Cottage mit Aussicht
aufstecken müssen.« Sie förderte einen Clip zutage und zauberte Anna mit einigen knappen Handbewegungen eine Hochfrisur. »Oder du musst sie abschneiden lassen. Und du brauchst ordentliche Schuhe und etwas Schmuck, aber im Wesentlichen ist es ein absolutes Wow!«
Anna musterte sich im Spiegel. Sie war kaum wiederzuerkennen. Mit aus dem Gesicht gekämmtem Haar sah sie überhaupt nicht mehr aus wie sie selbst. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um die Wirkung von hohen Absätzen nachzuahmen. »Donnerwetter, ich sehe fast weiblich aus.«
»Das Kleid müsste eigentlich eine Nummer kleiner sein, um deine fabelhafte Taille zu betonen«, meinte Chloe. »Ich habe es kurz nach Harrys Geburt gekauft, als ich mein Gewicht noch nicht ganz wiederhatte.«
Anna drehte sich voller Staunen hin und her. Sie sah so anders aus. »Findest du, dass ich in diesem Kleid sexy aussehe?«
»Hmm. Eindeutig.« Chloe hielt inne. »Dann willst du also doch sexy aussehen.«
»Natürlich. Es ist eine Party.«
Chloe bedachte sie mit einem argwöhnischen Blick, und Anna fragte sich, wie um alles in der Welt sie Max noch wegerklären sollte, falls er durch einen wunderbaren Zufall mehr tun sollte, als sie nur anzusehen. »Ich möchte mich einfach mit meinen alten Freunden gut amüsieren. Und du hast recht, sie sollen nicht denken, ich hätte jedes Interesse an meinem Äußeren verloren.«
»In Ordnung«, sagte Chloe nach einer nachdenklichen Pause. »Also, was willst du wegen deiner Hände unternehmen?«
»Was meinst du?« Anna betrachtete sie. »Sie waschen? Mir die Nägel lackieren?«
»Du wirst dir ganz eindeutig die Nägel lackieren und die Hände waschen und dir eine Maniküre gönnen, aber sie sind trotzdem ein wenig ...«
»Was?«
Beide betrachteten sie Annas ausgestreckte Finger.
»Hm, lass es mich mal so ausdrücken«, erwiderte Chloe. »Man sieht, dass du mit Hammer und Nägeln umgehen kannst.«
Anna unterzog ihre Hände einer genaueren Musterung. Sie hatte im Grunde nie viel über sie nachgedacht. Sie trug keine Ringe, weil diese nicht zu den Zimmermannsarbeiten und den anderen Verrichtungen passten, mit denen sie sich Tag für Tag beschäftigte. Jetzt bemerkte sie allerdings, dass die Nägel alle unterschiedlich lang waren und mit einer ansehnlichen Menge Farbe verschmiert. Außerdem stach ihr ein alter Schnitt am Daumen ins Auge, wo ihr eine Säge weggerutscht war. Alles in allem hatte sie eher die Hände eines Arbeiters als die einer Femme fatale. »Du hast recht, sie verderben die Gesamtwirkung ziemlich.«
»Nun, du brauchst nicht zu verzweifeln. Es gibt noch eine Menge, was wir vor der Party schaffen können. Wann findet sie denn statt?«
»In etwa zehn Tagen - am übernächsten Samstag.«
»Also, wenn du reichlich Handcreme benutzt, Gummihandschuhe trägst und dir von mir eine Maniküre verpassen lässt ...«
»Chloe, ich habe eine Unmenge zu tun. Ich kann nicht in Gummihandschuhen oder mit Handcreme arbeiten. Ich werde, was meine Nägel betrifft, alles tun, was möglich ist, aber ...«
»Ich hab's!«, rief Chloe begeistert. »Handschuhe!«
»Ich habe doch gesagt, ich kann nicht ...«
»Nicht Gummihandschuhe, du Idiotin! Lange, sexy schwarze Handschuhe. Aus Samt, falls wir kein Glaceleder bekommen können.«
»Was uns nicht gelingen wird. Und das ist auch gut so, da ich nichts von dieser Idee halte.«
»Also gut, dann eben Samt. Ich werde die Secondhandläden abgrasen, und wenn wir dort keine fingen, werden wir nach Cheltenham fahren. Ich kenne einen Laden, der solche Accessoires verkauft. Bei der Gelegenheit könnten wir auch gleich nach Schmuck Ausschau halten. Oh, das wird ein Spaß! Ich wünschte wirklich, ich hätte ein Mädchen.«
»Mit Jungen bist du besser dran. Mädchen wollen nämlich die hübschen kleinen Kittelkleider mit dem kratzigen Kragen, die ihre Mütter ihnen aufzuzwingen versuchen, ganz bestimmt nicht anziehen. Lass es dir von mir gesagt sein, ich weiß Bescheid.«
Chloe lachte. »Ich wette, Laura hat sie getragen.«
»Nicht lange. Als sie ihre brave Phase hinter sich hatte, hat sie rebelliert. Doch ihr ist es tatsächlich gelungen, unsere Mutter glauben zu machen, all diese neuen Kleidungsstücke seien ihre Idee gewesen. Laura ist ein Genie, wenn es darum geht, ihren Willen durchzusetzen. Es ist überraschend, dass sie so nett ist.«
»Und was war mit deinem Vater?«, fragte Chloe.
»Mum ist sehr jung Witwe geworden. Ich glaube, das war die Zeit, in der sie von Freunden und
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