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Cosmopolis

Cosmopolis

Titel: Cosmopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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gehören nicht zum Persönlichkeitsprofil des Menschen, für den Sie mich halten. Dabei bin ich ein heftiger Raucher. Ich brauche das, was ich brauche, sehr dringend. Ich lese nicht zum Vergnügen. Ich wasche mich nicht oft, weil ich es mir nicht leisten kann. Ich kaufe meine Kleider bei Value Drugs. Das kann man in Amerika, sich von Kopf bis Fuß in einem Drugstore einkleiden, was ich insgeheim bewundere. Aber ungeachtet der Tatsachen, so, wie es um Ihr Innenleben bestellt ist, unterscheide ich mich nicht so sehr von Ihnen, wenn man bedenkt, dass wir alle unkontrollierbar sind.
    Sie trugen sie in ihrem Rollstuhl und mit ihrem Baby die Treppe hinunter. Ich war verwirrt. Vielleicht haben Sie mal die Zacken auf einem Lügendetektor gesehen. So verlaufen meine Gedankenwellen manchmal, wenn ich überlege, wie soll ich jetzt reagieren. Ich habe das Unterrichten aufgegeben, um meine Million zu verdienen. Es war eindeutig der richtige Zeitpunkt dafür. Doch dann fühlte ich mich sekundär, wenn ich an meinem Arbeitsplatz saß. Ich fühlte mich dort hingesteckt, ein Mensch in einer nicht selbst gewählten Lage, obwohl ich die Entscheidung, dort zu sein, selbst getroffen hatte, und näher als auf Hörweite ist er mir nie gekommen.
    Ich schwanke, ob ich ihn töten soll. Werde ich dadurch weniger interessant für Sie oder gar mehr?
    Ich bin nicht einer dieser geschundenen Körper, die man lieber nicht anschauen möchte, wenn man gewisse Straßen entlanggeht. Die schaue ich mir auch nicht an. Ich reiße die Wände in meinen Räumlichkeiten ab, eine Arbeit vieler Wochen, die jetzt fast vollendet ist. Ich kaufe mein abgefülltes Wasser in dem mexikanischen Lebensmittelladen um die Ecke. Da arbeiten zwei Angestellte oder ein Besitzer und ein Angestellter, und sie sagen beide, Kein Problem. Ich sage, Vielen Dank. Kein Problem.
    Als Kind habe ich immer Münzen abgeleckt. Die Kannelierung am Rand einer gewöhnlichen Münze. Rändelung heißt das. Manchmal lecke ich sie immer noch ab, mache mir aber Sorgen wegen dem Schmutz, der in der Rändelung sitzt.
    Aber einen anderen Menschen ums Leben bringen? Das ist die Vision eines neuen Tages. Ich bin endlich entschlossen zu handeln. Der gewalttätige Akt macht Geschichte und ändert alles, was vorher war. Aber wie sich den Moment vorstellen? Ich bin nicht sicher, ob ich auch nur so weit komme, es mental zu tun, zwei gesichtslose Männer mit Kleidern in verlaufenden Farben.
    Und wie soll ich ihn finden, um ihn zu töten, geschweige denn, tatsächlich zielen und abdrücken? Also weitgehend eine theoretische Frage, dieses Geben-und-Nehmen.
    Wenn ich mit Münzen bezahle, dann neige ich zu kleinen Obsessionen von Verzählen und Herumfummeln.
    Aber wie soll ich leben, wenn er nicht tot ist? Er kann ein toter Vater sein. So viel Hoffnung kann ich anbieten. Sie können sein Sperma entnehmen und es dann fünfzehn Monate lang einfrieren. Danach ist es eine einfache Angelegenheit, seine Witwe oder eine freiwillige Mutter damit zu befruchten. Dann wird ein anderer Mensch in seine Form und sein Fleisch hineinwachsen, und ich werde etwas zum Hassen haben, wenn er alt genug ist, ein Mann zu sein.
    Die Menschen denken in der stillsten Stunde der Nacht darüber nach, wer sie sind. Ich trage diesen Gedanken in mir, das Geheimnis des Kindes und seine Angst vor diesem Gedanken, diese Unermesslichkeit spüre ich jede Sekunde meines Lebens in der Seele.
    Ich habe meinen Eisenschreibtisch, den ich drei Stockwerke hochgeschleppt habe, mit Seilen und Keilen. Ich habe meine Stifte, die ich mit einem Schälmesser anspitze. Es gibt tote Sterne, die immer noch scheinen, weil ihr Licht in der Zeit gefangen ist. Wo stehe ich in diesem Licht, das streng genommen nicht existiert?

4
    Die Limousine war ein beeindruckender Anblick unter der Straßenlaterne, von verdellter Comic-Qualität, ein Panel mit einem Auto, es fühlt und spricht. Die Opera Lights waren an, zwölf pro Seite, in Vierergruppen zwischen den Fenstern platziert. Der Fahrer stand hinten und hielt die Tür auf. Eric stieg nicht sofort ein. Zuvor betrachtete er den Fahrer. Das hatte er noch nie gemacht, und er brauchte eine Weile, um den Mann zu erkennen.
    Der Mann war schlank und schwarz, mittlere Größe. Er hatte ein längliches Gesicht. Ein Auge, das linke, war unter dem tief durchhängenden Lid schwer zu finden. Der untere Rand der Iris war sichtbar, in einer Ecke eingeschlossen. Der Mann hatte eine Geschichte, eindeutig. Im Weiß seiner Augen gab es

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