Crashkurs
und nicht als Fakt zu sehen –, dass in diesem Feuerwehrfonds nur 4,5 Milliarden Euro liegen sollen. Im Sommer 2007 haben aber laut Bundesbankausweis die privaten Banken 874 Milliarden Euro Einlagen ihrer Kunden. Also sind lediglich 0,5 Prozent der Kundengelder durch diesen Fonds abgesichert. Ohne mathematische Purzelbäume zu schlagen, kann man aufgrund dieser Schätzungen getrost davon ausgehen, dass der Einlagensicherungsfonds bereits pulverisiert ist, wenn auch nur eine der zwanzig größten Banken der Republik die Tore schließt. Und dann wird wieder ein Finanzminister vor die Kameras treten und sagen: »Tut mir leid, das konnte ja keiner ahnen.«
In einem solchen Fall kann der Einlagensicherungsfonds seine Mitglieder zur Kasse bitten und einen Nachschuss einfordern. Aber glauben Sie im Ernst, eine private Bank würde sich selbst in Zahlungsschwierigkeiten bringen, um die Kundengelder eines Konkurrenten zu retten? Wir haben die peinlichen Streitereien gesehen, als es darum ging, wer die Milliarden für die Rettung der Hypo Real Estate aufbringen soll. Da kann man sich ungefähr vorstellen, wie es aussieht, wenn es eines Tages um zehnmal höhere Summen gehen sollte.
Die Sparkassen sowie die Volks- und Raiffeisenbanken haben jeweils eigene mehrstufige Absicherungssysteme, die im Normalfall gut funktionieren, aber im Falle eines Super-GAUs ebenfalls an ihre Grenzen kämen.
Um es ganz klar zu sagen: Dieses System ist besser als nichts. Es ist besser als alle Absicherungssysteme unserer Nachbarstaaten. Aber man muss sich darüber im klaren sein, dass es eine hundertprozentige Absicherung nicht geben kann. Nichts im Leben ist zu 100 Prozent sicher. Schon gar nicht Ihr Geld oder Ihre Rente.
Die Sicherungseinrichtungen der Banken sind ähnlich wie die sieben Airbags in Ihrem Auto: Für die am häufigsten vorkommenden Unfälle funktionieren die wunderbar. Wenn Sie aber mit Tempo 200 gegen einen Brückenpfeiler krachen oder auf dem Bahnübergang stehenbleiben, sind diese Airbags schlichtweg überfordert, und das war’s dann. Es kann keine Absicherung gegen alles geben.
Nur: Warum sagt man das den Menschen nicht? Ich glaube, die meisten Leser werden mit dieser Wahrheit wunderbar umgehen können. Sie lassen ja auch nicht Ihr Auto stehen, aus Sorge, dass die Airbags bei 200 km/h nicht ausreichen. Genauso können Sie Ihrer Bank vertrauen. Aber wenn der GAU, der größte anzunehmende Unfall, geschieht, war’s das mit der Kohle. So einfach ist die Sache.
Es sei denn, der Staat würde großherzig einspringen, und genau das hat er im Oktober 2008 getan. Niemand hatte mehr Vertrauen in die Banken. Gerüchte gingen um, welche Bank wohl die nächste sei, die pleitegeht. Als dann Anfang Oktober 2008 die Zentralbanken Alarm schlugen, weil sie einen starken Anstieg der Bargeldnachfrage registrierten, reagierte Bundeskanzlerin Merkel rasch, unkonventionell und keinen Tag zu früh. Hätte sie nicht an diesem Wochenende die Staatsgarantie für alle Spargroschen aller privaten Konten erklärt, wäre es vermutlich wenige Tage später zu einem Sturm der Menschen auf ihre Banken gekommen, um das Geld von den Konten zu holen. Diese Entscheidung kann man nicht hoch genug bewerten.
Diese Staatsgarantie wirkt ebenso wie die Garantie, die deutschen Banken mit 500 Milliarden zu retten, ausschließlich durch das so gebildete Vertrauen. Die Banken haben sich untereinander nicht mehr vertraut, und die Menschen haben den Banken misstraut. Die Regierung hat nichts anderes gemacht, als das Vertrauen der Menschen durch die Banken hindurch auf die Regierung durchzuleiten. Ein einmaliger und gewagter Vorgang. Man kann nur beten, dass diese Garantien nie tatsächlich in Anspruch genommen werden. Sollte das geschehen, stehen wir einen Schritt vor dem Staatsbankrott.
Zunächst aber funktioniert die Garantie. Die Menschen belassen ihr Geld auf dem Konto, und die Banken leihen sich untereinander wieder zaghaft Geld. Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten. Aber man sollte aufhören, den Leuten zu sagen: »Macht euch keine Gedanken, es kann überhaupt nichts passieren.« Hören Sie es leise im Hintergrund? »Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!«
Was schließen wir daraus? Es ist immer, aber wirklich immer unabdingbar, selbst ein wachsames Auge auf die Entwicklungen zu haben und dann unaufgeregt, aber rechtzeitig zu reagieren. Vor allem: Glauben Sie keinem Versprechen, das Sie nicht bis ins Detail überprüft haben.
3. Krisenherd USA
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