Cotton Malone 05 - Der Korse
sollte Sam handeln, so lange Lyon abgelenkt war.
»He, Arschloch«, rief Meagan aus der Dunkelheit. »Knapp daneben ist auch vorbei!«
»Und wer sind Sie?«, fragte Lyon in die Dunkelheit hinein.
Die Antwort auf diese Frage hätte Ashby auch gern gekannt.
»Das wüssten Sie wohl gerne.«
Das Echo der Steinwände machte es unmöglich, zu hören, wo die Frau stand, aber Ashby nahm an, dass es sich um dieselbe Gestalt handelte, die sie dabei gesehen hatten, wie sie die Treppe zum Chorumgang hinaufgestiegen war.
»Ich bringe Sie um«, sagte Lyon.
»Erst müssen Sie mich finden. Und das bedeutet, dass Sie den guten Lord Ashby dort erschießen müssen.«
Sie kannte seinen Namen! Wer war das?
»Wissen Sie auch, wer ich bin?«
»Peter Lyon, der Super-Terrorist.«
»Gehören Sie zu den Amerikanern?«, fragte Lyon weiter.
»Ich bin mein eigener Herr.«
Ashby beobachtete Lyon. Der Mann war eindeutig aus der Fassung gebracht. Die Pistole zeigte zwar weiter genau auf Ashby, aber Lyons Aufmerksamkeit galt der Stimme.
»Was wollen Sie?«, fragte Lyon.
»Ihren Kopf.«
Lyon kicherte. »Den wollten schon viele.«
»So sagt man. Aber ich bin diejenige, die ihn bekommen wird.«
Thorvaldsen lauschte auf den Wortwechsel zwischen Meagan und Lyon. Er begriff, was Meagan da machte. Sie schuf Verwirrung, damit Lyon irgendwann einen Fehler beging. Das war gewagt von ihr. Aber vielleicht hatte Meagan die Situation richtig eingeschätzt. Lyon musste seine Aufmerksamkeit nun zwischen drei möglichen Bedrohungen aufteilen: Ashby, Caroline und die unbekannte Stimme. Er würde eine Entscheidung treffen müssen.
Thorvaldsens Waffe blieb auf Caroline Dodd gerichtet. Er konnte nicht zulassen, dass Meagan dieses Risiko einging. Er stieß die Waffe vor und flüsterte: »Sagen Sie ihm, dass Sie hervorkommen werden.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Das sollen Sie ja nicht wirklich tun. Es ist einfach nur nötig, dass er hierherkommt, damit ich ihn erschießen kann.«
Sie schien über diesen Vorschlag nachzudenken. Schließlich hatte er ja wirklich eine Waffe.
»Na gut, Lyon«, rief Dodd endlich. »Ich komme zurück.«
Malone drängte sich durch die nächstliegende, mit sitzenden Gläubigen gefüllte Kirchenbank. Er ging davon aus, dass er mindestens eine oder zwei Minuten hatte. Langnase hatte offensichtlich geplant, den Anschlag zu überleben, was bedeutete, dass er genug Zeit für sich vorgesehen hatte, die Kirche zu verlassen. Aber die gute Samariterin, die versucht hatte, ihm seinen Ruck sack nachzutragen, hatte einen Teil dieses Zeitpolsters verbraucht.
Malone erreichte den Mittelgang und wandte sich zum Altar.
Er öffnete den Mund, um eine Warnung zu rufen, aber es kam kein Laut heraus. Jeder Alarm wäre nutzlos. Seine einzige Chance bestand darin, die Bombe wegzuschaffen.
Während er die Menschenmenge beobachtet hatte, hatte er auch die Kirche selbst genau gemustert. Neben dem Hauptaltar führte eine Treppe in einen Raum hinunter, der vermutlich eine Krypta war. Jede dieser alten Kirchen hatte doch eine Krypta.
Er sah, dass der Priester den Aufruhr bemerkte und im Gottesdienst innehielt.
Malone erreichte den Rucksack.
Er hatte keine Zeit, sich zu vergewissern, ob sein Verdacht richtig war.
Er hob das Bündel vom Boden auf – es war schwer –, rannte nach links und warf es die Treppe hinunter, wo drei Meter weiter unten eine offene Eisentür in einen schwach erleuchteten Raum führte.
Er hoffte bei Gott, dass niemand dort drin war.
»Hinwerfen«, schrie er auf Französisch. »Das ist eine Bombe. Runter auf den Boden, hinter die Bänke.«
Viele tauchten ab, andere standen einfach nur benommen da.
»Runter …«
Die Bombe explodierte.
73
Ashby atmete auf, als Lyon Caroline hörte und seine Waffe senkte.
»Setzen Sie sich auf den Stuhl«, befahl Lyon. »Und rühren Sie sich nicht.«
Da es nur einen einzigen Weg aus der Basilika gab und er es niemals schaffen würde, zu entkommen, beschloss Ashby, dass es am sichersten war, Lyon zu gehorchen.
»He«, ertönte die erste weibliche Stimme wieder aus der Dunkelheit. »Sie glauben doch nicht wirklich, dass sie herauskommt, oder?«
Lyon antwortete nicht.
Stattdessen marschierte er zum Altar.
Sam konnte nicht glauben, dass Meagan tatsächlich Lyons Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Was war mit dem Ich kann nicht passiert, das sie draußen im Regen ausgestoßen hatte? Er beobachtete, wie Lyon mit der Waffe in der Hand zwischen Reihen leerer Stühle durch den
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