Cotton Malone 04 - Antarctica
Malone.
»Wie vieles von dem, was heute wissenschaftlich anerkannt ist, hat genauso angefangen? Es ist nicht verrückt. Es ist die Wahrheit. Da draußen wartet etwas darauf, dass wir es finden.«
Und auf der Suche danach war sein Vater vielleicht gestorben.
Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Wir können jetzt wahrscheinlich nach unten gehen. Ich muss ein paar Dinge überprüfen.«
Er hockte sich auf ein Knie und stemmte sich vom Boden hoch. Doch sie hielt ihn auf, die Hand auf sein Hosenbein gelegt. Er hatte ihre Erklärungen angehört und war zu dem Schluss gekommen, dass sie keine Spinnerin war.
»Ich weiß zu schätzen, was Sie tun«, sagte sie, noch immer mit gedämpfter Stimme.
»Bisher habe ich noch gar nichts getan.«
»Sie sind hier.«
»Wie Sie deutlich hervorgehoben haben, ist das, was meinem Vater zugestoßen ist, mit dieser Sache hier verquickt.«
Sie beugte sich vor und küsste ihn lange genug, um ihn wissen zu lassen, dass sie es genoss.
»Küssen Sie immer gleich beim ersten Date?«, fragte er.
»Nur Männer, die ich mag.«
42
Bayern
Dorothea stand schockiert da, während Sterling Wilkersons tote Augen zu ihr aufsahen.
»Du hast ihn ermordet?«, fragte sie ihren Mann.
Werner schüttelte den Kopf. »Ich nicht. Aber ich war dabei, als es geschah.«
Er schlug die Kofferraumklappe zu. »Ich habe deinen Vater nie kennengelernt, aber man sagte mir, er und ich hätten große Ähnlichkeit. Wir lassen unsere Frauen tun, was ihnen beliebt, vorausgesetzt, wir genießen dasselbe Vorrecht.«
In ihrem Kopf überstürzten sich die Gedanken. »Woher weißt du etwas über meinen Vater?«
»Ich habe es ihm erzählt«, sagte eine neue Stimme.
Sie fuhr herum.
Ihre Mutter stand im Kirchenportal, hinter sich wie immer Ulrich Henns hoch aufragende Gestalt. Jetzt wusste Dorothea Bescheid.
»Ulrich hat Sterling umgebracht«, sagte sie in die Nacht hinein.
Werner ging an ihr vorbei. »Genau. Und ich wage zu behaupten, dass er uns alle umbringen wird, wenn wir uns nicht benehmen.«
Malone verließ das Versteck als Erster und trat wieder in die obere Galerie des Oktogons. Er blieb bei den Bronzegeländern stehen – sie waren karolingisch, wie Christl vorhin angemerkt hatte, und stammten noch aus der Zeit Karls des Großen – und blickte nach unten. Ein paar Wandleuchter brannten als Nachtlichter. Noch immer blies der Wind heftig gegen die Außenmauer, und auf dem Weihnachtsmarkt schien sich allmählich der Trubel zu legen. Er sah quer über die Galerie auf den Thron und die Fenster dahinter, durch die helles Licht auf den erhöhten Sitz fiel. Er betrachtete das lateinische Mosaik, das unten um die Wand des Oktogons herumlief. Einhards Rätsel war gar nicht so anspruchsvoll.
Dank seines Studiums der Domführer und einer klugen Frau.
Er sah Christl an. »Es gibt hier eine Kanzel, oder?«
Sie nickte. »Im Chor. Der Ambo. Er ist recht alt. Elftes Jahrhundert.«
Er lächelte. »Immer eine Geschichtslektion parat.«
Sie zuckte die Schultern. »Das ist eben das, was ich weiß.«
Er ging um die obere Galerie herum, am Thron vorbei und dann die Wendeltreppe hinunter. Interessanterweise stand das Türgitter über Nacht offen. Unten angekommen, durchquerte er das Oktogon und betrat erneut den Chor. An der Südseite, über dem Eingang zu einer weiteren Seitenkapelle, erhob sich eine vergoldete, mit einzigartigen Ornamenten geschmückte, kupferne Kanzel. Eine kurze Treppe führte hinauf. Er überstieg ein samtenes Absperrseil und ging die Holzstufen hinauf. Zum Glück fand er, wonach er gesucht hatte. Eine Bibel.
Das Buch legte er auf das vergoldete Lesepult und schlug es bei der Offenbarung des Johannes, Kapitel 21 auf.
Christl stand unten und blickte zu ihm auf, als er laut vorlas: » Da entrückte er mich in der Verzückung auf einen großen, hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott her aus dem Himmel herabkam. Sie hatte eine große und hohe Mauer mit zwölf Toren und zwölf Engeln darauf. Auf die Tore sind Namen geschrieben: die Namen der zwölf Stämme der Söhne Israels. Die Mauer der Stadt hat zwölf Grundsteine; auf ihnen stehen die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lamms. Und der Engel, der zu mir sprach, hatte einen goldenen Messstab, mit dem die Stadt, die Tore und ihre Mauer gemessen wurden. Die Stadt war viereckig angelegt und ebenso lang wie breit. Er maß die Stadt mit dem Messstab; ihre Länge, Breite und Höhe sind gleich: zwölftausend Stadien. Und er
Weitere Kostenlose Bücher