Cotton Malone 04 - Antarctica
stabilisieren. Stephanie war noch immer wütend auf Davis.
»Ich rufe meine Leute«, erklärte sie ihm.
»Ich habe schon das Weiße Haus kontaktiert.«
Er war vor einer halben Stunde verschwunden, und sie hatte sich gefragt, was er tat.
»Und was sagt der Präsident?«
»Er schläft. Aber der Geheimdienst ist auf dem Weg.«
»Wird auch Zeit, dass Sie allmählich zur Vernunft kommen.«
»Ich wollte diesen Scheißkerl schnappen.«
»Sie haben Glück, dass er Sie nicht erschossen hat.«
»Wir erwischen ihn schon noch.«
»Wie denn? Ihnen haben wir es zu verdanken, dass er längst über alle Berge ist. Wir hätten ihm Angst einjagen und ihn wenigstens so lange im Haus festhalten können, bis die Polizei eingetroffen wäre. Aber nein. Sie mussten ja unbedingt einen Stuhl durchs Fenster schmeißen.«
»Stephanie, ich habe getan, was ich tun musste.«
»Sie haben die Kontrolle über sich verloren, Edwin. Sie wollten meine Hilfe, und die habe ich Ihnen gewährt. Wenn Sie auf Ihren Tod aus sind, bitte sehr, nur zu, aber ich werde nicht da sein, um Ihnen dabei zuzuschauen.«
»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt denken, dass Sie sich Sorgen um mich machen.«
Mit Charme kam man hier nicht weiter. »Edwin, Sie hatten recht, da ist ein Mörder zugange. Aber so geht es nicht, mein Freund. Absolut nicht. Nicht einmal annähernd.«
Davis’ Handy klingelte. Er blickte aufs Display. »Der Präsident.« Er drückte eine Taste. »Ja, Sir.«
Sie beobachtete Davis beim Zuhören, und dann reichte er ihr das Handy und sagte: »Er möchte mit Ihnen sprechen.«
Sie griff nach dem Gerät und sagte: »Ihr Berater ist verrückt.«
»Erzählen Sie mir, was vorgefallen ist.«
Sie erstattete Daniels kurz Bericht.
Nachdem sie geendet hatte, sagte dieser: »Sie haben recht – Sie müssen die Kontrolle übernehmen. Edwin ist gefühlsmäßig zu stark involviert. Ich weiß über Millicent Bescheid. Das ist einer der Gründe, aus denen ich der ganzen Sache zugestimmt habe. Ramsey hat sie ermordet beziehungsweise ermorden lassen, daran hege ich keinen Zweifel. Außerdem glaube ich, dass er Admiral Sylvian und Commander Alexander getötet hat. Das zu beweisen ist allerdings eine ganz andere Sache.«
»Wir stecken möglicherweise in einer Sackgasse«, meinte Stephanie.
»So was kennen wir schon von früher. Lassen Sie uns nach einer Möglichkeit suchen weiterzumachen.«
»Warum gerate ich immer in so ein Chaos hinein?«
Daniels kicherte. »Das ist Ihr besonderes Talent. Nur damit Sie Bescheid wissen, man hat mich informiert, dass vor einigen Stunden zwei Leichen im Aachener Dom gefunden wurden. Das Innere des Doms ist durch Gewehrschüsse beschädigt worden. Einer der beiden Toten wurde erschossen, der andere ist bei einem Sturz ums Leben gekommen. Beide waren Hilfsagenten, die routinemäßig von unseren Geheimdiensten eingesetzt werden. Die Deutschen haben bei uns offiziell um weitere Informationen nachgesucht. Diese Nachricht befand sich in meinem allmorgendlichen Briefing. Ob es da wohl eine Verbindung gibt?«
Sie beschloss, nicht zu lügen. »Malone ist in Aachen.«
»Wieso wusste ich, dass Sie das sagen würden?«
»Dort geht irgendetwas vor sich, und Cotton glaubt, dass es mit dem in Beziehung steht, was hier abläuft.«
»Da hat er wahrscheinlich recht. Sie müssen hier am Ball bleiben, Stephanie.«
Sie sah Edwin Davis an, der sich einige Schritte entfernt gegen die tapezierte Wand gelehnt hatte.
Die Tür zu Herbert Rowlands Zimmer ging auf, und ein Mann, der in einem olivgrünen Arztkittel steckte, sagte: »Er ist wach und möchte mit Ihnen sprechen.«
»Ich muss los«, sagte sie zu Daniels.
»Passen Sie auf Edwin auf.«
Malone lenkte den Mietwagen die steile Straße hinauf. In der felsigen Landschaft lag zu beiden Seiten des Asphaltbandes Schnee, doch der Räumdienst hatte gute Arbeit geleistet. Malone befand sich tief in den Pyrenäen, auf der französischen Seite, in der Nähe der spanischen Grenze, auf dem Weg nach dem Dorf Ossau.
Er war früh am Morgen mit dem Zug von Aachen nach Toulouse aufgebrochen und von dort südwestwärts ins verschneite Gebirge gefahren. Als er gestern Abend DAS LEUCHTEN GOTTES EINHARD in die Suchmaske von Google eingegeben hatte, hatte er sofort erfahren, dass die Bezeichnung sich auf ein in den französischen Pyrenäen gelegenes Kloster aus dem achten Jahrhundert bezog. Die Römer, die als Erste in diese Gegend gekommen waren, hatten dort eine große Stadt
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