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Crashkurs

Crashkurs

Titel: Crashkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Müller
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ist lediglich eine Wette, die Sie mit einem Finanzinstitut eingehen, das Ihnen diese Wette anbietet. Zum Beispiel eine Wette auf den künftigen Aktienkurs von Daimler. Geht die Wette auf, verdienen Sie Geld, geht die Wette schief, verlieren Sie Geld. Macht das Finanzinstitut, mit dem Sie gewettet haben, Bankrott, ist Ihr Geld im Kamin. Daimler hat davon so oder so nichts. Dem Unternehmen fließt kein Geld zu, mit dem es investieren könnte.
    Aber mal ehrlich: Wer versteht diese Wetten eigentlich? Jeden Tag werden bis zu 1000 neue Zertifikate aufgelegt. Also 1000 neue Wettideen mit den abenteuerlichsten Produkten. An der Deutschen Börse in Frankfurt werden mittlerweile 280 000 Zertifikate und Optionsscheine gehandelt. Da gibt es welche mit dem Namen »Knock-Out« – für so manchen Anleger ist der Name Programm –, andere namens »Fallschirm«, »Basisschwelle« und »Kick-Back«. Irgendwann kommt bestimmt das Von-hintendurch-die-Brust-ins-Auge-und-wieder-zurück-Zertifikat. Natürlich mit englischer Beschreibung. Viele Profis sagen mir: Ich verstehe das Zeug längst selbst nicht mehr. Andere gestehen ein, dass es schon einer intensiven Beschäftigung mit einem Zertifikat bedarf, um es wirklich zu verstehen und abschätzen zu können, welche Auswirkungen die einzelnen Sonderregelungen jeweils in bestimmten Marktsituationen haben.
    Also, da frage ich mich: Wer zur Hölle braucht diesen Unsinn? Wenn selbst die Profis Probleme haben, die Dinger zu verstehen, was soll dann bitte schön der normale Anleger mit dem Kram? Zugegeben, es gibt sicherlich einige interessante Produkte darunter, die für Leute mit viel Fachkenntnis durchaus ihren Reiz haben. Man muss aber schon recht findig sein, um aus dem ganzen Zertifikateberg das Beste herauszupicken. Wieso verwenden die Banken und Börsen einen Großteil Ihrer Marketingaktivitäten auf diese komplexen Produkte, die kaum noch jemand versteht? Der Normalbürger hört sich das an, wendet sich ab und tippt sich an die Stirn: »Die spinnen, die Banker!«
    »Denen in der Finanzwelt« traut er nicht, die Produkte versteht er nicht. Also wendet er sich ganz ab: »Lasst mich mit dem Kram in Ruhe. Mach ich halt gar nix!« Die Folge ist, dass sich die wenigsten Menschen in Deutschland heute aktiv um ihr Geld und ihre Altersvorsorge kümmern. Gerade mal 5,8 Prozent aller Deutschen haben Aktien. Eine erschreckende Zahl. Die Menschen haben resigniert und das Feld der Finanzen verlassen. Der Finanzwirtschaft scheint das vollkommen egal zu sein. Welche Rolle spielen auch die paar Milliarden der potentiellen Sparer, wenn es doch um Hunderte von Billionen geht, die um die Welt rasen?
    Und so kommt Tag für Tag der »Zertifikatcheck für Anleger«, das »Zertifikat der Woche« und die Schaltung zum »Zertifikateexperten« nach Stuttgart, wo zu hören ist, dass die »Anleger heute Mittag auf Gold setzen, nachdem sie heute Morgen aus Weizen ausgestiegen sind«. Ich frage mich, was das mit »Anlegern« zu tun hat? Man sollte lieber von Zockern berichten. Nicht, dass das verwerflich wäre. Wer dieses Spiel beherrscht und mitspielen will, warum nicht? Aber es sollte doch bitte schön nicht als Wundermittel für die breite Masse der echten Anleger angepriesen werden. Gebt den Menschen endlich die Produkte, die sie verstehen! Das Dreifach-gedoppelte-Fallschirm-Zertifikat auf Orangensaftkonzentrat mag ja noch so toll sein, aber kein Anleger sollte ein Produkt kaufen, das er nicht voll verstanden hat und von dem er nicht genau weiß, welche Chancen und Risiken es birgt. Es ist nun mal Tatsache, dass die meisten Menschen in unserer Republik schon froh sind, wenn sie verstanden haben, was eine Aktie oder gar ein Fonds ist. Ist ja auch kein Wunder. Selbst auf weiterführenden Schulen wird zwar gelehrt, wie eine Gerade das Zentrum der Kugel im dreidimensionalen Raum quer durch ein Dreieck tangiert, aber wie eine Lebensversicherung oder ein Bausparvertrag funktioniert, bleibt ein dunkles Geheimnis.
    Das selbstverliebte Finanzsystem erkennt die Bedürfnisse der normalen Leute nicht mehr. Es ist, als würden ihnen Ferraris und Lamborghinis mit 800 PS und jeden Tag neuem Schnickschnack zur Verfügung gestellt, ohne zu erkennen, dass der normale Autofahrer damit vollkommen überfordert ist. Der wäre froh, man würde ihm einen einfachen, beherrschbaren Kleinwagen zur Verfügung stellen, mit dem er sicher sein Ziel erreicht und bei dem er alle Knöpfe und Schalter versteht. Da er (zu Recht) Angst hat, mit dem

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