Cosmopolitan zum Frühstück
Scherz hin oder her, der eingebildete Kerl hatte sie zu Tode erschreckt. So einfach würde er nicht davonkommen. “Wie viel ist dein Wort denn wert, Faulkner? Nimmst du es mit deiner Ehre genauso ernst wie mit deiner Arbeit?”
Er stutzte. “Was soll diese Frage?”
Sie strich die Falten glatt, die ihre Finger in den kurzen auberginefarbenen Leinenrock gekniffen hatten, und fragte sich, ob er es wohl bemerken würde. Die Farbe, nicht die Falten. “Nun, gelegentlich habe ich den Verdacht, dass du nicht ganz aufrichtig bist.”
Halb verärgert, halb argwöhnisch runzelte er die Stirn. “Dann sei so gut und verrate mir, was ich dir deiner Ansicht nach verheimliche, damit ich mich wenigstens verteidigen kann.”
“Erstens behauptest du, dass dein Job keinerlei Einfluss auf dich als Privatperson hat.”
Langsam wurde er sauer. “Dieses Thema ödet mich an.”
Sie legte die verschränkten Finger an die Tischkante und beugte sich zu ihm. “Trotzdem, mir zuliebe, bitte! Ich will ja nur hören, dass es dir egal ist, wo du in fünf Jahren mit deiner Karriere stehst und wie du es dahin schaffst. Ich will hören, dass du ein Künstler bist ohne jeglichen Sinn fürs Geschäft. Sieh mir in die Augen, und bestätige mir das, dann will ich dir auch glauben.”
Und mich von nun an mit dem Sex begnügen.
Er ließ den Blick durch den Raum schweifen, als wüsste er nicht, was oder ob er überhaupt antworten sollte. Seine Finger spielten mit dem Weinglas. Auf einmal sah er sie an. Seine Miene war nichtssagend, leer. “Du scheinst zu viel Zeit mit meiner Psychologen-Schwester zu verbringen.”
Er lenkte ab und leugnete nicht einmal. Melanies Herz sank. “Warum? Weil ich nichts von der menschlichen Natur verstehe?” Sie überlegte, ob sie ein drittes Glas Wein bestellen sollte. Jacobs finsterer Blick war damit vielleicht leichter zu ertragen.
Seine Stimme war nur noch ein raues Wispern. “Tu mir das nicht an, Melanie”, flehte er, “mach nicht kaputt, was wir haben.”
“Was soll ich nicht tun? Versuchen, mich mit dir zu unterhalten?”
“Analysieren, alles auseinandernehmen.”
“Und was genau mache ich kaputt, wenn ich versuche, dich besser zu verstehen?”
“Muss ich dir das wirklich erklären?”
Sie wartete eine Sekunde, sah ihm tief in die Augen und wünschte, sie würde dort mehr entdecken als nur Bedauern. Was bedauerte er denn? Sich überhaupt mit ihr eingelassen zu haben? Die Tatsache, dass sie ihn außerhalb des Betts genauso mochte wie drin? Oder dass sie sich in einen Mann verliebt hatte, der niemals seine Ziele und Überzeugungen ihrem starken Willen unterordnen würde?
Dass er ihre Liebe nicht wollte – auch wenn sie nicht beabsichtigte, sie ihm anzubieten –, tat unbeschreiblich weh. Sie packte ihre Handtasche. “Das kannst du dir sparen. Da gibt es nämlich nichts zu erklären, stimmt’s?”
Jacob war auf den Beinen und quetschte sich auf ihrer Seite in die Bank, ehe sie überhaupt hochkam. Somit war ihr der Fluchtweg versperrt. Sie hatte keine Lust, hier zu sitzen und mit ihm zu diskutieren oder zu schmollen. Aber offensichtlich saß sie hier fest.
“Das kannst du nicht ab, wie?”, fragte er. Er kniete mit einem Bein auf der Bank, sodass er sie ansehen konnte. Seine Finger spielten mit ihrem Haar.
“Dass du meine Frisur durcheinanderbringst? Ja!”, schimpfte sie. Trotzdem rückte sie keinen Zentimeter von ihm weg. Und er ließ ihr Haar nicht los.
“Die Webcam-Vorstellung. Du würdest sie jetzt am liebsten rückgängig machen.”
Wie konnte jemand, der so intelligent war, so dämlich sein? Aber wenigstens war Sex ein sichereres Thema als Liebe. “Wenn du sie tatsächlich zum Download zur Verfügung stellst, ja.”
Die Hand wanderte an ihren Nacken und begann, die angespannten Muskeln zu lockern. “Kein Download, versprochen. Die Bilder gehören mir allein … außer du möchtest sie gern mit mir zusammen ansehen. Wir könnten den Wein zu mir mitnehmen.”
Sie schüttelte den Kopf. Als Jacobs Finger ihre Schulter berührten und ihren Nacken streichelten, überlief sie ein Schauder. Ihre Brüste begannen zu kribbeln, und sie war froh, dass der Raum nur spärlich beleuchtet war und ihr Top locker fiel. Plötzlich ging ihr auf, dass er sie in seine Wohnung eingeladen hatte. Natürlich zum Sex, aber das war doch eine Art Fortschritt. “Nein danke, ich vergesse lieber, dass diese Aufnahme existiert.”
“Wieso?” Er rutschte näher zu ihr, und es erforderte geradezu
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