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Cosmopolis

Cosmopolis

Titel: Cosmopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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dass das Spiel aufhörte, na dann vielen Dank für diesen glücklichen Zufall im Mondschein.
    Er zögerte unmerklich und dachte, er sollte zurücklaufen und die Waffe holen.
    Er hatte die Waffe ins Gebüsch geworfen, weil er wollte, dass, was immer passieren würde, auch passierte. Pistolen waren kleine, praktische Dinger. Er wollte der Macht vorherbestimmter Ereignisse vertrauen. Die Tat war vollbracht, die Pistole musste weg.
    Er erklomm den Maschendrahtzaun und riss sich die Hose an der Tasche auf.
    Er hatte die Waffe hastig weggeworfen, aber das hatte sich fantastisch angefühlt. Mann weg, Waffe weg. Zu spät, es sich jetzt noch anders zu überlegen.
    Er sprang auf den Boden und ging in Richtung Eisenzaun. Er fragte sich nicht, wer Nancy Babich war, und er glaubte nicht, dass Torvals Kode-Entscheidung den Mann menschlicher machte oder verspätetes Bedauern erforderte. Torval war sein Feind, eine Bedrohung seiner Selbstachtung. Wenn man einen Mann dafür bezahlt, dass er einem das Leben erhält, erringt er einen psychologischen Vorteil. Es hing mit der glaubwürdigen Bedrohung und dem Verlust seines persönlichen und seines Firmenvermögens zusammen, dass Eric sich so frei entfalten konnte. Torvals Ende räumte die Nacht frei für tiefere Auseinandersetzungen.
    Er kletterte über den Eisenzaun und ging zum Auto. Ein Mann aus dem vergangenen Jahrhundert spielte an der Ecke Saxophon.

Benno Levins Bekenntnisse
    MORGEN
    Ich lebe jetzt offline. Ich bin aufs Minimum reduziert. Ich schreibe das an meinem Eisenschreibtisch, den ich über den Bürgersteig und in dieses Haus hineingeschoben habe. Ich habe mein Trimmrad, bei dem ich mit einem Fuß wirklich trete, mit dem anderen simuliere.
    Ich habe vor, aus meinem Leben mithilfe dieser Seiten, die ich schreibe, einen öffentlichen Akt zu machen. Das wird eine spirituelle Autobiografie, die Tausende von Seiten lang wird, und der Kern der Arbeit lautet, entweder ich spüre ihn auf und erschieße ihn oder nicht, mit der Hand und mit Bleistift geschrieben.
    Als ich noch Angestellter war, hatte ich kleine Konten bei fünf großen Banken. Von den Namen großer Banken wird einem atemlos im Kopf, und überall in der Stadt haben sie Filialen. Ich ging früher zu verschiedenen Banken oder zu Filialen derselben Bank. Ich hatte Phasen, da bin ich bis in den Abend hinein von einer Filiale zur nächsten gegangen, habe mein Geld zwischen den Konten hin- und herbewegt oder nur meinen Kontostand geprüft. Ich gab Kodes ein und las aufmerksam Zahlen. Die Maschine begleitet uns bei den Schritten. Die Maschine sagt: Ist das richtig? Sie lehrt uns, in logischen Abschnitten zu denken.
    Ich war kurz mit einer behinderten Frau verheiratet, die ein Kind hatte. Ich schaute mir immer ihr Kind an, das kaum aus dem Säuglingsalter heraus war, und dachte, ich wäre in ein tiefes Loch gefallen.
    Damals unterrichtete ich und hielt Vorlesungen. Vorlesungen ist nicht das richtige Wort. Ich springe in Gedanken von einem Thema zum andern. Ich will hier nicht so schreiben, dass ich Lebensdaten aufsage, Eltern, Ausbildung. Ich will aus den Worten auf der Seite erstehen und etwas tun, jemandem wehtun. Ich bin im Stande, jemandem wehzutun, und das war mir nicht immer bewusst. Der Akt und die Tiefe des Schreibens werden mir sagen, ob ich dazu fähig bin.
    Ehrlich gesagt möchte ich, dass Sie mich verstehen. Ich gebe mein knappes Bargeld jeden Tag für abgefülltes Wasser aus. Das ist zum Trinken und Waschen. Ich habe meine Toilettenarrangements, meine Anlaufstellen, wo ich Stammkunde bin, für Essen zum Mitnehmen und meinen Wasserbedarf in einem Haus ohne Wasser, Heizung oder Licht, abgesehen von dem, was ich mitbringe.
    Es fällt mir schwer, direkt zu Menschen zu sprechen. Früher versuchte ich immer, die Wahrheit zu sagen. Aber es fällt schwer, nicht zu lügen. Ich lüge Menschen an, weil das meine Sprache ist, so rede ich. Es ist die Temperatur im Kopf des Menschen, der ich bin. Ich ziele nicht mit Bemerkungen auf denjenigen, mit dem ich rede, sondern versuche, ihn zu verfehlen oder mit meinem Blick eine Bemerkung sozusagen von seiner Schulter abprallen zu lassen.
    Nach einer Weile fand ich das allmählich befriedigend. Ich war nie im Stande zu meinen, was ich sagte. Jede unnötige Lüge war ein anderer Weg, um einen Menschen aufzubauen. Das sehe ich jetzt deutlich. Niemand konnte mir helfen außer mir selbst.
    Ich habe die ganze Zeit die Live-Video-Einspielung von seiner Website angeschaut. Stundenlang,

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