Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Crashkurs

Crashkurs

Titel: Crashkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Müller
Vom Netzwerk:
hören seit Anfang 2007 beständig von Immobilienkrise (natürlich nur in den USA!), Kreditklemme und Bankenkrise. Alles klingt schlimm, doch wird uns von allen Seiten immer wieder bestätigt: »Das ist halb so wild und bald vorbei. Und dann geht die Party nach oben erst richtig los.« Schauen wir uns die Sache doch einmal genauer an:
    Es gab in Amerika in den späten achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts schon einmal eine Immobilien- und Bankenkrise historischen Ausmaßes – die sogenannte Sparkassenkrise (die haben aber viele schon wieder verdrängt). Auslöser war damals folgender: Die Sparkassen in den USA waren seit der großen Weltwirtschaftskrise in den Jahren nach 1929 sehr strengen Staatsreglementierungen unterworfen. Sie durften keine Ratenkredite vergeben, durften nur Konten führen, und selbst die Anlagezinssätze wurden ihnen vorgeschrieben. Als durch zunehmenden Konkurrenzdruck der großen Banken immer mehr Sparkassen in wirtschaftliche Probleme gerieten, lockerte der Staat 1982 unter dem neuen Präsidenten Ronald Reagan die Vorschriften für die Sparkassen. Sie durften jetzt auch Ratenkredite und Unternehmenskredite vergeben. Die Sparkassen konnten endlich auch Kreditkarten ausgeben, und die Beschränkungen der Zinssätze wurden ebenfalls aufgehoben. Darüber hinaus durften sie im Immobiliengeschäft tätig werden. Einzig das Investmentbanking (also Dinge wie Wertpapierhandel, Börsengänge und Vermögensverwaltung) blieb ihnen verwehrt.
    Die Sparkassen wollten nun so schnell wie möglich in den Immobilienmarkt drängen und haben die Risikokontrolle nicht allzu eng gesehen. Hinzu kam, dass sie hochriskante Zinsdifferenzgeschäfte eingegangen sind, die jedem Volkswirt die Haare zu Berge stehen ließen: Sie haben Geld langfristig, also für zehn bis zwanzig Jahre, zu festgelegten Zinsen an die Häuslebauer verliehen. Gleichzeitig haben sie selbst dieses Geld kurzfristig für sechs Monate bis zwei Jahre am Markt aufgenommen. Das geht so lange gut, wie die kurzfristigen Zinsen niedriger sind als die langfristigen. Sobald sich das aber ändert und die kurzfristigen Zinsen ansteigen, müssen die Banken mehr Zinsen für das Geld bezahlen, das sie selbst aufnehmen, als sie für das Geld bekommen, das sie zu langfristig vereinbarten Zinsen verliehen haben. Dann kommen die Banken in größte Schwierigkeiten.
    Genau solche Geschäfte waren es übrigens, die im Jahr 2008 die Hypo Real Estate (HRE) in den Abgrund rissen. Deren irische Tochter Depfa Bank hat genau diese Zinsgeschäfte gemacht und damit ihre Mutter ins Verderben gerissen. Auch Bankmanager scheinen einfach nicht aus der Geschichte lernen zu wollen. Jeder hält sich für besonders schlau. Genau wie in jenen achtziger Jahren, als die Zinsen in den USA in Richtung 20 Prozent stiegen. In der Folge gingen etwa tausend (!) US-Sparkassen pleite und stürzten die USA und folglich die Weltwirtschaft in eine Rezession.
    Der amerikanische Staat musste – als Gewährsträger der Sparkassen – den größten Teil des Schadens übernehmen. (Wie der deutsche Staat für die HRE zwanzig Jahre später.) Der Gesamtschaden belief sich auf 175 Milliarden US-Dollar, von denen der US-Staatshaushalt (also die Bürger) 125 Milliarden übernehmen musste.
    Dann traten Präsident Ronald Reagan und US-Notenbankchef Alan Greenspan auf den Plan. Sie sahen die einzige Möglichkeit, die Rezession zu beenden, darin, den Teufel (Kreditkrise) mit dem Beelzebub (noch mehr billiges Geld) auszutreiben. Also senkten sie die Zinsen massiv (kommt Ihnen der Ablauf bisher bekannt vor?) und erleichterten die Geldvergaberichtlinien noch mehr. Durch diese neuen Kreditvergaberichtlinien kam die große Zeit der Kreditvermittler. Diese mischten dann den Sprengstoff erst so richtig an, dessen Lunte zwanzig Jahre später brennen sollte.
    Wenn Sie heute zur Bank Ihres Vertrauens gehen, um einen Kredit für Ihr Eigenheim aufzunehmen, beginnt ein intensiver Prozess der Durchleuchtung. Die Bank zieht Sie aus bis aufs Unterhemd, um herauszufinden, ob Sie sich den Kredit überhaupt leisten können. Und wenn das geschafft ist, gewährt sie Ihnen Ihr Immobiliendarlehen, nicht ohne einen anständigen Risikopuffer einzubauen: 20 Prozent Eigenkapital, Beleihung des Hauses nur zu 80 Prozent, für den Fall, dass Ihr Haus vielleicht in den nächsten Jahren im Preis fallen sollte. Das alles hat seinen guten Grund, denn die Bank wird Ihr Darlehen die nächsten dreißig Jahre im eigenen Bestand haben und Jahr

Weitere Kostenlose Bücher