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Couchgeflüster

Couchgeflüster

Titel: Couchgeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Becker
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Schwarz. Na ja, sie kann es sich leisten, verdient wohl nicht schlecht bei der Lufthansa. Und ich glaube, sie hat auch was von einer Erbschaft angedeutet.»
    Brittas Behauptung, dass Ben sich nur an reiche Frauen ranmacht, trifft also doch zu. Aber wozu dann diese Weiße-Möbel-Story?
    Plötzlich packt mich die Neugier. Es gelingt mir, meinen nagenden Schmerz zu verdrängen und beiläufiges Interesse vorzutäuschen. «War sicher ’ne tolle Party. Waren viele Leute da?»
    «Nur ein paar Kollegen von Vera und ich», antwortet Desiree.
    «Aber ihr Verlobter war doch bestimmt da, oder? Sie hat mir nämlich erzählt, dass sie bald heiraten wird.» Ich achte auf einen möglichst unverfänglichen Klatsch-und-Tratsch-Ton.
    «Ich kenne ihn ja leider nur von Fotos. Attraktiver Bursche.Wie hieß er denn nochmal?   … Ick globe, ick werde alt», berlinert sie lachend.
    «Jemand aus deiner Branche?», spekuliere ich, um sie zum Nachdenken zu animieren. «Ein Schauspieler vielleicht?»
    «Ja, ich glaube schon. Könnte auch ein Kameraassistent sein.»
    Verdammt! Damit verglüht der letzte Funken Hoffnung, dass alles nur ein böser Traum war.
    «Tja, schön, wenn man die große Liebe gefunden hat», seufze ich mit gequältem Lächeln.
    Desiree rollt amüsiert mit den Augen. «Ach, Nelly, wenn du auf die fünfzig zugehen würdest, wüsstest du, dass der Zug mit den Traumtypen längst vorbeigedüst ist. Dann krallst du dir den Nächstbesten, der sich nicht wehrt und   –»
    «Fünfzig?», wiederhole ich überrascht.
    «Die Gute hat noch vier Jahre, bevor sie die Schallmauer durchbricht», witzelt Desiree. «Aber es scheint ja ein Trend zu sein. Denn oft sind es die jungen Männer, die ältere Frauen wegen ihrer Lebenserfahrung vorziehen. Angeblich sind sie toleranter als die jungen Mädels, und Männer versprechen sich von so einer Beziehung vermutlich tabulosen Sex.»
    Hilfe!
    Mir wird schlecht, und ich schiebe Desiree schnell in den Umkleideraum, damit ich mir nicht noch mehr anhören muss.
    Leider ist die erste Glücksyoga-Stunde nicht so gut besucht, wie ich es mir erhofft habe. Nur vier Matten sind belegt, von Frauen unterschiedlichen Alters, die mich alle erwartungsvoll anstrahlen. Eigentlich sollte ich die gute Laune verbreiten, schließlich kann ich froh sein, dass ich nicht völlig allein hier stehe. Aber es gelingt mir nicht.
    Die Unterhaltung mit Desiree geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Ihre Schilderung von Veras scheinbar normal möblierter Wohnung und vor allem ihre Bemerkung über ungleiche Paare waren wie eine letzte Bestätigung für Bens Unehrlichkeit. Es gibt keine Entschuldigung für sein Verhalten. Er hat mich von Anfang an belogen. Und diese Erkenntnis trifft mich härter als die Fotos auf Facebook.
    Zwischen den Kommandos zu den einzelnen Übungen versuche ich, meinen flatternden Atem zu kontrollieren und meine konfuse Gemütslage mit einer Nonsens-Meditation zu beruhigen. Ich stelle mir absurde Dinge wie Blumenzwiebeln, saure Gurken oder Taucherbrillen vor und lenke meine Gedanken dadurch um. Vor allem die Vision eines Regenbogens am Gewitterhimmel funktioniert normalerweise bestens. Doch heute erscheint vor meinem geistigen Auge immer wieder ein bunter Heißluftballon am Himmel, er verwandelt sich bald darauf in ein Flugzeug, und damit landen meine Gedanken unweigerlich wieder bei Ben   …
     
    Als ich dann mittags mein Studio verlasse, vernehme ich ein dumpfes Motorengeräusch. Ich blinzle nach oben in den strahlend blauen Sommerhimmel über Berlin. Und was dort zu sehen ist, verschlägt mir die Sprache.
    Eine kleine Propellermaschine kreist über Moabit und zieht ein Transparent hinter sich her. In fettgedruckten Buchstaben steht dort:
    ICH LIEBE DICH, NELLY NITSCHE!

24
    «Du glaubst nicht, was ich gerade am Himmel gesehen habe.» Ich lasse mich auf einen der Besucherstühle fallen und starre Britta mit weit aufgerissenen Augen an.
    Sie sitzt an ihrem Schreibtisch vor dem Computer und trägt immer noch ihr geringeltes Schlafshirt. Auch ihr Haar sieht genauso zottelig aus wie heute Morgen. Dem Drehbuch und den Papierstapeln auf dem Tisch nach zu schließen, ist sie übergangslos vom Bett an den Schreibtisch gewandert.
    «Schäfchenwolken?», mutmaßt Britta, ohne vom Monitor aufzusehen.
    «Ein kleines Flugzeug   …»
    «Tatsächlich?» Britta lacht. «Deine Glücksyoga-Stunde scheint ja eine tolle Wirkung zu haben, wenn du dich wie ein Kind über so etwas freust.»
    «Nun, das würdest du auch»,

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