesagt hatte. Er war gefangen an diesem grausamen Ort und das schon seit so langer Zeit. Was hätte er tun können? „Es tut mir leid“, sagte ich und drehte mich um. „Pan, ich …“ Aber Pan stand nicht mehr an den Spinden.
    Rokan berührte m einen Arm. „Er ist gegangen“, sagte er.
    „Aber wir … Ich hab’s vermasselt, Rokan, entschuldige.“ Ich setzte mich auf den Boden, lehnte den Kopf an das Spind hinter mir und spürte , wie ein Lachen mich zu schütteln begann. Ich versuchte es zu unterdrücken, aber es stieg so schnell in mir hoch, dass ich fürchtete, ich würde explodieren, wenn ich es nicht raus ließ. Also saß ich auf dem Boden einer gigantischen Tomatensuppenküche und lachte, bis mir die Tränen die Wangen hinab liefen. Rokan hockte still neben mir, die Hand auf meiner bebenden Schulter.
    Die Situation war so bizarr. Lizzie würde mich in eine geschlossene Anstalt einweisen, wenn ich ihr das erzählte. Wir saßen auf einem Schiff voller unglaublicher Dinge fest, das auf Suppe schipperte, und warteten darauf, dass wir Hilfe von einem vielleicht zehnjährigen Mädchen bekamen, das gerade dabei half eine Lore zu reparieren, die Tomaten transportierte, die die Größe von Kürbissen hatten. Ein neuer Lachanfall schüttelte mich und Rokan reichte mir ein Taschentuch, mit dem ich mir die Tränen troc knete . Dann stockte ich. „Verdammt, Gentechnologie!“
    Rokan zuckte mit den Schultern. „Geht es wieder?“, fragte er.
    „Die Tomaten sind genmanipuliert“, sagte ich. „ Deshalb entschlüsselt der Doktor die DNS der Besucher, deshalb führt sie Experimente an den Raben durch . Aber nach was sucht sie genau?“
    „Ich verstehe nicht, wovon du redest.“ Rokan steckte das Taschentuch ein und stand auf. „Aber wir müssen Jakur finden und dazu brauchen wir Hilfe. Und dieses Mädchen ist im Moment unsere einzige Hoffnung. Pan wird seine Gründe gehabt haben, dass er uns zu ihr geführt hat. Also sollten wir mit ihr reden.“
    Der Uhrmacher warf sein Werkzeug in die Tasche zurück und gab Brig einen Schubs. Sie stolperte und stieß sich den Arm an einem heißen Kessel. „Wenn das so weiter geht, dann sitzen wir bald auf dem Trockenen“, zischte er. „Geh und kümmere dich um die verbliebenen

Weitere Kostenlose Bücher