CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)
derGrund, weshalb sie sich mit ihm hatte treffen wollen, irgendwie verloren gegangen.
Rob winkte ihnen, forderte sie zum Mitspielen auf.
»War nicht so wichtig«, sagte Donna.
»Ich dachte, du wolltest …«
Donna legte ihm den Finger auf die Lippen. »Es war sehr schön heute. Versau’s jetzt nicht, okay?« Ihre Augen flehten ihn an, suchten in seinem Blick nach Bestätigung. »Ich meine, es ist toll hier. Dass wir einfach so mit Rob hergefahren sind. Was für ein genialer, geiler Tag. Und das mit uns auch. Du
.
So wie du dich verhalten hast.«
»Wie habe ich mich denn verhalten?«, fragte Alex erstaunt. Sein Mund schmeckte von der Berührung ihres Fingers nach Salz; auf seinen Lippen und der Zungenspitze waren kleine Sandkörnchen.
»Als ob … ach, ich weiß auch nicht.« Sie zuckte die Achseln. »Als hätte ich meinen alten Flip wieder.«
Es wurde schon dunkel, als sie wieder in Litchbury eintrafen. Im Auto roch es nach Fisch & Chips. Alex war so betrunken, dass ihm Rob aus dem Auto helfen musste. Er war der Letzte, der zu Hause abgeliefert wurde. Rob hatte an der Ecke gehalten.
»Ist vielleicht besser, wenn mich deine Leute nicht zu Gesicht kriegen«, sagte er.
Alex versuchte gerade zu stehen und konzentrierte sich auf die Haustür der Nummer 20. Der Schlüssel war in seiner Hand … wie war er da hingekommen? Rob.Rob musste ihm den Schlüssel in die Hand gedrückt haben. Jetzt brauchte er nur noch einen Fuß vor den anderen zu setzen, einen Fuß vor den anderen …
»Bis dann!« Alex klopfte in Richtung Robs Schuler, bekam aber nicht mit, ob er sein Ziel auch erwischte.
Am Morgen würde er überlegen, wo Rob wohl über Nacht geparkt hatte, sich vorstellen, wie er in irgendeiner Haltebucht, auf einem Campingplatz oder einem schmuddeligen Fernfahrerparkplatz hinten im Bus schlief. Am Morgen würde er sich verschwommen an das Foto erinnern, das er bei einem kurzen Blick in Robs Geldbörse gesehen hatte, als der im Schnellimbiss für alle gezahlt hatte. Emma hatte das Bild auch bemerkt.
»Wer ist das Mädchen?«, hatte sie gefragt.
Rob war für eine Nanosekunde erstarrt, hatte sich aber gleich wieder gefasst und mit traurigem Lächeln gesagt: »Lisa.« Sonst nichts. Einfach:
Lisa.
»Das Mädchen, das du zurückgelassen hast?«
»Richtig.« Rob klappte das Portemonnaie wieder zu. »Das Mädchen, das ich zurückgelassen habe.«
Am Morgen würde das alles auf Alex einstürmen, doch erst einmal hatte er genug damit zu tun, zum Haus der Garamonds zu torkeln. Er erinnerte sich aber noch an eines, was Rob zu ihm gesagt hatte, während die anderen drei auf der Heimfahrt beschwipst eingedöst waren. Alex blieb am Gartentor stehen und rief sich Robs Bemerkung ins Gedächtnis zurück, sprach sie in der Stille leise vor sich hin.
»Nutze den Tag, kapiert, Kumpel? Nutze jeden verdammten Tag!«
Rob stand immer noch unten an der Straße und wartete, bis Alex das Haus erreichte. Er hob die Hand und reckte den Daumen. Dann verschmolz er mit der Dunkelheit.
16
Als Alex am nächsten Morgen auf dem Weg zur Schule war, klingelte sein Handy. Es war Rob.
»Na, Alex, alter Kumpel, wie geht’s denn so?«
»’n bisschen ruppig.«
»Wie ruppig – auf der Skala von eins bis zehn?«
Statt einer Antwort stöhnte Alex nur ins Telefon.
»Zwölf, was? Der war gut.«
»Ich hab’s mir mit Flips Eltern wieder mal dermaßen verschissen«, sagte Alex. »Die dachten, ich bin wieder nach London abgehauen … und dann komme ich irgendwann reingetorkelt und kotze ihnen in den Flur.«
»Teppichboden oder Holzdielen?«
»Holzdielen.«
»Wo ist dann das Problem?«
Alex musste lachen. »Ich. Ich bin das Problem.«
»Wenn du ihr Sohn wärst, dann wärst du ihr Problem. Aber du bist nicht ihr Sohn, deshalb kannst du tun und lassen, was du willst.«
»Nutze den Tag.«
»Ganz genau. Nutze den verdammten Tag.«
»Flips Eltern sind eigentlich ganz nett, Rob. Das haben sie nicht verdient.«
Am anderen Ende der Leitung wurde es einen Augenblickstill. Dann sagte Rob: »Meine Leute sind auch nett. Sie haben dreieinhalb Jahre mit einem ziemlich seltsam gewordenen Sohn durchgestanden und dann haut er einfach nach England ab. Aber es ist doch so, Alex: Auch wenn ich wirklich ihr Sohn wäre
–
ihr Eigentum bin ich nicht
.
«
»Du bist ja auch schon zweiundzwanzig. Ich werde im Oktober erst fünfzehn.«
Alex war am Schultor angekommen. Er blieb am Zaun stehen, etwas abseits der herbeiströmenden
Weitere Kostenlose Bücher