Cowboy - Riskanter Einsatz
Duschen. Sie wusste genau, wie er riechen würde, wenn sie ihm nahe genug käme, um seinen Duft wahrzunehmen. Erfrischend sauber und gefährlich appetitlich. Jones hatte die Macht, selbst den alltäglichen Duft billiger Seife exotisch und geheimnisvoll erscheinen zu lassen.
„Warum kommst du nicht ganz rein und setzt dich?“, fragte er ruhig. „Wenn du Hunger hast, kann ich dir was zu essen machen. Gleiche Regeln wie beim Abendessen: Wir unterhalten uns nur.“
Melody fiel wieder ein, wie oft sie mit diesem Mann ganze Nächte durchwacht hatte. Sie hatten sich gegenseitig mit Häppchen gefüttert, die der Zimmerservice gebracht hatte, und sich über Gott und die Welt unterhalten. Alles, was ihnen in den Sinn kam, wurde zum Gesprächsthema: Bücher, Filme, Musik. Sie wusste, dass er gern Stephen King las, Actionfilme mit Harrison Ford schätzte und die Countrymusik von Diamond Rio liebte. Aber sie wusste nicht warum. So ernst waren ihre Unterhaltungen nie geworden. Er hatte sich oft mitten im Satz unterbrochen, um sie zu küssen, bis sich das Zimmer um sie drehte, und sich tief in ihr zu vergraben, sodass an Reden nicht mehr zu denken war.
Er hatte ihr an diesem Abend mehr über sich selbst erzählt als während all der Tage in Paris. Sie konnte ihn sich jetzt als Jungen vorstellen: Er sah Andy Marshall sehr ähnlich, sehnte sich verzweifelt nach Anerkennung durch seinen Vater und geriet in die gleichen Schwierigkeiten, die Andy anzog wie ein Magnet. Sie hätte nur zu gern gewusst, wie es ihm gelungen war, die Kurve zu kriegen. Wie hatte er es geschafft, sich von einem jugendlichen Beinahe-Kriminellen zu diesem selbstbewussten, absolut gesellschaftsfähigen Mann zu entwickeln?
Melody betrat die Küche. „Warum setzt du dich nicht wieder hin?“, fragte sie ihn. „Ich will mir nur ein Sandwich machen.“
„Soll ich dir wirklich nicht helfen?“
„Es wäre mir lieber, wenn du dich hinsetzt. Dann weiß ich wenigstens, dass du das Handtuch nicht verlierst.“
Er lachte. „Tut mir leid. Ich hatte ehrlich nichts Sauberes mehr zum Anziehen.“
„Setz dich endlich hin, Jones“, befahl sie. Sie konnte seine Blicke im Rücken spüren, als sie Corned Beef und Senf aus dem Kühlschrank nahm und beides auf den Tisch stellte. „Am liebsten wäre mir jetzt ein warmes Roggensandwich mit Corned Beef, Sauerkraut und Schweizer Käse. Und mit reichlich Thousand-Island-Dressing. Dummerweise haben wir weder Schweizer Käse noch Thousand-Island-Dressing.“
„Salz“, erwiderte er. „Dein Körper schreit nach Salz. Aber ich habe gelesen, dass Schwangere zurückhaltend mit Salz umgehen sollten.“
„Ab und zu muss man einfach gegen die Regeln verstoßen“, erklärte Melody und nahm zwei Teller aus dem Küchenschrank.
„Wenn du willst, fahre ich los und hole dir die Sachen“, bot er an. „Es gibt doch bestimmt einen Supermarkt in der Nähe, der rund um die Uhr geöffnet hat.“
Sie musterte ihn kritisch, während sie ein Päckchen Schnittbrot aus dem Schrank nahm. „Ich stelle mir das gerade bildlich vor: du, nur mit einem Handtuch bekleidet, im Minimarkt!“
Er stand auf. „Ich ziehe meine feuchten Jeans an. Das macht mir nichts aus, glaube mir. Ich habe schon Schlimmeres mitgemacht.“
„Nein“, sagte Melody. „Danke für das Angebot, aber trotzdem nein. Bis du wieder zurück bist, ist mein Heißhunger längst verflogen.“
„Bist du sicher?“
„Ja. Das ist verrückt. Ich kriege Heißhunger auf irgendwas, und wenn das Essen dann vor meiner Nase steht, wird mir übel. Besonders, wenn die Zubereitung etwas mehr Zeit erfordert. Ganz plötzlich erregt das, worauf ich eben noch großen Appetit hatte, richtigen Widerwillen in mir. Meine Chancen, tatsächlich etwas in den Magen zu kriegen, stehen deutlich besser, wenn ich mir sofort etwas zubereiten und es schnell aufessen kann.“ Sie setzte sich ihm gegenüber an den Tisch, um genau das zu tun. „Bedien dich.“
„Danke.“ Jones ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken. Er zog sich einen Teller heran und nahm ein paar Scheiben Brot.
„Wie geht es jetzt weiter mit Andy?“, fragte Melody.
„Ich werde ihn früh hochscheuchen“, antwortete Jones und griff nach dem Senfglas. „Damit er die Freuden eines ausgewachsenen Katers so richtig genießen kann. Und dann gehen wir gemeinsam in die Stadtbücherei und schauen uns ein paar Statistiken an, die den Zusammenhang zwischen jugendlichem Trinken und späterem Alkoholismus beleuchten.“ Er schaute sie
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