Cosa Mia
Zeit war ich noch genauso im Dunkeln, wie damals,
wo ich vom Badezimmer der Villa aus, die Zigaretten von Castellis Männern in
der Nacht leuchten sah. Zwar kannte ich nun Namen und Gesichter, doch die Nacht
war noch nicht zum Tag geworden, obwohl ich mich in der Nähe der einzigen Sonne
befand, die alles erhellen könnte, wenn sie wollte. Aber er wollte nicht, er
dachte, die Nacht
verspricht Sicherheit für mich und für uns. Vielleicht hatte
er recht.
Trotzdem fand ich es ungerecht.
Verflixt, dachte ich, und es besteht noch nicht einmal die Chance
irgendwie an Informationen heranzukommen, in seinem Büro hatte er sicher nichts
und das Meiste, das sagte er mir einmal, hatte er im Kopf, wo es sicher sei.
Ich wusste zwar sehr wenig, aber der Umgang mit ihm, Maurizio und den anderen
hatten schon genug Einwirkungen auf mich und veränderten meinen Blick auf die
Welt. Ich hatte es am Anfang gesagt und ich sage es wieder, meine
Unbeschwertheit und jungenhafte Naivität schwand zusehends, aber es entwickelte
sich mehr innerlich, an meinem Verhalten änderte sich wenig, es war eher das
Gefühl. Ich begann, fast überall das Verbrechen zu sehen und kaum ein Bereich
menschlichen Daseins blieb bei meinen Überlegungen dabei verschont. Überall
fühlte ich die Abgründe unter scheinbar festen und gerechten Fundamenten, es
verwirrte mich, die Nachrichten, die Zeitungen bestätigten es und ich wurde
misstrauisch, ob es überhaupt und irgendwo „mit rechten Dingen“ zuging. In der
Politik, Polizei, sogar dem
Gerichtswesen, an den Universitäten und in all jenen
Institutionen, die es nur geben kann: Verbrechen, Korruption, Erpressung und
kriminelle, getarnte Geschäfte und Schiebereien. Es schien alles davon
zersetzt, wie von Bakterien befallen, ich sah es vor mir. Ich überlegte mir, ob
es wirklich nur damit zu tun hat, dass sie sich lohnten, diese Geschäfte.
Überall redeten sie doch von Genen. Kann es Gene geben, die den Hang zum
Verbrechertum verstärken? Hat es mit der Kindheit, oder mit der Erziehung zu
tun? Was machte einen Menschen zum Verbrecher?
Ich konnte keine dieser Fragen, die mir in den Sinn kamen,
beantworten, nur dass das allgemeine Moralverständnis für jene Menschen nicht
gilt, aus welchen Gründen auch immer und deshalb würde es vermutlich auch
nichts bringen, sie mit guten Worten bekehren zu wollen, jedenfalls nicht
allein. Vielleicht gab es ja überhaupt kein allgemeines Moralverständnis? Hmm,
aber ich redete hier von noch vernunftbegabten, scharfsinnigen Menschen und
nicht von Triebtätern, psychisch Kranken…ach, aber ich kam nicht weiter, es war
alles so kompliziert.
Jedenfalls wenn es sich nicht lohnen würde, wenn nicht
Milliarden von Millionen in die undurchsichtigen Geldtaschen des organisierten
Verbrechens fließen könnten, das wäre zumindest ein Anfang. „Aber das wird nie
geschehen.“, murmelte ich dann vor mich hin. Es lohnt sich für sie alle. Es
wird immer da bleiben, weil soviel daran hängt, ja, es hängt ja immer alles
voneinander ab, selbst vom Verbrechen.
Zum Teufel, dachte ich, und das Gesetz ist und bleibt
unvollkommen. Und wie könnte ein vollkommenes Gesetz über unvollkommene
Menschen gebieten? Wie könnte die Unvollkommenheit die Vollkommenheit erkennen
oder sich danach richten wollen? Das ist doch unmöglich, abgesehen davon, dass
kein Mensch vollkommen sein kann, oder? Deshalb auch kein vollkommenes Gesetz,
solang Menschen Gesetze machen.
Und: Mörder, Vergewaltiger, Kinderschänder, Stalker und, und,
und, werden oft unzureichend oder gar nicht bestraft, da könnte die Devise
ziehen: Wende dich nicht an die Polizei, bezahle lieber andere Leute, die deine
Schmach rächen! Das Gesetz bestraft oft Verbrechen
Am Kapital mehr. Ein wenig konnte ich Sabatinos Worte
verstehen, dass die Lücken im Gesetz nicht nur ausgenutzt, sondern auch
ausgeglichen werden können. Hmm, das Potential steckt sicherlich in jedem
Menschen, da hat er wohl recht und solang das der Fall sein wird, solange gibt
es Verbrechen. Da kann auch kein Gott und kein Arzt etwas ausrichten.
Es sind immer wieder Kreisgedanken, die auf wenig
herauslaufen und sich immer wie eine Spirale um sich selbst drehen, doch die
Spirale findet kein Ende, dreht sich nach oben und in die Tiefe…so ist sie wohl
auch, die Philosophie, dachte ich.
Verstehen Sie mich richtig, wenn ein Heranwachsender sich in
solche Gedanken stürzt, besteht die Gefahr, dass er sich darin verliert, dass
er mit Bitterkeit angefüllt wird,
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