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Crash

Crash

Titel: Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. G. Ballard
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Unfall.«
    »Du hast etwas mit diesem Mann, Vaughan, zu tun - die ganze Zeit redest du ununterbrochen von ihm.« Catherine starrte durch die makellose Windschutzscheibe. Sie hatte die Schenkel in einer formalisierten Geste gespreizt.
    Ich dachte tatsächlich über den Kontrast zwischen dieser generösen Pose, den Glasfassaden der Flughafengebäude und dem Funkeln des neuen Wagens nach. Als ich in dem exakten Duplikat des Vehikels saß, in dem ich mich beinahe selbst getötet hätte, stellte ich mir den plattgedrückten Kotflügel, den verbeulten Kühlergrill, die präzise Deformation der Motorhaube und die eckige Fehlhaltung der Fensterstreben vor. Das Dreieck von Catherines Scham erinnerte mich daran, daß der erste Geschlechtsakt in diesem Wagen noch nicht stattgefunden hatte.
    Am Polizeiposten von Northolt zeigte ich dem Beamten, der über den Fuhrpark der Wracks wachte, meinen Paß. Ich zögerte und fühlte mich wie ein Mann, der seine Frau aus dem Depot eines perversen Traumes abholt. Etwa zwanzig Unfallwagen standen an der Rückwand eines geschlossenen Kinos. Ganz am abgelegensten Ende des Asphalthofes sah ich einen Lastwagen, dessen ganzes Führerhaus zerdrückt war, als hätten sich die Dimensionen des Raumes ganz unerwartet um den Körper des Fahrers zusammengezogen.
    Ohne mich von den Deformationen entnerven zu lassen, schritt ich von einem Wagen zum nächsten. Das erste Fahrzeug, ein blaues Taxi, war vorne an einem Kotflügel getroffen worden. Auf der einen Seite war die Karosserie noch vollkommen intakt, auf der anderen Seite war ein Vorderreifen in die Fahrerkabine gedrückt worden. Daneben befand sich ein weißer Sportwagen, der unter ein großes Fahrzeug gekommen zu sein schien. Die Abdrücke gigantischer Reifen verliefen über das plattgedrückte Dach, das sie bis zur Wölbung der Kraftübertragung zwischen den Sitzen niedergedrückt hatten.
    Schließlich fand ich meinen eigenen Wagen. Die Überreste der Abschlepptakelage waren an der vorderen Stoßstange befestigt, die ganze Karosserie war mit Öl und Schmutz beschmiert. Ich spähte durch ein Fenster ins Fahrerhaus und fuhr mit einer Hand über das schmutzverkrustete Glas. Ohne nachzudenken kniete ich vor dem Wagen nieder und betrachtete die zerschmetterten Kotflügel und den Kühlergrill.
    Ich starrte das schrottreife Auto mehrere Minuten lang an und rekonstruierte seine Identität. Entsetzliche Ereignisse rollten auf seinen platten Reifen durch meinen Verstand. Was mich am meisten überraschte, war das Ausmaß der Schäden. Im Verlauf des Unfalls war die Motorhaube etwas nach oben gedrückt worden und hatte so den Blick auf den Motorraum versperrt, wodurch ich mir kein genaues Bild vom tatsächlichen Schaden hatte machen können. Beide Vorderreifen und der Motorblock waren ins Fahrerhaus geschoben worden und hatten damit den Boden verbogen. Die Motorhaube war immer noch blutverkrustet, ein schwarzer Streifen verlief von den Sprühdüsen der Scheibenwaschanlage. Die Sitze und das Lenkrad wiesen kleinere Spritzer auf. Ich dachte an den Toten, der auf der Motorhaube gelegen hatte. Das Blut, das über die geschwollene Zellulose rann, war eine potentere Flüssigkeit als der Samen, der in seinen Hoden erkaltete.
    Zwei Polizisten überquerten mit einem schwarzen Schäferhund den Hof Sie beobachteten mich, wie ich um mein Auto herumging, als würden sie es insgeheim mißbilligen, daß ich es berührte. Nachdem sie wieder verschwunden waren, öffnete ich mit einiger Anstrengung die Fahrertür und kletterte hinein.
    Ich entspannte mich auf dem staubigen Vinylsitz, der durch die Ausbuchtung des Bodens etwas nach hinten gekippt war. Die Lenksäule war fünfzehn Zentimeter auf meine Brust zugeschoben worden, Ich hob meine nervösen Beine in den Wagen und plazierte die Füße auf den gummibeschichteten Pedalen, die so weit aus der Verankerung herausgepreßt worden waren, daß meine Knie die Brust berührten. Direkt vor mir war das Armaturenbrett nach innen ausgebeult, Uhr und Tachometer waren zersplittert. Während ich in der deformierten Kabine saß, inmitten von Staub und klammen Teppichen, versuchte ich, mich in den Augenblick der Kollision zurückzuversetzen, um noch einmal das Versagen der technischen Verwandtschaft zwischen meinem Körper, den Eindrücken meiner Haut und der motorischen Struktur, die ihn stützte, nachvollziehen zu können. Ich erinnerte mich daran, wie ich mit einem guten Freund einmal das Imperal War Museum besucht hatte, und ich dachte

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