Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
vergrößert.«
    »Diese Seite jedenfalls nicht.«
    »Sind Sie sicher? Von wann stammt denn die letzte Messung?«
    »Schön.« Brad stand auf und schnappte sich einen großen Tastzirkel. Gemeinsam verließen sie die Spektroskopkabine, betraten den Saal und schlugen die Lichtschutzhaube um den U-Magneten vorsichtig zurück. Alicia war seit Tagen nicht mehr hiergewesen; die Sprechstunden und die Korrektur der Übungsblätter für Physik 3-B nahmen viel Zeit in Anspruch. Die Kugel war hinter all den Photodetektorleitungen und -linsen kaum noch zu sehen. Brad beugte sich ächzend vor und legte den Tastzirkel an.
    »Ich komme auf 38,3 Zentimeter«, las er ab.
    »Noch einmal.«
    Er zog den Mund schief, aber er gehorchte. »Gleicher Wert: 38,3.«
    »Das ist mehr als beim ersten Mal«, sagte sie und zog die Lichtschutzhaube noch weiter zurück. »Sehen Sie?« An der Tafel stand DURCHMESSER 37,8 CM. Wieder einmal überlegte sie, ob sie nicht alles abwischen sollte, bevor jemand neugierige Fragen stellte.
    Brad runzelte die Stirn. »Wie, zum Teufel …?«
    »Sonst scheint alles unverändert.« Alicia überlief es plötzlich eiskalt. Wenn die Kugel noch weiter wuchs …
    »Ja, aber die Expansion ist so gering, sie kann unmöglich erklären, wieso das Ding plötzlich eine ganze Größenordnung mehr an Licht abgibt.«
    »Zugegeben. Passen Sie auf, Sie kontrollieren jetzt die übrigen Basiswerte. Wir können nicht mehr davon ausgehen, daß irgend etwas stabil bleibt.«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    Ein Blick auf die Uhr. »Ich muß auf die andere Campus-Seite. Wenn ich wiederkomme, prüfen wir alle früheren Messungen nach.«
    Brad konnte die Augen nicht von der Kugel wenden. »Sie verändert sich. Sie wächst.«
    In diesem Moment lag sein Herz offen vor ihr, und sie erkannte darin den gleichen Wissensdurst, der auch der Motor ihres Lebens war. Zum ersten Mal hatte sie dasGefühl, ihn zu verstehen. »Soviel zum Thema kontrolliertes Experiment.«
    Wieder war sie aus heiterem Himmel von einem Ergebnis überrumpelt worden. Man müßte die Größe der Kugel ständig kontrollieren, vielleicht mit einem Laserstrahl, der von der Oberfläche reflektiert wurde …
    »Das ist eine ganz große Sache.« Alicia spürte seine Unsicherheit und fragte sich, ob er wohl völlig aufrichtig zu ihr war. Er war so begabt, daß er als einfacher Student dem Experiment folgen konnte, auch wenn er natürlich nur an der Datenerfassung arbeitete. Wenn er erst mehr wußte, würde er ausgezeichnete Arbeit leisten; sein sechster Sinn für die Elektronik war geradezu sensationell. Doch der Konkurrenzkampf mit Zak verschärfte sich rasch und konnte auf die Dauer unangenehme Auswirkungen haben. Zwischen zwei ehrgeizigen Rivalen kam es allzu leicht zu Konflikten.
    Ob Brad ihr auch wirklich alles sagte? Die Frage mußte warten, bis sie wieder zurück war.
    Sie verdrängte die Sache energisch aus ihrem Bewußtsein und durchquerte mit raschen Schritten den Aldrich Park. Das Grün der Bäume und Rasenflächen wirkte angenehm beruhigend. Konzentration ist alles. Erst die Politik, dann die Forschung.
    Die Vorzimmerdame mit ihrer fast schon abweisenden Höflichkeit bereitete den Boden für Dekan Lattimer selbst. Rebecca Lattimer war groß und strahlte Entschlossenheit aus. Sie hatte Molekularbiologie studiert und anschließend einige Jahre in der Forschung gearbeitet, ohne sich dort übermäßig auszuzeichnen. Vor zwei Jahren hatte sie den Sprung über den Kreis, den grünen Park im Zentrum der UCI geschafft und die Festung des Verwaltungsgebäudes gestürmt.
    Nach Alicias Erfahrungen ließen sich die weiblichen Professoren der UCI in zwei Gruppen einordnen: Miss Lässig und Miss Forsch. Miss Lässig war ein gutmütiges Wesen mit unordentlicher Frisur, klobigen Schuhen undSackkleidern, man fand sie oft in geisteswissenschaftlichen Disziplinen oder in der Biologie; die Sozialwissenschaftlerinnen trugen obendrein noch billigen Folkloreschmuck. Miss Forsch war Radcliffe-gestylt und bevorzugte nach Art aller Karrierefrauen das klassisch strenge Schneiderkostüm, das sie mit Perlenohrringen oder einem Spitzenblüschen aufzulockern pflegte. Sie ließ keinen Anruf und keine E-Mail-Botschaft unbeantwortet und konnte absolut gnadenlos sein, ohne daß irgend jemand es bemerkte.
    Lattimer war eine Miss Forsch vom Scheitel bis zur Sohle. Gutsitzendes, graues Kostüm, blaßblaue Bluse, Türkisbrosche in der Farbe ihrer Augen, das Haar streng nach hinten genommen, um die hohen

Weitere Kostenlose Bücher