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Crash

Crash

Titel: Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. G. Ballard
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die Finger zu den Nasenlöchern, als wollte er das letzte Samenaroma auskosten, das den Fingerspitzen anhaftete. Die warnenden Scheinwerfer des entgegenkommenden Verkehrs, die Signallichter über den Fahrstreifen, sowie die emblematischen Signale und Richtungspfeile, beleuchteten das verschlossene Gesicht dieses besessenen Mannes am Lenkrad seines staubigen Wagens. Ich betrachtete die Fahrer neben uns eingehender und stellte mir ihr Leben in den Bahnen vor, die Vaughan ihnen zugedacht hatte. Für ihn waren die bereits alle tot.
    Der Verkehr näherte sich auf sechs Spuren der Kreuzung
    der Western Avenue. Fast erschien es wie eine abendliche Probe seines eigenen Todes. Rote Rücklichter flammten wie Glühwürmchen um uns herum auf. Vaughan hielt den Rand des Lenkrades passiv und betrachtete das verbleichende Bild einer anonymen Frau in mittleren Jahren, das an der Heizungsschaltung des Armaturenbrettes befestigt war, mit einem Blick der Niederlage. Als zwei junge Frauen an dem Wagen vorbeigingen, Platzanweiserinnen eines Kinos in grünen Arbeitsuniformen, fuhr Vaughan auf und betrachtete ihre Gesichter, seine Augen waren plötzlich so wachsam wie die eines gehetzten Verbrechers.
    Während Vaughan ihnen nachsah, betrachtete ich seine samenbefleckte Hose, und der Gedanke an das Automobil, das mit Ausscheidungen aus jeder menschlichen Körperöffnung besudelt war, entzückte mich ungemein. Während ich an die Fotografien in den Fragebögen dachte, wurde mir klar, daß sie die Logik eines Geschlechtsaktes zwischen Vaughan und mir selbst definierten. Seine langen Schenkel, die straffen Hüften und Gesäßbacken, die vernarbten Muskeln von Brust und Magengegend, sowie die großen Brustwarzen, verwiesen deutlich auf die zahllosen Verletzungen, die latent in jedem. vorstehenden Schalter und Hebel des Wageninneren warteten. Jede dieser imaginären Verletzungen war das Modell einer sexuellen Vereinigung zwischen Vaughans und meiner Haut. Die trotzige Technologie des Verkehrsunfalles lieferte die Sanktion für jeden Akt der Perversion. Erstmalig winkte uns eine mildtätige Psychopathologie zu, die in den Zehntausenden Fahrzeugen auf den Straßen, den gigantischen Flugzeugen über uns, sowie in den gewöhnlichsten Maschinenstrukturen und gewalzten Metallfolien präsent war.

    Vaughan drängte durch dauerndes Hupen die Fahrer auf den
    rechten Fahrstreifen rücksichtslos dazu, ihn vorbeizulassen. Er steuerte auf den Parkplatz eines Supermarktes, der auf einer erhobenen Plattform jenseits der Schnellstraße erbaut worden war. Dort betrachtete er mich kameradschaftlich.
    »Sie hatten einen schweren Nachmittag, Ballard. Genehmigen Sie sich einen Drink an der Bar. Hinterher mache ich eine Spazierfahrt mit Ihnen.«

    Kapitel Fünfzehn

    Gab es Grenzen für Vaughans Ironie? Als ich von der Bar zurückkehrte, lehnte er an der Fahrertür seines Lincoln und rollte die letzte von vier Haschzigaretten mit dem Stoll, den er in einem Tabaksbeutelchen im Handschuhfach aufbewahrte. Zwei Flughafenhuren mit kantigen Gesichtern, kaum älter als Schulmädchen, stritten mit ihm durch das offene Fenster.
    »Wohin, zum Teufel, glaubt ihr denn, geht ihr?« Vaughan nahm mir die beiden Weinflaschen ab, die ich gekauft hatte. Er legte die Zigaretten auf das Armaturenbrett, dann wandte er sich wieder der Unterhaltung mit den jungen Frauen zu. Sie stritten in abstrakter Weise über Zeit und Preis. Ich versuchte, ihre lauten Stimmen, sowie den dichten Verkehr unter dem Supermarkt, zu ignorieren und betrachtete ein startendes Flugzeug, dessen grüne und rote Lichter hinter dem westlichen Grenzzaun Konstellationen bildeten, die große Stücke des Himmels zu verschieben schienen.
    Die beiden Frauen schauten ins Auto und maßen mich mit abschätzenden Blicken. Die größere der beiden, die Vaughan bereits mir zugewiesen hatte, war eine dümmliche Blondine, deren Blick etwa drei Zentimeter über meinen Kopf geric h tet war. Sie deutete mit ihrer Plastikhandtasche auf mich.
    »Kann er fahren?«
    »Natürlich - ein paar Drinks können dem Fahrstil nur die nlich sein.«
    Vaughan ließ die Weinflaschen wie Hanteln kreisen, während er die beiden Frauen ins Auto scheuchte. Als das zweite Mädchen, mit kurzem, schwarzem Haar und dem schmalhüftigen Körper eines Knaben, in den Wagen einstieg, reichte ihr Vaughan eine Weinflasche. Er steckte ihr einen Finger in den Mund, zog einen Kaugummi heraus und schnippte ihn in die Dunkelheit. »Lassen wir das. Ich möchte nicht,

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