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CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)

CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)

Titel: CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martyn Bedford
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Füßen. Alex beschloss, ruhig zu bleiben, nichts zu erzwingen, sondern David selbst eine Lösung finden zu lassen.
    Schließlich sagte sein Freund: »Meinetwegen um zwanzig vor zehn, in der Junkie-Ecke.«
    Er wollte erklären, was damit gemeint war, aber Alex unterbrach ihn. »Schon klar. Ich weiß, wo das ist.«
     
    Er hätte wissen müssen, was David vorhatte, aber Alex ging erst ein Licht auf, als es schon zu spät war. Er war zu abgelenkt, zu sehr damit beschäftigt, sich zu überlegen, was er sagen wollte. Er war zu vertrauensselig, weil er David als Freund betrachtete   – als seinen besten Kumpel. Weil er sich selbst als Alex sah. Für David jedoch war er nicht Alex. Er war Philip, der Psycho-Stalker.
    Deshalb kam alles zwar überraschend, aber eigentlich hätte es ihn nicht überraschen sollen. Wie die letzte Wendung am Ende eines Films, die man hätte kommen sehen können.
    Alex saß in der Junkie-Ecke und wartete auf David   – eine leichte Beute, wie auf dem Präsentierteller.
    JC, wie der Ort allgemein genannt wurde, lag hinter der Turnhalle, ein blinder Fleck zwischen mehreren Überwachungskameras, wo die ortsansässigen Dealer und Kuriere die Schüler von Crokeham Hill High mit Drogen versorgten. Bargeld und Nachschub wurden durch die Gitterstäbe des Zauns gereicht. Die Geschäfte wurden üblicherweise in der Mittagspause abgewickelt, nicht in der ersten Pause, darum war Alex ganz allein. Er hatte sich auf der Böschung ins Gras gesetzt, die Schultasche zwischen den Füßen. Als die Pause anfing, schauteer alle paar Sekunden auf die Uhr, aber David ließ sich nicht blicken.
    Um neun Uhr achtundvierzig kamen sie. Zwei Bullen, aus jeder Richtung einer. Alex konnte nicht mal mehr aufspringen, geschweige denn wegrennen.

11
     
    Sie ließen ihn ausschlafen. Seit er abgehauen war, waren nicht mal achtundvierzig Stunden vergangen. Alex kam es eher wie achtundvierzig Tage vor, andererseits aber auch so, als wäre er nie weg gewesen.
    So viel dazu, dass er nie wieder einen Fuß in dieses Haus setzen würde.
    Als er nach unten kam, saß Flips Vater mit Beagle im Wohnzimmer und schaute Tennis. Alex stand in der Tür und wusste nicht genau, wie man ihn empfangen würde. Der Hund hob den Kopf von der Armlehne, bellte einmal, dann legte er den Kopf wieder ab und schnaufte weiter. Der Vater, der um sich herum Zeitungen auf dem Sofa verstreut hatte, richtete sich auf, als wäre er bei etwas Verbotenem ertappt worden. Angesichts der dunklen Ringe unter Mr Garamonds Augen und seiner insgesamt ziemlich zerknitterten Verfassung nach der langen Fahrt nach London am Morgen zuvor und der langen Fahrt wieder zurück, nahm Alex an, dass Mr Garamond (und wohl auch seine Frau) in den vergangenen zwei Nächten nicht viel geschlafen hatten. Und das alles seinetwegen.
    »Morgen«, sagte Alex.
    »Nachmittag.« Flips Vater stellte den Fernseher stumm.»Was knurrst du denn?«, sagte er zu Beagle. »Du verstehst den Kommentar sowieso nicht.«
    »Er mag die Stimmen«, sagte Alex. »Und den Beifall.«
    Er blieb auf der Schwelle stehen. Er wusste nicht, ob das, was er über den Hund gesagt hatte, stimmte; er hatte einfach nur irgendetwas sagen wollen. Jedenfalls war es besser als die Stille, die sich unter dem Gewicht von
Dein kleiner Ausflug nach London
zum Zerreißen spannte. Gestern Abend auf der Fahrt nach Norden war nicht viel geredet worden, nur ab und zu ein kurzer Wortwechsel, der sie nicht weitergebracht hatte; dazwischen lange Passagen beklommenen Schweigens. Als sie endlich ankamen, war es zu spät; alle waren fix und fertig.
    Heute war der Tag der Aussprache. Wenn auch nicht jetzt gleich.
    »Weißt du noch, unser Urlaub in Norfolk? Das kleine Haus mit dem Tennisplatz?«, fragte der Vater. »Da hat Beagle die ganze Zeit am Netz gesessen, als wäre er der Schiedsrichter.«
    Natürlich erinnerte sich Alex an nichts dergleichen, aber er lächelte trotzdem. Flips Vater saß vorgebeugt auf dem Sofa und verschränkte die Hände. Er gab sich alle Mühe, die Situation »normal« aussehen zu lassen. Als wäre Alex   – also Philip   – ein Soldat, der mit einem schrecklichen Kriegstrauma ausgemustert und nach Hause geschickt worden war.
    »Wo   … wo ist Mum?« Mum. Er hatte sich überwunden, das Wort auszusprechen.
    »Hinten im Garten, glaube ich. Unkraut jäten.«
    Sie schauten beide auf den Fernseher, wo sich die Spieler stumm hin und her bewegten. »Ich geh mal runter«, sagte Alex. »Mach mir Frühstück. Oder

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