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CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)

CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)

Titel: CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martyn Bedford
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und sein cooler großer Cousin.
     
    Sogar mit der linken Hand konnte Alex das Frisbee weiter werfen als alle anderen (außer Rob). Zerschrammt und zerschlagen, wie er war, konnte er trotzdem über den Strand rennen und wie ein Basketball-Profi hochspringen, um die hellrote Scheibe aus der Luft zu pflücken, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan.
    Schlittschuhfahren, Kricket, Bowling   – überall war er kläglich gescheitert, hatte er keine von Flips Begabungen geerbt. Mit dem Frisbee war es völlig anders. Wieso?
    »Weil du locker bist«, sagte Rob sachlich. »Das Bier, die Sonne, der Strand   – du bist so beschäftigt damit, dich in Flips Körper zu amüsieren, dass du ganz vergisst, dass es nicht dein eigener ist.«
    In Scarborough war es so überlaufen gewesen, dass sie sich diesen ruhigeren Strand ein Stück weiter oben an der Küste gesucht hatten. Jetzt lagen sie im Sand und verschnauften. Seit sie Litchbury verlassen hatten, war es die erste Gelegenheit, ein paar vertrauliche Worte zu wechseln. Die Mädchen waren aufs Klo gegangen und Rob hatte Jack einen Zehner gegeben, zum Eiskaufen. Rob und Alex hatten Hemden und Schuhe ausgezogen, ihre Jeans waren noch von dem wilden Spiel am Strand hochgekrempelt. Alex blickte an sich hinunter: dieser Oberkörper, diese Sonnenbräune.
    »Eigentlich hätte ich mich mit tonnenweise Sonnencreme einreiben müssen«, sagte er. »Lichtschutzfaktor sechzig. Wir fahren jedes Jahr nach Cornwall, und ich habe eigentlich die ganzen Ferien nur damit zu tun, dass ich ohne Sonnenbrand wieder nach Hause komme.«
    Rob öffnete noch zwei Bier und reichte Alex eins. »Weißt du, was mir anfangs am meisten zu schaffen gemacht hat? Meine Größe.« Er trank einen Schluck. »Wenn ich zu schnell aufgestanden bin, wurde mir schwindelig, aber richtig. Mir wurde schwarz vor Augen.«
    »Was ist mit Duschen? Du weißt schon   …«
    »Erzähl mir nichts.« Rob lachte. »In den ersten Wochen habe ich gar nicht geduscht.«
    So tauschten sie Geschichten aus dem Vorher und dem Nachher aus; Alex malte mit dem Zeigefinger Muster in den Sand, das Bier in seiner anderen Hand war kalt und nass von Robs Kühlbox. Am Himmel kreisten Möwen, ihre Schreie im An- und Abschwellen der Brandungmal lauter, mal leiser. Ein Lenkdrachen, der wie ein chinesischer Drache aussah, zerrte an seiner Schnur und zog eine wilde Fratze, als knurrte er den Wind wütend an; der kleine Junge, der ihn fliegen ließ, wirkte so leicht, als könnte ihn der Drachen zu sich hochziehen. Alex hatte sich nie viel aus Drachensteigen lassen gemacht, aber als er diesem hier beim Hin- und Herfliegen zuschaute, konnte er den Reiz an der Sache auf einmal nachvollziehen.
    Jack und die Mädchen kamen zusammen zurück. Dann aßen alle fünf Eis, rauchten (Jack, Rob, Donna) und tranken. Beobachteten die Leute. Erzählten Witze. Schwelgten in Erinnerungen an idyllische Kindheitsurlaube.
    Ob Rob gerade »Urlaub« habe, wollte Emma wissen. Oder ob er hierbleiben wolle.
    »Keine Ahnung. Ich hab ewig auf diese Reise gespart und jetzt schau ich einfach mal, wie lange das Geld reicht. Ich besitze die doppelte Staatsbürgerschaft und kann jederzeit hier arbeiten, falls ich länger bleiben will.«
    Die anderen wollten wissen, wie es sich so in einem Campingbus lebte.
    »Ist das nicht   … sehr eng?«, fragte Donna. »Ich würde Platzangst kriegen, wenn ich ständig da drinhocken müsste.«
    »Da drin, klar, da ist es schon ziemlich eng«, sagte Rob. »Aber draußen hat man so viel Platz, wie man will. Man kann überallhin.« Er machte eine Handbewegung,die den ganzen Horizont umfasste. »Wenn es dir irgendwo gefällt, bleibst du einfach dort. Wenn es dir nicht gefällt, fährst du weiter.«
    Die anderen hingen an seinen Lippen. In wenigen Stunden war er in ihren Augen zu einer Art Idol geworden. Der ungebundene Nomade. Aber Alex hatte Robs Beiträge auf der PE–Webseite gelesen, als Corb1959.   Er wusste, dass alles längst nicht so unkompliziert war, wie es aussah. Zum einen hatte Rob ihnen erzählt, er sei in Neuseeland Bergführer, wohingegen Alex wusste, dass Rob eigentlich in einer Bank arbeitete. Als PE war man, wie Alex allmählich begriff, nicht nur gezwungen, jemand zu sein, der man eigentlich nicht war, es erlaubte einem auch, sich nach Belieben als wer auch immer auszugeben. Wenn das ganze Leben auf dem Kopf stand, konnte man sich jederzeit neu erfinden. Rob inszenierte einen publikumswirksamen Auftritt, das war alles. Er

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