Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
Vorteil gebracht.«
Cassiopeia nickte. »Es ist wirklich eine erstaunliche Geschichte. Alexanders Grab wurde zur Pilgerstätte. Cäsar, Octavian, Hadrian, Caligula und ein Dutzend weitere Kaiser kamen und huldigten ihm. Es muss ein ziemlich beeindruckender Anblick gewesen sein. Eine vergoldete Mumie mit einer goldenen Krone in einem goldenen Sarg, der mit goldenem Honig übergossen war. Anderthalb Jahrhunderte lang lag Alexander ungestört da, doch dann brauchte Ptolemaios IX. Geld. Er ließ alles Gold von der Mumie abkratzen, schmolz den Sarg ein und ersetzte ihn durch einen Glassarg. Das Soma hatte insgesamt sechshundert Jahre Bestand. Der letzte Bericht über das Grab stammt aus dem Jahr 391 n. Chr.« Malone kannte den Rest der Geschichte. Die Grabstätte und die Überreste Alexanders des Großen verschwanden. Man suchte seit sechzehnhundert Jahren danach, doch die sterblichen Überreste des größten Eroberers der Antike, eines Mannes, der als lebender Gott verehrt worden war, blieben verschollen.
»Weißt du, wo die Mumie sich befindet?«, fragte er.
»Ely meinte es zu wissen.« Die Worte klangen wie aus weiter Ferne, als spräche sie mit Elys Geist.
»Glaubst du, dass er recht hatte?«
Sie zuckte die Achseln. »Wir werden dort hinfahren und uns die Sache ansehen müssen.«
»Wohin?«
Da endlich sah sie ihn mit einem müden Blick an. »Nach Venedig. Aber zunächst müssen wir uns noch das letzte Medaillon besorgen, hinter dem Viktor bestimmt schon her ist.«
»Und wo befindet sich dieses Medaillon?«
»Interessanterweise ebenfalls in Venedig.«
29
Samarkand
02.50 Uhr
Zovastina lächelte den päpstlichen Nuntius an. Dieser war ein gutaussehender Mann mit grau meliertem, kastanienbraunem Haar und neugierigen Augen. Ein Amerikaner. Monsignore Colin Michener. Er gehörte dem neuen Vatikanstab an, den der seit Jahrhunderten erste afrikanische Papst aufgestellt hatte. Der Gesandte war schon zweimal gekommen und hatte nachgefragt, ob die Föderation die Anwesenheit der katholischen Kirche in ihrem Staatsgebiet gestatten würde, doch Zovastina hatte dieses Ersuchen beide Mal entschieden verneint. Der Islam war zwar die bedeutendste Religion im Staatsgebiet, doch die Nomaden, die Zentralasien seit langem bevölkerten, hatten ihr Gesetz immer höher gehalten als die islamische Scharia. Eine geografische Isolation führte zu gesellschaftlicher und religiöser Unabhängigkeit, und Zovastina bezweifelte, dass man die Katholiken überhaupt willkommen heißen würde. Doch sie wollte etwas von diesem Gesandten, und deswegen war nun die Zeit für ein Tauschgeschäft gekommen.
Michener gab sich keine große Mühe, seine Müdigkeit zu verbergen.
»Sie sind kein Nachtmensch?«, fragte sie.
»Ist diese Zeit nicht naturgemäß dem Schlaf vorbehalten?«
»Es wäre weder zu Ihrem noch zu unserem Vorteil, wenn wir uns mitten am Tag vor aller Augen treffen würden. Ihre Kirche ist hier nicht besonders beliebt.«
»Das ist etwas, das wir gerne ändern würden.«
Sie zuckte die Schultern. »Sie würden von den Leuten verlangen, dass sie Dinge aufgeben, die ihnen seit Jahrhunderten wichtig sind. Trotz all ihrer Disziplin und ihren moralischen Geboten ist das nicht einmal den Muslimen gelungen. Sie werden feststellen, dass der organisatorische und politische Nutzen der Religion hier weit mehr gefragt ist als der spirituelle Gewinn.«
»Der Heilige Vater möchte die Föderation nicht verändern. Er bittet für die Kirche nur um die Freiheit, den Menschen ein Angebot machen zu dürfen, die unseren Glauben praktizieren wollen.«
Sie lächelte. »Haben Sie jemals eine unserer heiligen Stätten besucht?«
Er schüttelte den Kopf.
»Das sollten Sie einmal tun. Da werden Ihnen einige interessante Dinge auffallen. Die Männer küssen, reiben und umkreisen verehrte Objekte. Frauen kriechen unter heilige Steine, um ihre Fruchtbarkeit zu fördern. Und achten Sie auf die Wunschbäume und die auf den Gräbern stehenden Mongolenpfähle mit ihren Pferdehaarquasten. Amulette und Talismane sind hier sehr beliebt. Die Leute glauben an Dinge, die nichts mit Ihrem christlichen Gott zu tun haben.«
»Unter diesen Menschen gibt es eine wachsende Zahl von Katholiken, Baptisten, Lutheranern und sogar ein paar Buddhisten. Offensichtlich gibt es auch hier durchaus Anhänger anderer Glaubensrichtungen. Sollten diese nicht auch das Recht haben, ihren Glauben zu praktizieren?«
Der zweite Grund, weshalb sie sich entschlossen hatte, den Nuntius zu
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