Cottage mit Aussicht
aufgelegt. Laura und Chloe hatten sie davon überzeugt, dass es sinnvoll war, sich vor der Party am Abend an das Gefühl zu gewöhnen. Jetzt betrachtete sie ihre Gesichtszüge, hochzufrieden, sich bisher nicht die Augen gerieben zu haben. Außerdem stellte sie fest, dass der Kohlstift, den Laura ihr aufgeschwatzt hatte, und der nur zaghaft aufgetragene Lidschatten ihr durchaus standen. Beide Dinge befanden sich jetzt in Annas Kulturbeutel, zusammen mit Lauras Concealer, dessen Benutzung Anna ausgesprochen schleierhaft war, und verschiedenen anderen Schönheitsverstärkern.
Ja, Make-up hatte durchaus einen Sinn, vor allem half es Anna, sich selbstbewusster zu fühlen.
Laura und Chloe waren an diesem Morgen beinahe an ihr verzweifelt. Chloe war vorbeigekommen, angeblich, um Anna eine Ersatzstrumpfhose zu leihen, obwohl sie in Wirklichkeit den Schminkprozess verfolgen wollte, an dem sie großen Gefallen gefunden hatte. Anna hingegen fand nur ihre Ausflüge zum Zahnarzt eine Spur vergnüglicher.
»Ich verstehe dich nicht!«, hatte Chloe erklärt. »Du greifst völlig unbefangen nach einer elektrischen Säge und machst dich über kostbare Bretter her ...«
»Nicht unbefangen! Ich habe sie ungefähr zwanzig Mal abgemessen und eine Schablone aus Karton angefertigt!«
»Und trotzdem wirst du, sobald du dich mit einem Schminkpinsel konfrontiert siehst, plötzlich zimperlich und feige«, beendete Chloe ihren Satz.
»Das ist etwas anderes«, murmelte Anna.
»Make-up lässt sich abwaschen!«, erklärte Laura. »Und jetzt schließ die Augen.«
Aber Anna wusch sich die Schminke in der Damentoilette nicht ab, wie sie es sich vorgenommen hatte, weil es ihr gefiel, sich einmal anders zu fühlen. Stattdessen machte sie sich auf den Weg zur U-Bahn.
Erst als sie im Foyer des Hotels auf eine Gruppe ihrer College-Freundinnen traf, wurde ihr bewusst, wie viel Rivalität bei solchen Wiedersehensfeiern im Spiel war. Es gab verschiedene Methoden, Ansehen zu gewinnen, und Anna bezweifelte, sich bisher auch nur in einem einzigen Punkt ausgezeichnet zu haben. Sie hatte keinen atemberaubenden Job, machte kein Aufbaustudium für einen weiteren Abschluss und war nicht verheiratet.
Chrystal, der Anna nie besonders nahe gestanden hatte, protzte mit einem Verlobungsring mit einem gewaltigen Saphir neben einem Ehering aus Platin. »Er macht irgendetwas mit Immobilien, aber ich bin mir nicht sicher, was genau das ist. Hier ist ein Foto von ihm.« Sie förderte ein Hochzeitsfoto zutage, auf dem sie der Liebreiz in Person war, mit perfekt geformten und gebräunten Armen und einem Ehemann, der genauso perfekt war, wenn man den Mangel an Kinn übersah.
»Wow!«, rief Anna, die nicht wusste, was sie sonst hätte sagen sollen.
»Und was ist mit dir, Anna?«, fragte Chrystal, während sie das Foto in ihrer Chanel-Tasche verstaute. »Hast du einen Ehemann oder einen Partner?«
»Ich habe einen Hund«, antwortete sie. Plötzlich vermisste sie Caroline ungemein.
»Ach ja?«, sagte eine andere Freundin, die Chrystal ebenfalls nicht besonders zu mögen schien. »Ich liebe Hunde.«
»Also, bist du verheiratet, Zara?«, fragte Anna in der Hoffnung, nicht der einzige Single in der Gruppe zu sein, obwohl sie alle noch ziemlich jung waren.
»Oh Gott, nein! Ich bin katastrophal, was Beziehungen angeht. Ich hoffe, heute Abend eine alte Flamme wiederzusehen. Ich habe immer furchtbar für Max Gordon geschwärmt.«
Anna versuchte zu lächeln. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich an ihn erinnere.«
»Er war nur ein Gastdozent, daher bist du ihm vielleicht nicht begegnet.« Zara runzelte die Stirn. »Andererseits - warst du nicht diejenige, die beim Abschlussball den letzten Tanz mit ihm getanzt hat?« Anna schluckte. »Aber vielleicht war es doch jemand anderes.«
Anna entspannte sich ein wenig. Als sie in Max' Armen gelegen hatte, hatte sie sich im siebten Himmel gewähnt und nicht darauf geachtet, wer sie vielleicht beobachtete. Sie hatte keine Ahnung, ob es Zeugen für ihren Tanz gab oder nicht.
»Gott, er war einfach umwerfend. Er brauchte nur den Mund zu öffnen, und ich hatte praktisch einen Orgasmus«, fuhr Zara fort. »Er hatte die erotischste Stimme, die mir je untergekommen ist.«
Anna konnte Zara nicht unverhohlen zustimmen, weil sie zuvor vorgegeben hatte, ihn nicht zu kennen, doch innerlich nickte sie. »Ich sollte mich wohl besser anmelden«, bemerkte sie laut. »Wie sieht denn das Programm aus?«
»Wir haben überlegt, dass wir uns
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