Crashkurs Wein (Allgemeine Einführungen) (German Edition)
von Alterung und Reife.
HINTER- UND VORDERGRÜNDIG
Beim Erkunden der Aromen folgen Sie dem Weg vom Vordergründigen zum eher Versteckten, das in Beschreibungen gern mit ›hintergründig‹, ›fein‹ oder ›ein Hauch‹ angegeben wird. Bei Weißweinen fahndet man zunächst nach einer Frucht oder nach Blüten. Danach folgen die grünen oder vegetabilen Aromen wie Gras, Paprika oder Tee, dann die Kräuter. Bei Rotweinen heißt es, erst die Beere – oft auch Marmelade – suchen, dann Gewürze wie Zimt und Vanille oder auch Röstaromen wie Schokolade und Kaffee. Ganz wichtig beim Riechen sind zwei Regeln. Aromen erkennen soll Spaß machen und nicht unter Leistungsdruck setzen. Und: Zu viel nervt!
Trockene Materie – Die Sache Mit Der Süsse
Viele Menschen behaupten ganz dogmatisch:
»Ich trinke nur trockenen Wein!« Oft ist das aber nur so dahingesagt, weil diese Leute glauben, dass sie nur damit voll im Trend liegen. Viele Winzer und Weinhändler haben die Erfahrung, dass solchen Kunden bei der Probe, wenn sie nicht wissen, was sie vor sich haben, eigentlich halbtrockene Weine am besten schmecken. Ein durchgegorener Wein hat zwischen 1 bis maximal 4 Gramm Restzucker pro Liter – also eine Messerspitze pro Glas. Nur so einen Wein würde z.B. ein Franzose als trocken empfinden. Nach deutschem Weingesetz sind in einem trockenen Wein aber 9 Gramm Zucker pro Liter zulässig, was einem halben Teelöffel pro Glas entspricht.
Der Erfolg des Prosecco liegt wahrscheinlich darin begründet, dass er zwar dem Namen nach secco – also trocken – zu sein scheint, dabei aber gern mal um die 20 Gramm Restzucker pro Liter und damit einen ganzen Teelöffel pro 0,2 l Glas aufweist. Etwas skurril wird es, wenn durch Wortneuschöpfungen auf dem Etikett wie ›feinherb‹ oder ›Classic‹ den Weintrinkern das halbtrockene Trinken erleichtert werden soll, ohne es offen auszusprechen.
Ein offenerer Umgang mit Süße im Wein ist also angebracht. Halbtrockene Rieslinge von der Mosel oder aus dem Rheingau gelten ja vielen internationalen Weinexperten als Höhepunkt deutscher Weinkultur, weil hier das Spiel zwischen der Süße und der Säure ein wahres Aromenfeuerwerk auf dem Gaumen zündet. Solche halbtrockenen Schmuckstücke gibt es nur in Deutschland, und es ist an der Zeit, ihnen auch im eigenen Land die gebührende Ehre zu erweisen. Eine wundervolle Verbindung gehen halbtrockene oder liebliche Weißweine mit scharfer asiatischer Küche ein. Das Süßsaure findet sich hier sowohl im Wein als auch im Essen, und die Süße nimmt der Schärfe gleichzeitig die Spitze. Viel zu selten trinken wir hierzulande edelsüße Weine – so z. B. einen Eiswein oder einen toskanischen Vin Santo – zum Dessert.
HERRSCHAFTSWISSEN ZUM ANGEBEN
»Brett«
Wie erwähnt können Rotweine animalische Noten, wie Schweiß, nasser Hund, Gülleton oder Stallgeruch entwickeln. Früher wurde das, vielleicht auch, weil es gerade bei kräftigen Rotweinen häufig vorkam, teils sogar als edel oder erwünscht angesehen. Mittlerweile wird dies jedoch weit eher als kellertechnischer Fehler gewertet. Ursache für diesen Ton ist ein fieser kleiner Hefepilz namens Brettanomyces, der sich tief in die Fasswände eingräbt. Wenn ein Winzer sich den also mal über seine Trauben oder gebraucht gekaufte Barriques im Keller eingeschleppt hat, hilft auch kein Putzen mehr. Neue Fässer müssen her! Dieser Fehlton wird, als Abkürzung für den Brettanomyces-Pilz, in Fachkreisen als »Brett« bezeichnet. Wenn Sie also an einem Rotwein schnuppern und den Eindruck haben, Sie hätten sich in einen Kuhlstall oder eine ungelüftete Umkleidekabine verirrt, können Sie mit der trockenen Bemerkung »Der hat aber ganz schön Brett!« bei Sommeliers oder selbst ernannten Kennern ziemlich Eindruck schinden.
DER TYPENTEST – WELCHER WEIN PASST ZU MIR?
Alles theoretische Wissen über Rebsorten, Regionen und Weinerzeugung hilft wenig bei der wohl entscheidenden Frage: Welcher Wein schmeckt mir? Die Wahrheit findet sich in der Flasche, und Sie haben die spannende Aufgabe, sie dort selbst zu suchen. Natürlich lässt sich Weingeschmack aber auch auf andere Weise beschreiben und kategorisieren. Ob Ihnen ein Wein schmeckt, hängt an einigen wenigen Substanzen: Säure, Gerbstoffe, Alkohol, Süße, Konzentrat. Die Ausprägung dieser Substanzen formt bestimmte Geschmackstypen im Wein, die eine spontane Zu- oder Abneigung hervorruft: z.B. samtig oder kräftig bei Rotweinen, knackig-frisch oder
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