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Corvidæ

Corvidæ

Titel: Corvidæ Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil
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begann es zu gluckern. D ie Kessel wurden leer gepumpt. Fasziniert sah ich nur still zu und schreckte zusammen, als ich eine Tür in den Rücken gedrückt bekam. Ich trat zur Seite und Rokan aus dem Metallspind ; kurz darauf folgte Pan.
    „Warum hast du nicht den Aufzug genommen?“, fragte er.
    „Was?“ Ich starrte ihn an. „Aber ich dachte … Wieso hast du m ich dann an der Stange hinunter rutschen lassen?“
    „Du warst so schnell. Und wie hätte ich den n ahnen können …“
    „Ach, schon gut“, fiel ich ihm ins Wort. „Ich bin ja unten.“
    Aus den Rohren drangen schlürfende Geräusche und das Mädchen drehte wieder an den Ventilrädern , drückte Knöpfe und legte den Hebel um. Dann lächelte sie mich kurz an und tippte etwas in den Computer ein.
    Die Stahlseile über den Kessel n begannen zu ächzen und sich zu bewegen. Schwankend rumpelte eine Lore herein, die an einem der Seile hing. In einigen Metern Abstand folgte die nächste. Die Karren stoppten, als über jedem Kesse l einer baumelte , und schaukelten sich aus. Mit einem Knopfdruck setzte das Mädchen einen Mechanismus in Gang. Zahnräderknirschen, Metall auf Metall. Die Loren kippten langsam zu Seite und ein Schwall riesiger Tomaten ergoss sich in die Kessel, unter denen die Feuer aufflackerten.
    „Tomatensuppe.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich glaube das nicht. Wir schippern auf Tomatensuppe?“
    Pan zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck aus seinem Flachmann. Ich sah von Pan zu Rokan, der gespannt beobachtete, wie das Mädchen den Computer bediente.
    Ein ohrenbetäubendes Kreischen ertönte . Einer der Karren schaukelte bedenklich. Es klackte und knirschte, Zahnräder rutschten aus der Führung, es roch verschmort.
    „Verdammt“, sagte das Mädchen mit ihrer Frauenstimme, tippte und schaltete, doch der Wagen hing fest . Rußige Rauchwolke n quollen aus allen Ritzen, es k nallte und einige Nieten schossen wie Projektile durch die Luft und prallten blechern an die Spinde. D ann kippte die Lore in die Ausgangsposition zurück.
    Ich betrachtete die Dellen neben unseren Köpfen und pustete den Atem aus.
    Rokan zog eine der Nieten aus der Metalltür und besah sie von allen Seiten.
    „Verdammt“, sagte das Mädch en wieder. „Verdammte Korrosion! “ Dann rieb sie ihre Hände aneinander, als wo llte sie sich die Finger wärmen, und drü ckte einen großen roten Knopf; w artete mit aufgesetztem Lächeln. Nach einigen Sekunden drang ein Rauschen aus dem Lautsprecher. Dann eine kaum hörbare Stimme. „Was ist?“
    Das Mädchen strich sich eine Strähne ihrer langen blonden Haare hinter das Ohr. „Kessel vier ist ausgefallen.“
    „Warum?“
    „Materialermüdung. Die Zahnräder“, antwortete sie knapp. Rauschen, Händereiben, krampfhaftes Lächeln.
    „ Der Uhrmacher ist bereits unterwegs , aber halte die anderen Kessel in Gang, hörst du?“
    „Natürlich, Vater.“
    Das Rauschen verstummte und das Mädchen hüpfte an der Kesselreihe entlang. Kontrollierte die Rohre, legte Holzscheite nach, ölte die Nietverbindungen.
    „Ah“, flüsterte es neben meinem Ohr und ich zuckte zusammen. „ Ah, wie a ngenehm Sie wiederzusehen verehrte Frau Catrin.“ Ich trat einen Schritt zur Seite. Der Uhrmacher deutete eine Verbeugung an. Er sah noch heruntergekommener aus, als bei unserem ersten Treffen. Ein Jackenärmel war eingerissen, die Weste hielt nur noch ein einziger Knopf zusammen. Seine Haare glänzten ölig und sein Atem roch nach altem Uhrenfett. Unter dem Arm trug er eine schmierige braune Ledertasche. „Sie entschuldigen mich, ich habe zu tun, aber ich würde mich über alle Maßen freuen, wenn wir unser Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen könnten.“ Seine Augen blickten kalt in meine. Das Weiße darin war blutunterlaufen, als hätte er w ochenlang nicht geschlafen , seine Lider zuckten unkontrolliert.
    „Mit Vergnügen“, sagte ich und hielt die Luft an, als er sich zu mir beugte.
    „Also, dann freue ich mich auf Ihre angenehme Gesellschaft.“ Eine knappe Verbeugung und ein abschätzender Blick zu Rokan, der den Uhrmacher unter zusammengezogenen Brauen heraus finster ansah. Rot verzog die Lippen zu einer Grimasse, die wohl ein Lächeln sein sollte , und ging leicht in die Knie. „Na, kleiner Mann, wie ich sehe darfst du mit den Großen spielen.“ Er lachte und hustete, spuckte auf den Boden. „Oh, das ist nett, nicht wahr?“ Er tätschelte Rokans Kopf und ich legte meine Hand auf dessen Schulter. Ich

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