Crash
unter uns. Die Scheinwerfer enthüllten schorfiges Gewebe über Brauen Lind Mund, sowie ein gebrochenes und wieder gerichtetes Nasenbein. Ich erinnerte mich, weshalb Vaughans Karriere ein so abruptes Ende gefunden hatte - er war in der Mitte seiner Fernsehserie in einen Motorradunfall mit ernsten Folgen verwickelt worden. Sein Gesicht und seine Persönlichkeit waren noch deutlich von dem Unfall gezeichnet, einer schrecklichen Kollision auf einer Straße im Norden, bei der seine beiden Beine von einem Lastwagen gebrochen worden waren. Seine Gesichtszüge sahen aus, als wäre ihm bei dem Unfall das ganze Gesicht abhanden gekommen und später anhand einiger unscharfer Fotos wieder rekonstruiert worden. Die Narben um Mund und Stirn, das selbstgeschnittene Haar und zwei fehlende Eckzähne verliehen ihm ein verwahrlostes und feindseliges Äußeres. Seine knorpeligen Fingerknöchel standen wie die Nieten seiner abgeschabten Lederjacke vor.
Er setzte sich in sein Auto. Es war ein zehn Jahre altes Modell eines Lincoln Continental, dieselbe Bauart wie die offene Limousine, in der Präsident Kennedy ums Leben gekommen war. Ich erinnerte mich, daß die Ermordung Kennedys mit zur Besessenheit Vaughans gehörte.
Er fuhr an mir vorbei, der linke Kotflügel des Lincoln streifte mein Knie. Ich überquerte das Dach, während er die Rampe hinunterfuhr. Dieses erste Zusammentreffen mit Vaughan blieb lebhaft in meiner Erinnerung verankert. Ich wußte, daß die Motive, aus denen heraus er mich verfolgte, nichts mit Rache oder gar Erpressung zu tun hatten.
Kapitel Sieben
Nach unserer ersten Begegnung auf dem Dach des Parkhauses war ich mir der Gegenwart Vaughans ständig bewußt. Er folgte mir nicht mehr, doch er schien wie ein Aufsichtsbeamter in den Archiven meines Lebens herumzuschnüffeln und ständig in meinem Kopf zu suchen. Wann immer ich die Western Avenue befuhr, hielt ich im Rückspiegel Ausschau und spähte hinter die Betonpfeiler von Brücken und Parkhäusern.
In gewisser Weise hatte ich Vaughan bereits zum Bestandteil meiner verwirrten Jagd gemacht. Ich saß in den dichtgedrängten Fahrspuren der Überführung, die Aluminiumkarosserien der Flughafenbusse verdeckten den Himmel vor mir. Als ich später die dichtbefahrene Schnellstraße von der Veranda unserer Wohnung betrachtete, während Catherine im Wohnzimmer die ersten Drinks des Abends mixte, war ich felsenfest davon überzeugt, daß der Schlüssel zu dieser metallisierten Landschaft irgendwo innerhalb dieses konstanten Verkehrsmusters zu finden sein mußte.
Glücklicherweise entging meinem Partner, Paul Waring, meine messianische Besessenheit auf Dauer nic ht. Er traf eine Abmachung mit Catherine, meine Besuche in den Stu dios auf eine Stunde täglich zu beschränken. Erleichtert und etwas ermüdet ließ ich mich auf eine absurde Affäre mit Warings Sekretärin ein. Doch das alles schien trivial und irreal zu sein. Weitaus wichtiger war die Lieferung meines neuen Wagens durch unseren lokalen Händler.
Catherine reagierte mit profundem Argwohn darauf, daß ich mich für einen Wagen desselben Modells entschied, in dem ich auch meinen Unfall gehabt hatte. Ich hatte sogar das Modell mit derselben Kotflügelschwingung und denselben Seitenspiegeln bestellt. Sie und ihre Sekretärin betrachteten mich kritisch auf dem Vorhof des Luftfrachtbüros. Karen stand hinter Catherine, ihr angewinkelter Ellbogen berührte beinahe das Schulterblatt meiner Frau. Sie gemahnte an eine junge und ambitionierte Madame, die ihre neueste Errungenschaft vorsorglich im Auge behält.
»Warum hast du uns hergebeten?« fragte Catherine. »Ich glaube nicht, daß jemand von uns dieses Auto noch einmal zu Gesicht bekommen möchte.«
»Dieses hier ganz gewiß nicht, Mrs. Ballard.«
»Folgt Vaughan dir?« fragte ich Catherine. »Du hast dich im Krankenhaus mit ihm unterhalten.«
»Er gab sich als Polizeifotograf zu erkennen. Was will er?« Karens Augen betrachteten meine schorfige Stirn. »Kaum zu glauben, daß er je beim Fernsehen war.«
Mit einiger Anstrengung gelang es mir, Karen mit den Augen niederzuringen. Sie starrte mich hinter ihren silbernen Lippen wie ein zu allem entschlossenes Tier an.
»Hat ihn jemand beim Unfall gesehen?«
»Keine Ahnung. Möchtest du etwa seinetwegen einen erneuten Unfall arrangieren?« Catherine umrundete das Au to. Sie nahm auf dem Beifahrersitz Platz und atmete den scharfen Geruch fabrikneuen Vinyls ein.
»Ich denke überhaupt nicht mehr an den
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