Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
Stoffbeutel, der ebenfalls mit einer Schleife versehen war. Er sagte, ein Wassertaxi habe beides eben abgegeben, und Malone gab ihm zwei Euro Trinkgeld.
Cassiopeia packte die Schachtel aus, warf einen Blick hinein und reichte sie an Malone weiter. In der Schachtel lagen zwei Pistolen mit Ersatzmagazinen.
Er zeigte auf den Stoffbeutel. »Und was ist das?«
»Eine Überraschung für unsere Diebe.«
Das gefiel ihm ganz und gar nicht.
»Du kümmerst dich um Stephanie«, sagte Cassiopeia. »Und Viktor wird bald einem Geist begegnen.«
37
21.40 Uhr
Malone fand das Hotel Montecarlo genau da, wo Thorvaldsen ihn hingeschickt hatte. Es lag dreißig Meter nördlich der Basilika, versteckt in einer langen Gasse voller Läden und geschäftiger Cafés. Er schlängelte sich durch das lebhafte abendliche Treiben zur gläsernen Eingangsfront des Hotels und betrat eine Lobby, in der ein Angestellter aus dem Nahen Osten in weißem Hemd, Krawatte und schwarzer Hose an der Rezeption stand.
»Prego« , sagte Malone. »Englisch?«
Der Mann lächelte. »Natürlich.«
»Ich suche Stephanie Nelle. Eine Amerikanerin. Sie wohnt hier.«
Er sah seinem Gegenüber an, dass dieser sofort wusste, von wem er sprach, und fragte: »Welches Zimmer?«
Der Mann warf einen Blick auf das Schlüsselbrett. »Zweihundertzehn.«
Malone ging zu einer Marmortreppe.
»Aber sie ist nicht da.«
Er drehte sich wieder um.
»Vor ein paar Minuten ist sie auf den Platz hinausgegangen. Um ein Eis zu essen. Sie hat gerade eben den Schlüssel hier abgegeben.« Der Rezeptionist hielt ein schweres Messingschild hoch, in das eine 210 eingraviert war.
Wie einfach es doch in Europa war, an Informationen zu kommen. In den USA hätte ihn diese Auskunft mindestens hundert Dollar gekostet. Doch das Ganze kam ihm irgendwie seltsam vor. Thorvaldsen hatte gesagt, dass Washington den Kontakt mit Stephanie verloren habe. Obwohl sie offensichtlich eben noch im Hotel gewesen war und als Agentin des Magellan Billet immer ein Handy dabeihatte, mit dem man weltweit mobil telefonieren konnte.
Und doch hatte sie gerade eben in aller Ruhe das Hotel verlassen, um ein Eis essen zu gehen?
»Haben Sie eine Ahnung, wo sie sein könnte?«
»Ich habe sie zur Arkade geschickt. Vor dem Dom. Dort gibt es leckeres Eis.«
Er mochte das Zeug auch. Warum also nicht?
Sie würden zusammen Eis essen gehen.
Cassiopeia wartete in der Nähe der Stelle, an der der schlammige Kanal in die Lagune mündete, nicht weit von Torcellos Wasserbushafen. Ihr Instinkt sagte ihr, dass Viktor und sein Helfer hier in den nächsten Stunden auftauchen würden.
Dunkelheit umhüllte die Insel.
Nur das Restaurant, in dem sie und Malone gegessen hatten, war noch offen, aber sie wusste, dass es in einer halben Stunde schließen würde. Sie hatte auch die beiden Kirchen und das Museum überprüft. Alles war abgeschlossen, und die Angestellten hatten vor einer Stunde den Wasserbus genommen.
Durch den dichter werdenden Nebel, der sich über die Lagune legte, sah sie Boote, die scheinbar kreuz und quer übers Wasser fuhren, sich in Wirklichkeit aber an markierte Fahrrinnen hielten, die im flachen Wasser die Straßen darstellten. Wenn sie ihr Vorhaben umsetzte, würde sie ein moralisches Prinzip verletzen, das sie bisher stets geachtet hatte. Sie hatte schon Menschen getötet, aber nur, wenn es unvermeidlich war. Diesmal würde es anders sein. Ein Schauer lief ihr über den Rücken.
Aber sie war es Ely schuldig.
Sie dachte jeden Tag an ihn.
Vor allem an ihre Zeit in den Bergen.
Sie sah auf die Felsmassen hinaus, die steilen Hänge, Schluchten, Klammen und Abgründe, die sich in der Tiefe verloren. Sie hatte gelesen, dass das Pamirgebirge häufig von schweren Unwettern und Erdbeben erschüttert wurde, dass es dort ständig neblig war und dass Adler dort kreisten. Einsam und verlassen lagen die Berge da. Nur ein wildes Bellen durchbrach die Stille.
»Das gefällt dir, nicht wahr?« , fragte Ely.
»Du gefällst mir. «
Er lächelte. Er war Ende dreißig und hatte breite Schultern, ein strahlendes Gesicht und schalkhafte Augen. Er war einer der wenigen Männer, die ihr das Gefühl gaben, ihr intellektuell ebenbürtig zu sein, was sie sehr schätzte. Er hatte sie so vieles gelehrt.
»Dass ich hierherkommen kann, ist einer der großen Vorteile meiner Arbeit« , sagte Ely.
Er hatte ihr schon von seinem Schlupfwinkel in den Bergen östlich von Samarkand nahe der chinesischen Grenze erzählt, doch dies war ihr
Weitere Kostenlose Bücher