Crashkurs Börse: Wie kommt ein Kurs zustande? Wie beurteile ich ein Investment? Geschichte, Fakten, Strategie: Hier werden Sie fit für die Börse! (German Edition)
bis heute legendär sind. Kurzum: Wie kaum ein anderer Lebensbereich hat die Börse schillernde Persönlichkeiten hervorgebracht, die
dem Treiben auf dem Parkett über Jahrzehnte ihren Stempel aufgedrückt haben und es teilweise auch heute noch tun. Gerade als Börsenneuling kann es sinnvoll sein, diese Börsenlegenden und ihr Verhalten
genauer zu studieren. Zum einen kann es Inspiration für das eigene
Handeln an den Märkten sein. Zum anderen bieten die reichhaltigen
Erfahrungen der Börsenstars die Chance, so manchen Fehler, den die
alten Hasen in ihren langen Karrieren gemacht haben, selbst zu vermeiden. Wir skizzieren die Lebensläufe einiger der wichtigsten Börsianer
der letzten 100 Jahre, die Sie in jedem Fall kennen sollten.
Jesse Livermore - der große Bär der Wall Street
Jesse Livermore gilt bis heute als eine der schillerndsten Figuren, die je
das Geschehen an den Finanzmärkten geprägt haben. Der Name Livermore ist untrennbar mit der Praxis verbunden, Aktienpositionen, die Gewinn bringen, sukzessive auszubauen und sich von Verlustbringern
möglichst rasch zu trennen. Kaum ein anderer wurde schon zu seinen
Lebzeiten so bewundert - und gleichzeitig verteufelt. Denn Livermore verdiente sein Geld vor allem mit dem sogenannten „Short-Selling”, also
mit der Spekulation auf fallende Aktienkurse. Dabei ruinierte er so
manche Existenz. Zuletzt sogar seine eigene. Aber der Reihe nach.
Unter dem vollen Namen Jesse Lauriston Livermore wurde er am 26. Juli
1877 in South Acton im US-Bundesstaat Massachusetts geboren. Schon
als Kind fiel er durch seine außergewöhnlichen mathematischen Fähigkeiten auf. Sein Vater hatte jedoch keinerlei Verständnis für irgendwelche
akademischen Ambitionen. Jesse sollte genau wie er selbst Farmer werden.
Der Legende nach floh Jesse an dem Tag von zu Hause, an dem er von der
Schule genommen wurde und sein Vater ihm eine Latzhose für die Arbeit auf der Farm überreichte. Jesse war damals gerade 14 Jahre alt.
Mit nur fünf Dollar in der Tasche, die hatte er von seiner Mutter erhalten, die ihn heimlich unterstützte, ging Jesse Livermore nach Boston
und verdingte sich bei der dortigen Filiale des Brokerhauses Paine Webber als sogenannter „chalkboard boy”, das heißt, er notierte mit Kreide
die Kurse von Rohstoffen oder Aktien für jedermann sichtbar auf Tafeln. Nach wenigen Monaten entdeckte Livermore in der Nachbarschaft
einen sogenannten „Bucket Shop”, eine Art Wettbüro für Aktien. Wie
an der Börse konnte man dort auf Kursveränderungen spekulieren, was
Livermore mit seinem ersten verdienten Geld auch tat. Und zwar recht
erfolgreich. Er war erst 16 Jahre alt, da hatte er mit seinen Spekulationen
bereits 1.000 Dollar und den Spitznamen „Boy Wonder” (Wunderknabe)
verdient. Da ließ sich auch verschmerzen, dass er seinen Job bei Paine
Webber verloren hatte. Seinen Vorgesetzten waren seine Aktienspekulationen ein Dorn im Auge gewesen.
1893 verfügte Livermore bereits über ein Vermögen von 2.500 Dollar;
eine Menge Geld für die damalige Zeit und einen jungen Menschen. Sein Problem: Weil er in den Bucket Shops so überaus erfolgreich spekuliert
hatte, hatten viele Shops ihm Hausverbot erteilt. Kein Wunder, schließlich
machten die Shops ihr Geld damit, dass die Kunden ihr Geld verloren.
Livermore wagte deshalb ein erstes Abenteuer an der Wall Street. Und
das endete erst einmal in der Pleite. Mit 1.000 Dollar, die er sich von
einem reichen Gönner geliehen hatte, ging es deswegen zurück in die Bucket Shops. Erst 1899 kam Livermore an die Wall Street zurück. Aus
einem Startkapital von 10.000 Dollar machte er binnen weniger Jahre ein
Vermögen von 50.000 Dollar. Doch auch dieser Reichtum sollte vergänglich sein. Nach dem großen Bullenmarkt von 1901 erkannte Livermore
die Trendwende am Markt zwar rechtzeitig und spekulierte auf fallende
Kurse, doch damals tickten die Uhren im Börsenhandel noch anders. Es
gab keine Realtime-Kurse oder die Garantie, dass Trades sofort abgewickelt werden. Weil seine Orders so stümperhaft ausgeführt worden
waren, stand Livermore am Ende wieder einmal mit leeren Händen da.
Nach dieser Pleite zog sich Jesse Livermore für mehrere Jahre zurück, um
seine Fehler zu analysieren - und um 1906 mit einem Paukenschlag zurückzukehren: Wohl einer inneren Eingebung folgend verkaufte Livermore mehrere Tausend Aktien der Eisenbahngesellschaft Union Pacific
leer. Nur wenige Tage später, am 18. April
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