Cottage mit Aussicht
verzweifelt herbei. Sie war verzweifelt, aber seine Schwester und er sollten das nicht erfahren.
Also steckte sie ihre ganze Fürsorge in sein Haus. Es wurde zu ihrer Leidenschaft und war schließlich wichtiger für sie als alles andere. Sie hatte noch nie zuvor eine Arbeit mit solchem Elan in Angriff genommen, nicht einmal, als es um ihr eigenes kleines Cottage gegangen war. Auf ihrem Zeichenbrett steckten jetzt mehrere Lagen Grundrisse, verschiedene Aufrisse und Detail-Skizzen, die Rob vielleicht würde übernehmen wollen, vielleicht auch nicht. Anna hatte sorgfältig alle verbliebenen Tragebalken abkopiert, sodass sie im Falle eines Falles Schablonen für deren Ersatz besaß. Sie hatte sogar die verbliebenen Bodenfliesen abgezeichnet, sodass sie in dem gleichen komplizierten Muster reproduziert werden konnten. Persönlich hätte sie etwas Schlichteres vorgezogen, aber es war sein Haus, und sie wollte ihm alle Möglichkeiten präsentieren. Rund um ihren Schreibtisch stapelten sich Nachschlagewerke, die sie nicht eingelagert hatte - sie musste instinktiv gewusst haben, dass sie sie benötigen würde.
Anna konnte nicht erraten, welche der verschiedenen Epochen, denen das Haus entsprungen war, Rob würde erhalten wollen, daher fertigte sie Entwürfe für alle drei an.
Sie arbeitete bis spät in die Nacht hinein, nahm das Verstreichen der Zeit kaum wahr und verfiel in ihre alte Gewohnheit, Schokolade und wahllos zusammengestellte Mahlzeiten zu essen. Chloe, die glücklicherweise mit verschiedenen Sommerereignissen der Schule und der Spielgruppe beschäftigt war, hatte sie kaum zu Gesicht bekommen.
Am vierten Tag zwang sie sich, eine grobe Schätzung der Kosten vorzunehmen. Solange sich kein Bauunternehmer das Projekt und die Pläne ansah, konnte sie die Summe nur ansatzweise überschlagen, aber selbst bei der optimistischsten Schätzung erschien es ihr wahrscheinlich, dass die Arbeiten etwa genauso viel kosten würden wie ein kleines Siedlungshaus.
Es wäre viel billiger gewesen, die Ruinen abzureißen und darauf ein vollkommen neues Haus zu errichten. Es war ein zutiefst niederschmetternder Gedanke, doch heutzutage konnte man ein Haus von der Pike auf neu erbauen und trotzdem so aussehen lassen, als stammte es aus einer älteren Zeit. Rob würde einen voll qualifizierten Architekten benötigen, da ihre Ausbildung nur den ersten Teil abdeckte, aber alles war möglich. Insbesondere, da sie durchaus bereit war, den Kauf ihres neuen Hauses aufzuschieben und ihr gesamtes Geld in Robs Haus zu stecken. Dann wurde ihr klar, dass er ihr das wahrscheinlich nicht gestatten würde, und vermutlich würde er damit recht haben.
Es gab keine andere Lösung, sie musste einen Bauunternehmer konsultieren. Rob hatte ihr vor Wochen selbst einen Namen genannt. Sie würde den Mann anrufen und ein Treffen vor Ort mit ihm abmachen. Außerdem brauchte sie einen Statiker, einen Bauingenieur. Und vielleicht auch Eric, den sie inzwischen kannte und dem sie vertraute. Sie hoffte, dass die Betroffenen ihr aus reiner Herzensgüte helfen würden.
Obwohl sie sich mit Haut und Haaren Robs Haus verschrieben hatte, konnte sie eine gewisse Kränkung darüber, bisher nicht von ihm eingeladen worden zu sein, nicht unterdrücken. Sie konnte seine Schwester dafür nicht verantwortlich machen, da Cassie sie unmissverständlich aufgefordert hatte, sie einmal zu besuchen. Ob Rob nicht wollte, dass sie ihn in seiner angeschlagenen Verfassung zu Gesicht bekam?
Aber vielleicht wollte er sie einfach nicht sehen. Möglicherweise hatte sie sich das alles zwischen ihnen nur eingebildet. Oder beruhten ihre Gefühle für ihn nicht auf Gegenseitigkeit? Hatte er sie nur geküsst, weil es ein schöner Sommertag gewesen und weil sie eine Frau war. Darüber hinaus hatte sie an jenem Tag bloß ein sehr leichtes Kleid getragen. Vielleicht war das große Feuerwerk ja nur in ihrem Innern explodiert?
Entschlossen schob sie diese negativen Gefühle beiseite. Sie hatte sich geirrt, was Max betraf, aber in Rob irrte sie sich nicht, davon war sie überzeugt. Also vergrub sie sich in ihre Pläne und erledigte Telefonanrufe. Es war nicht ganz einfach, einen Termin auszumachen, der allen Beteiligten - Statiker, Bauingenieur und Eric - passte, doch schließlich hatte sie auch diese Hürde genommen.
Es war ein wahrhaft bezaubernder Sommermorgen, als Anna sich auf den Weg zu Robs Haus machte. Elf hektische Tage waren verstrichen, seit sie ihn im Krankenhaus besucht hatte. Sie
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