Cosmopolitan zum Frühstück
“Es läuft was, aber ich weiß nicht, wie ich es nennen soll.”
Renata betrachtete sie voll Mitgefühl. “Egal. Ich freue mich jedenfalls, dass du es geschafft hast, seine raue Schale zu sprengen. Nur wenigen Frauen gelingt das. Er ist so ein toller Kerl, aber nur wenige Menschen lässt er nahe genug an sich heran, um das zu erkennen.”
“Das habe ich gemerkt.”
“Sprich ihn doch mal darauf an. Tief im Herzen, wo die Männer nicht so gern nachforschen, weiß er es nämlich genau. Vielleicht bist du ja diejenige, die ihn dazu bringen kann, ein wenig nachzubohren.
Ich
kann’s nicht! Bei mir heißt es sofort: Scher dich um deinen eigenen Kram!”
“Und er wagt es,
dich
als Tyrann zu bezeichnen?” Melanie kicherte.
“Er hat dir also
doch
was Persönliches erzählt? Dann sieh mal zu, was du sonst noch aus ihm rauskitzeln kannst … an Enthüllungen, meine ich.” Renata war rot geworden. “Entschuldige, ich habe sonst nichts gegen kleine Anzüglichkeiten, aber wo es um meinen Bruder geht …”
Dann sollte Melanie sich über die Einzelheiten ihrer Beziehung zu Jacob besser in Schweigen hüllen. Sie wechselte das Thema. “Du bist sicher nicht gekommen, um über deinen Bruder zu reden.”
“Nein, eigentlich wollte ich dich fragen, ob es möglich wäre, für gUIDANCE-gIRL eine Datenbank zu erstellen.”
Endlich hatte Melanie wieder Boden unter den Füßen. “Kein Thema”, antwortete sie und wünschte sich insgeheim, sie könnte dasselbe über Renatas Bruder sagen.
Jacob starrte auf die E-Mail, die er total vergessen hatte, als Melanie angefangen hatte, sich zu entblättern. Die schwarzen Buchstaben auf dem Bildschirm enthielten seine gesamte Zukunft. Equity Beat, eine New Yorker Agentur, bat darum, den Termin für ihr Treffen vorzuverlegen und, wenn möglich, um ein bis zwei Tage zu verlängern. Was für eine Frage!
Sie konnten ihn so lange haben, wie sie wollten. Asa, der bis dahin zurück sein sollte, würde für ihn einspringen müssen. Nur schade, dass Melanie nicht mitkommen konnte. Gemeinsam hätten sie den Big Apple unsicher gemacht. Vielleicht waren sogar die Mets in der Stadt. Ob Melanie sich für Baseball interessierte?
Was dachte er sich eigentlich? Er musste geschäftlich verreisen, nicht um irgendwo eine Nummer zu schieben. Wenn er es nicht ein paar Wochen ohne diese Frau aushalten konnte, sollte er mal über eine Therapie nachdenken. Aber die brauchte er nicht. Er hielt es monatelang ohne Frau aus, ein Jahr wäre es beinahe gewesen. Seine Kumpels brauchten das nicht zu wissen, aber Melanie würde er es vielleicht verraten, irgendwann, wenn es an der Zeit war, sich über ihre Vorgeschichte auszutauschen.
Stopp!
Er stieß sich von der Tischkante ab und ließ den Stuhl zurückrollen.
Das geht zu weit!
Man könnte fast meinen, er habe vor, sich dauerhaft zu binden. Dabei war es eine allseits bekannte Tatsache, dass man nicht beides haben konnte, Frau und Karriere.
Jedenfalls nicht bei einer Karriere, wie sie Jacob vorschwebte, mit der Freiheit, jederzeit die Zelte abzubrechen, wenn sich anderswo eine bessere Gelegenheit bot.
Er hatte nicht gelogen, als er behauptet hatte, er würde sich nicht am Gängelband halten lassen. Er war sein eigener Herr, nicht der Sklave von irgendetwas oder irgendjemandem. Vor langer, langer Zeit hatte er gelernt, sich nur auf sich selbst zu verlassen.
Gelegentlich suchte er bei Renata Rat, und in der letzten Zeit hatte er sich von der Arbeit ziemlich vereinnahmen lassen, aber das Filmen war nun mal seine Passion. Und jetzt war es auch seine Zukunft. Die gIRL-gEAR-Dokumentation entwickelte sich zum Sprungbrett für seine Karriere, ganz wie er gehofft hatte. Diese Arbeit machte Furore – er war selbst ziemlich beeindruckt, und das wollte was heißen. Dabei konnte er nicht einmal sagen, ob ihn die beteiligten Personen oder sonst irgendetwas unbewusst inspiriert hatten.
In jedem Fall war es eine absolut tolle Sache, sieben fantastische Frauen beobachten zu dürfen und dafür auch noch bezahlt zu werden. Es dürfte schwerfallen, jemals wieder einen vergleichbaren Auftrag an Land zu ziehen. Und die Sache mit Melanie, das Tüpfelchen auf dem i – damit hatte er nun überhaupt nicht gerechnet. Wenn er da gelegentlich den Blick fürs große Ganze verlor …
Den Gedanken, dass sie seine Arbeit in irgendeiner Form beeinflussen könnte, schob er sofort beiseite. Dann nämlich konnte er die Kamera gleich an den Nagel hängen. Noch eine Woche, dann war sie fort aus
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