Cotton Malone 04 - Antarctica
Hinweise auf geologische Störungen zu sehen. Mehrere Gebäude waren eingestürzt. In den Mauern klafften Risse, und Trümmer übersäten die Straße. Er ging vorsichtig. Auf so unsicherem Gelände vertrat man sich schnell einmal den Fuß.
Etwas fiel ihm ins Auge. Es lag in der Nähe eines der sanft schimmernden, erhöhten Kristalle. Er blieb stehen. Dorothea tat es ihm nach.
Eine Kappe? Hier? An diesem Ort alter, aufgegebener Besitztümer wirkte sie sonderbar fehl am Platz.
Er trat näher.
Orangefarbener Stoff. Eindeutig eine Kappe.
Er bückte sich. Über dem Schirm war etwas eingestickt:
MARINE DER VEREINIGTEN STAATEN
NR-1A
Heilige Mutter Gottes.
Dorothea las es ebenfalls. »Unmöglich.«
Er sah in die Kappe hinein. Dort stand mit schwarzer Tinte der Name VAUGHT. Er dachte an den Bericht des Untersuchungsausschusses. Maschinistenmaat Doug Vaught. Der Mann hatte zur Besatzung der NR-1A gehört.
»Malone.«
Jemand hatte aus der Ferne seinen Namen gerufen.
»Malone.«
Es war Christl. Seine Gedanken sprangen ins Hier und Jetzt zurück.
»Wo bist du?«, rief er.
»Hier drüben.«
Stephanie begriff, dass sie aus dem Verlies entkommen mussten. Dies war der letzte Ort, der für eine Konfrontation geeignet wäre.
Von oben hörte man die Schritte einer einzigen Person, und diese entfernten sich zur anderen Seite des Hauses, weg von dem Zimmer am oberen Ende der Treppe. Daher stieg Stephanie leise die Holzstufen hinauf und blieb oben stehen. Vorsichtig spähte sie an der Wandtür vorbei, erblickte niemanden und trat hinaus. Sie gab Davis einen Wink, und dieser stellte sich auf die eine Seite der Tür zum Korridor. Sie auf die andere.
Sie riskierte einen Blick.
Nichts.
Davis ging voran, ohne auf sie zu warten. Sie folgte ihm in die Eingangshalle. Noch immer war niemand zu sehen. Sie spähte in einen Salon, und an seinem hinteren Ende bewegte sich etwas – dort, wo die Küche und die Speisesäle liegen mussten.
Eine Frau tauchte auf.
Diane McCoy.
Genau, wie Daniels gesagt hatte!
Stephanie ging direkt auf sie zu. Davis verließ seinen Platz auf der anderen Seite der Eingangshalle.
»Der Lone Ranger und Tonto«, sagte McCoy. »Sind Sie gekommen, um die Situation zu retten?«
McCoy trug einen langen Wollmantel, der vorne offen war, und darunter Hose, Bluse und Stiefel. Ihre Hände waren leer, und das rhythmische Klacken ihrer Schritte war das Geräusch, das Stephanie und Davis unten gehört hatten.
»Haben Sie beide eine Ahnung, wie viel Ärger Sie uns gemacht haben?«, fragte McCoy. »Überall rumzuschnüffeln. Und sich in Dinge einzumischen, die Sie absolut nichts angehen.«
Davis zielte auf McCoy. »Als wenn mir das nicht egal wäre. Sie sind eine Verräterin.«
Stephanie rührte sich nicht.
»Also, das ist nicht gerade nett«, sagte eine neue Stimme. Männlich.
Stephanie drehte sich um.
Aus dem Salon gegenüber tauchte ein kleiner, drahtiger Mann mit rundem Gesicht auf und richtete eine HK53 auf sie. Stephanie kannte das Sturmgewehr gut. Vierzig Schuss, Schnellfeuer, gefährlich. Sie begriff außerdem auch, wer es in der Hand hielt.
Charlie Smith.
Malone steckte die Kappe in seine Manteltasche und rannte los. Die etwa alle sechs Meter von einer Stufe unterbrochene Straße führte allmählich zu einem halbkreisförmigen Platz hinunter, auf dessen anderer Seite ein hohes, pfeilergeschmücktes Bauwerk aufragte. Quadratische Pfeiler mit Statuen und Skulpturen liefen um das Gebäude herum.
Christl stand zwischen den Pfeilern beim Eingangstor des Gebäudes, eine gesenkte Pistole in der Hand. Malone hatte ihren Rucksack durchsuchen lassen, sie selber hingegen nicht. Hätte er das getan, hätte jeder gemerkt, dass er nicht so dumm war, wie sie offensichtlich dachten, und er hatte den Vorteil nicht verlieren wollen, unterschätzt zu werden.
»Was ist los?«, fragte er außer Atem.
»Es geht um Werner. Henn hat ihn erschossen.«
Er hörte, wie Dorothea aufkeuchte. »Warum denn?«
»Denk doch mal nach, liebe Schwester. Wer erteilt Ulrich Befehle?«
»Mutter?«, fragte Dorothea als Antwort.
Sie hatten keine Zeit für eine Familiendiskussion. »Wo ist Henn?«
»Wir hatten uns getrennt. Ich bin gerade zurückgekommen, als er Werner erschossen hat. Ich habe nach meiner Pistole gegriffen und geschossen, aber Henn ist geflohen.«
»Was machst du hier mit einer Waffe?«, fragte Malone.
»Ich würde sagen, es ist gut, dass ich sie mitgenommen habe.«
»Wo ist Werner?«, fragte
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