CRAZY LOVE - verrückt verliebt (Einführungspreis bis 15.08.12) (German Edition)
unten …“ Sogar die metallische Version von Sergios Stimme klang schön.
„Komme sofort“, antwortete ich und japste nach Luft.
Wir fuhren in einem alten Volvo nach Rudow. Sergio hatte sich den Wagen mal wieder von einem seiner Kumpel geliehen und schien darüber sehr froh. Verstohlen betrachtete ich ihn von der Seite. Irgendwie schien er von Tag zu Tag immer besser auszusehen, ich hatte keine Ahnung, wie er das machte. Seine Augen leuchteten schwarz und undurchdringlich, die Wimpern waren so lang und dicht, dass sie sich in den Augenwinkeln verhakten. Seine Lippen waren leicht geöffnet, während sein Blick konzentriert auf die Fahrbahn gerichtet war. Er trug ein schwarzes T-Shirt und ausgeblichene Jeans.
„Er ist eigentlich noch nicht wirklich alt … so wie andere Opas, mein ich, aber er ist vom Leben gezeichnet, vieles lief nicht besonders gut für ihn, eigentlich ziemlich beschissen, er musste in den Krieg ziehen, obwohl er nicht mal in seinem Land aufgewachsen ist und hat … blöderweise … sein Bein verloren …“, erzählte er mit kontrolliert ruhiger Stimme.
„Das ist traurig … und schrecklich“, antwortete ich betroffen.
Sergio nickte, ohne die Augen vom Straßenverkehr abzuwenden.
„Du hast gesagt, dass er es nicht mehr lange macht“, sagte ich. „Was hast du damit gemeint?“
Ich fragte mich, ob sein Opa, wenn er denn noch nicht so alt war, noch zusätzlich eine schwere Krankheit hatte?
Sergio schwieg einen Moment lang und schien zu überlegen, wie er es formulieren sollte.
„Es ist mehr … eine dunkle Vorahnung“, sagte er betrübt, kräuselte die Nase und räusperte sich, als hätte er plötzlich einen Kloß im Hals, „… sein dummes Gerede über … Selbstmord … immer mal wieder, weiß nicht, klingt nicht gut, wenn du mich fragst … na ja, vielleicht heitern wir ihn heute mal auf, hm? Du und ich … “ Jetzt lächelte er mit einem knappen Seitenblick zu mir rüber und seine Gesichtszüge entspannten sich wieder. Verlegen sah ich weg und aus dem Seitenfenster. Ich hatte keine Ahnung, wo wir waren.
Schließlich parkten wir auf dem kleinen, umzäunten Parkplatz eines mausgrauen, alten Gebäudes, über dessen Eingangstür ein Schild mit der Aufschrift „Jonathans Senioren- und Pflegeheim“ hing. Ich betrachtete das graue und wenig einladend wirkende Gemäuer, während Sergio den Wagen abschloss und sich neben mich stellte.
Er runzelte kritisch die Stirn. „Ja, sieht aus wie aus dem ersten Weltkrieg, stimmt’s? Innen drinnen wird’s nicht viel besser, aber das Personal ist nett.“
Er hatte recht.
Auch drinnen dominierten die Farbe grau und eine antiquierte, muffige Atmosphäre, aber sofort kam uns eine Pflegekraft entgegen, die Sergio freudestrahlend begrüßte. „Oh, wer kommt denn da hereinspaziert, schönen, guten Tag, Herr Lovic!“
Sie musste so um die dreißig sein, trug einen schneeweißen, gestärkten Kittel, hochgesteckte blonde Haare, hatte jede Menge Lachfältchen um die hellen Augen herum und war sich ihrer offenbar sehr sicher.
„Hallo, Schwester Doreen, wie läuft’s denn so. Tja, wir kommen meinen Opa besuchen …“, entgegnete Sergio mit einem unwiderstehlichen Lächeln im Gesicht. Und Schwester Doreen, die groß und schlank war und nun dicht vor Sergio stand, die rechte Hand gelassen auf die Hüfte gestützt, schien ein wenig zu begeistert, wie mir schien.
„Da wird er sich aber freuen, Sergio. Er ist in seinem Zimmer und macht auf mürrisch, fragt ständig nach dir und wirft mit Obst, wenn man ihn aufzuheitern versucht, aber über einen so schönen Besuch freut er sich ganz bestimmt … Und?“ Sie drehte sich zu mir. „Wen hast du da dabei?“ Musternd sah sie mich von oben bis unten an. Ihr eingefrorenes Lächeln war mir nicht so ganz geheuer.
Sergio zögerte keinen Moment mit seiner Antwort. „Das ist meine Freundin Lexi“, sagte er wie aus der Pistole geschossen und strahlte gekonnt übers ganze Gesicht. Dann streckte er den Arm aus und nahm meine Hand in seine, während Schwester Doreen missmutig die dünn tätowierten Brauen hob. „Oh, schön, wirklich schön! Na, dann mal viel Spaß … und ruft mich, wenn ihr was braucht oder eine Frage habt, aber du weißt ja Bescheid, Sergio!“ Sie drehte sich um und schritt auf energischen Gummisohlen davon.
Sergio zog mich mit sich. Seine Hand war warm und kräftig, und mein Herz raste. Wir liefen durch einen langen Gang, an vielen nummerierten Türen vorbei, bis wir vor der Nummer
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