Couchgeflüster
für sie und auch für keine andere Frau. Es gibt weder Zukunftspläne, noch war ich jemals verlobt. Die Sache mit Vera war nichts weiter als eine Affäre, die ich mein Leben lang bereuen werde.
Bitte, Nelly, gib mir eine Chance, dir alles in Ruhe zu erklären und alle Missverständnisse zu beseitigen. Melde dich, oder lass mich wissen, was ich tun kann, damit du mir glaubst!
Ich liebe dich
Ben
Der Brief berührt mich mehr, als ich erwartet habe. Vollkommen überzeugt hat er mich zwar nicht, aber irgendwo in meinem Hinterkopf befindet sich eine zaghafte Stimme, die mir zuflüstert, dass Ben sein Verhalten aus tiefstem Herzen bereut. Aber wieso hat er dann in der Praxis nicht gleich alles aufgeklärt? Warum hat er so verräterisch geschwiegen? Lasse ich mich vielleicht nur von seinem romantischen Werben beeinflussen?
Mist. Ich weißt überhaupt nicht mehr, was ich glauben soll.
«Willst du auch Tee?» Britta steht in der Tür und sieht mich fragend an. Dann kommt sie auf mich zu und legt mir einen Arm um die Schulter. «Ich hab es eben nicht so gemeint, Nelly. Verzeih mir. Das war unnötig.»
«Nein, du hattest recht.» Nachdenklich falte ich das Blatt zusammen und stecke es zurück ins Kuvert. «Vielleicht sollte ich wirklich erst mal in Ruhe über alles nachdenken und mein Leben sortieren.»
Ich folge ihr ins Arbeitszimmer, wo Britta die Teekanne stehen hat. Ein Blick auf den Computer zeigt mir, dass auch sie sich in der letzten Stunde intensiv mit Ben beschäftigt haben muss. Auf dem Bildschirm ist nämlich wieder die Facebook-Seite zu sehen mit den Bildern von Ben und Vera.
Ich komme nicht umhin, einen Blick daraufzuwerfen. Ben sieht wirklich gut aus, und seine grünen Augen strahlen, als ob –
Moment mal. Irgendetwas lässt mich stutzen.
«Bist du ganz sicher, dass der Typ auf dem Foto Fritz Möller ist?», frage ich Britta, die mir interessiert über die Schulter schaut.
«Hundertpro!»
«Mmm, aber irgendetwas stimmt da nicht. Irgendwie sieht er anders aus als der Ben Reuther, den ich kenne …» Und plötzlich durchfährt es mich wie ein Blitz. «Diesem Ben fehlt nämlich etwas ganz Wesentliches!»
«Was denn?», unterbricht mich Britta. «Das Wort
Idiot
auf der Stirn?»
«Quatsch. Ben hat eine Narbe rechts auf der Stirn. Aber bei diesem Mann ist nichts davon zu sehen. Er kann also gar nicht
mein
Ben sein. Möglicherweise hat er mich also doch nicht belogen», erkläre ich mit klopfendem Herzen und ärgere mich, im KaDeWe kein Foto mit meinem eigenen Handy gemacht zu haben.
«Schon mal was von Photoshop gehört?», murmelt Britta und blickt mich fragend an. «Statisten sind wie alle Menschen in dieser Branche sehr eitel. Er könnte die Narbe fürs Foto entfernt haben. Das geht ruck, zuck.»
«Möglich», gebe ich zu, doch mein krauses Gehirn spinnt schon eine neue Idee. «Aber ich weiß, wie wir herausfinden können, ob es tatsächlich mein Ben ist, der hier an Veras Busen klebt.»
25
«Und wie sollen wir das herausfinden?» Erwartungsvoll hebt Britta die Augenbrauen.
«Vielleicht sieht dieser Typ neben Vera meinem Ben ja nur ähnlich», mutmaße ich und ernte dafür einen skeptischen Blick. «Also, du bestellst diesen Fritz Möller hierher, und ich verabrede mich mit Ben zur selben Zeit in Mamas Praxis.»
«Und weiter?»
«Wenn es ein und dieselbe Person ist, muss er sich entscheiden: Karriere oder Liebe …»
«Du bist gar nicht so verpennt, wie du immer tust», grinst Britta, während wir die Telefonnummern vergleichen.
Britta hat eine Festnetz- und eine Handynummer, ich nur Bens Handynummer zu bieten. Wie wir feststellen, sind die Mobilnummern zwar nicht identisch. Aber Ben benutzt ja auch zwei Handys.
Britta erreicht Fritz Möller, und als sie von einer großen Rolle spricht, sagt er erfreut zu.
Jetzt bin ich dran.
Um bei diesem heiklen Telefonat ungestört zu sein, verziehe ich mich in mein Zimmer. Auf gar keinen Fall möchte ich von Brittas fragendem Blick gestört werden. Denn wenn ich ehrlich bin, habe ich einen riesigen Bammel vor dem Gespräch.
Als habe Ben nur auf meinen Anruf gewartet, meldet er sich nach dem ersten Klingelzeichen.
«Nelly! Endlich …», haucht er erfreut, noch bevor ich etwas sagen kann. «Wie schön …» Seine Stimme klingt unsicher. Hastig spricht er weiter. «Ich bin so froh, dass du anrufst, Nelly.»
«Ich hab den Brief gelesen», beginne ich unverfänglich.
Er räuspert sich verlegen. «Dann hast du sicher bemerkt, dass ich
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