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CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)

CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)

Titel: CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martyn Bedford
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Mittagessen. Egal.«
    »Alles klar. Mach nur.« Mr Garamond sah beinahe erleichtert aus.
    Alex blieb noch kurz in der Tür stehen. Das Bedürfnis, sich zu entschuldigen, meldete sich wieder, aber er hatte schon so oft »Tut mir leid« gesagt, dass er es selbst nicht mehr hören konnte. Stattdessen sagte er: »Danke.«
    Stirnrunzeln. »Wofür?«
    »Dass ihr mich abgeholt habt.«
    Der Vater lachte unsicher. »Wir hätten dich ja schlecht dort lassen können, oder?«
     
    Dass sich die Garamonds so für ihn eingesetzt hatten, war Alex’ Rettung gewesen.
    Er hatte stundenlang auf der Polizeiwache in Crokeham Hill gesessen und die Bullen wollten ihre harte Tour einfach nicht aufgeben. Als Flips Eltern eintrafen, gut gekleidet, sprachgewandt und voll elterlicher Sorge, dabei höflich, mit vielen Entschuldigungen und zutiefst beschämt über das Verhalten ihres Sohnes, ließen sich die Beamten ein wenig besänftigen. Die Garamonds waren anständige Leute, das sah man auf den ersten Blick. Berufstätig, obere Mittelschicht, erschüttert darüber, was Philip getan hatte, geradezu gepeinigt von der Vorstellung, dass eins ihrer Kinder   … und so weiter. Als ihrSohn wirkte Alex gleich nicht mehr ganz so verabscheuungswürdig. Vorher war er für die Polizisten einfach nur ein x-beliebiger jugendlicher Rumtreiber mit zerschlagenem Mund aus dem Norden gewesen, der allem Anschein nach im Freien genächtigt hatte. Ein Stück Abschaum, das die Familie und Freunde dieses bedauernswerten Jungen belästigt, geradezu verfolgt hatte. Die Nachricht auf dem Anrufbeantworter in Mrs Grays Arbeit (das hatten die Bullen inzwischen herausgefunden), die Mails an David Bell und dass er ihm auf dem Schulweg aufgelauert hatte, und wie hinterlistig er sich bei den Grays eingeschlichen hatte   – was für ein Mensch tat so etwas? Anfangs war er auch noch bockig gewesen, hatte behauptet, er wüsste nicht, wie seine Eltern hießen, wie ihre Telefonnummern lauteten und wo sie arbeiteten. Sie wollten ihn unbedingt drankriegen   – wegen irgendwas: Belästigung, Eindringen in ein Privathaus unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, böswillige Verleumdung,
irgendetwas.
    Dann kam der Polizeibericht aus West Yorkshire, dass man dort noch nie Ärger mit Philip Garamond gehabt hätte; er gehe auf eine anständige Schule, war bei Lehrern und Mitschülern beliebt, ein Star der Kricketmannschaft, und auch sonst war sein Betragen unauffällig. Der Schulleiter verbürgte sich
uneingeschränkt
für ihn. Während die Polizei von Crokeham Hill noch damit beschäftigt war, diese Version des Jungen mit dem Kerl, den sie in Verwahrung hatten, in Einklang zu bringen, tauchten auch schon die Garamonds auf. Und dann derKnaller: Der mit dem Fall betraute Beamte gab bekannt, dass Alex’ Eltern von einer Anzeige absahen, um kein Aufsehen zu erregen.
    »Du bist ein echter Glückspilz, mein Junge«, hatte sich einer der Polizisten ausgedrückt.
    Nachdem Alex ein uferloses Minenfeld aus Fragen hinter sich gebracht hatte und sich dabei gar nicht wie ein Glückspilz vorgekommen war, wurde er entlassen. Man stellte ihm eine offizielle Verwarnung aus, die ihm von einem ranghohen Beamten in Anwesenheit der Garamonds vorgelesen wurde. Jede weitere strafbare Handlung in Bezug auf Alex Gray würde ihn unweigerlich vor Gericht bringen. Flips Eltern überschlugen sich geradezu, dem Polizisten für seine Nachsicht zu danken, und versicherten ihm, dass es
keine
Wiederholung geben würde. Dafür würden sie schon selbst sorgen.
    Natürlich hatte Alex gelogen. Er hatte die Polizei angelogen und die Garamonds auch.
    Die einzige halbwegs logische Erklärung für sein Handeln war, dass er durch die Medienberichte ein ungesundes Interesse an Alex Gray entwickelt hatte. Mit vierzehn, fast schon fünfzehn Jahren war Philip in einem schwierigen Alter (die Hormone spielten verrückt, er war kein Kind mehr, aber auch noch nicht erwachsen, mehr Freiheiten kollidierten mit größerer Verantwortung und so weiter). Dazu der Druck in der Schule wegen der Einstufungen, in zwei Jahren drohte die Abschlussprüfung; ein durchschnittlicher Schüler an eineranspruchsvollen Schule; Probleme mit der Freundin; ein Formtief beim Kricket, gerade als er es in die Bezirksauswahl geschafft hatte   – in letzter Zeit hatte er viel Anspannung, Verwirrung, Unsicherheit durchgemacht. Genau genommen hatte er die vergangenen Wochen und Monate ziemlich vergeigt.
    Und da war nun dieser Junge in London, Alex Gray, gleich

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